Kommentar
16:48 Uhr, 20.06.2017

Japanische Notenbank beginnt geldpolitische Straffung!

In diesen Tagen kommt es für Anleger dicke: Die US-Notenbank hat angekündigt ihre Bilanz „sehr bald“ zu verkleinern, die EZB sieht keinen Grund für noch lockere Geldpolitik, die Bank of England denkt an Zinserhöhungen und nun strafft auch noch die BoJ.

Die EZB und Fed stehlen den anderen Notenbanken im Moment die Show. Deswegen sind die Entscheidungen andernorts natürlich nicht weniger bedeutend. Medial finden sie weniger Beachtung. Das ist durchaus ein Problem, denn viele Anleger bekommen gar nicht mit, was gerade weltweit geschieht.

Vergangene Woche gab die Bank of England (BoE) ein zerstrittenes Bild ab. Drei von insgesamt acht stimmberechtigten Notenbankern sprachen sich für eine Zinsanhebung aus. Der Dissens war seit 2007 nicht mehr so groß. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in Großbritannien bald ein Zinsschritt erfolgen wird. Der Grund: Die Inflation läuft aus dem Ruder.

In Kanada verkündete die Notenbank unlängst, dass sich der Wirtschaftsaufschwung dynamisch gestaltet. Die Zinsen, die bei rekordnahen 0,5 % liegen, werden nun eher steigen als weiter fallen oder als so niedrig bleiben. Auch in Australien und Neuseeland gibt es erste Anzeichen einer Besserung der Lage. Auch hier sind Zinssteigerungen nun wahrscheinlicher als weitere Senkungen.

Die EZB ist wahrscheinlich noch am weitesten von einer geldpolitischen Straffung entfernt, aber auch dieses Ende rückt rasend schnell näher. Bereits Ende des Jahres könnte mit QE Schluss sein. Der erste Zinsschritt folgt dann vermutlich bis Ende 2018. Das heißt: derzeit ist nur noch die BoJ auf großem Expansionskurs, aber das auch nur noch halbherzig.

Grafik 1 zeigt die Entwicklung der monatlichen Wertpapierkäufe. Bei Aktien hat die Notenbank noch zugelangt, bei Staatsanleihen scheint der Appetit rasant zu schwinden. Noch Anfang 2016 kaufte die Notenbank für fast 12 Billionen Yen pro Monat Staatsschulden. Inzwischen liegt dieser Wert nur noch bei 7,2 Billionen.

Die BoJ hat in ihrem Statement noch immer jährliche Käufe von 80 Billionen stehen. Diese Marke wurde 2015 überschritten. Seither aber sinkt der Wert (Grafik 2) und erreichte zuletzt nur noch 70 Billionen. Geht der Trend so weiter wie bisher, wird die BoJ vermutlich bis Ende des Jahrzehnts ihre jährlichen Käufe halbiert oder geviertelt haben.

Die BoJ wird wohl die letzte Notenbank sein, die QE beenden wird. Sie muss derzeit aber weniger tun, um ihre Ziele zu erreichen. Sie will die Zinsen für 10-jährige Anleihen bei 0 % halten. Um dies zu erreichen, müssen nicht mehr 80 Billionen an Anleihen gekauft werden, sondern substantiell weniger. Dies liegt auch daran, dass die Notenbank bereits einen Großteil des Marktes ausmacht. Je kleiner der freie Markt ist, desto wirkungsvoller werden die Interventionen.

Nach diesen neuen Erkenntnissen ergibt sich ab Ende 2018 eine ungewöhnliche Situation. Erstmalig werden die großen Notenbanken dann nicht mehr Geld drucken, sondern unterm Strich Geld einziehen, also ihre Bilanzen verkleinern. Für die Verkleinerung sorgt die Fed. Die BoJ kann das vorgeschlagene Tempo nicht ganz kompensieren.

Der Liquiditätsentzug ist allerdings bescheiden. 2019 könnten die Bilanzen zusammen um 50 Mrd. schrumpfen. Das ist bei 16 Billionen Dollar an Assets in den Notenbankbilanzen der großen Währungsräume ein Rundungsfehler. Die Zeichen sind trotzdem eindeutig: die Zeiten der großen Geldschwemme kommen zu einem Ende. Steigen deswegen die Zinsen?

Die Zinsen werden ein klein wenig steigen. Sie werden aber nicht durch die Decke gehen und auch nicht ihre Vorkrisenniveaus erreichen. Dafür sorgt die beharrlich niedrige Inflation. Wir brauchen schon viel Glück, damit die US-Notenbank in diesem Zyklus einen Leitzins von 2 % und die EZB von 1 % erreicht.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • bembes
    bembes

    Guter Bericht und was macht dann der Bund Future ???

    17:35 Uhr, 20.06. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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