Kommentar
08:02 Uhr, 11.02.2015

Japan: Ende der Anleihe-Hausse?

Japan hatte vergangene Woche Probleme, Anleihen zu platzieren. Die Renditen stiegen daraufhin massiv an. Die Rendite für 10 jährige Anleihen explodierte förmlich um 30%. Sind das die ersten Risse in der QE Story?

Eigentlich ist es ja kaum vorstellbar, dass ein Land unter dem größten QE Programm, welches die Welt je gesehen hat, seine Anleihen nicht los bekommt. Zugegeben, die Bank of Japan kauft die Anleihen erst, wenn sie platziert wurden. Die Notenbank zeichnet (noch) keine Anleihen bei Auktionen. So kann es dann doch vorkommen, dass der Staat seine Anleihen erst einmal nicht platziert bekommt.
Das geschah am 3. Februar. Das Finanzministerium wollte Anleihen mit 10 Jahre Laufzeit platzieren. Geplant war ein Volumen von 2,4 Billionen Yen (ca. 20 Mrd. USD). Akzeptiert wurden letztlich insgesamt 2,191 Billionen Yen. Bei der Auktion selbst wurden höhere Angebote abgegeben. Der Staat hätte die Anleihe platzieren können, wenn er einfach mehr gezahlt hätte. Mit einem Kupon von 0,3% und einer Rendite von 0,36% lag der Preis allerdings schon recht hoch. Die Rendite auf dem Sekundärmarkt betrug vor der Auktion noch 0,28%.

Investoren haben sich zum ersten Mal seit langem geweigert die absurd niedrigen Renditen zu akzeptieren. Die Nominalrenditen für japanische Anleihen sind lächerlich niedrig. Bis zu einer Laufzeit von 5 Jahren muss der Staat de facto gar nichts mehr zahlen (Grafik 1). Ab 10 Jahren Laufzeit gibt es immerhin noch eine symbolische Rendite. Wer tatsächlich noch ein klein wenig Geld mit japanischen Anleihen verdienen möchte, der muss Laufzeiten von 20 Jahren und mehr akzeptieren. Allerdings sind die Renditen auch hier alles andere als adäquat. Anleihen mit 40 Jahren Laufzeit rentieren bei 1,5%. Im Vergleich zu einer zehnjährigen Laufzeit mag das zwar üppig klingen. Es ist aber alles andere risikoadäquat.

In 40 Jahren kann sehr viel passieren. Es ist ja schon sehr schwierig, Wirtschaftswachstum und Inflation für ein Jahr vorherzusagen. Da sind 40 Jahre unmöglich. Die Inflation könnte in Japan – so unwahrscheinlich es klingt – auf 5% steigen. Dann hat man mit dem Kauf der Anleihe eine fahrlässige Geldvernichtung gestartet. Szenarien gibt es genug, unter denen es absolut sinnlos ist, eine Anleihe mit 40 Jahren Laufzeit zu kaufen. Je länger die Laufzeit ist, desto höher sind auch die Risiken, weil man einfach nicht abschätzen kann, wo die Inflation in der fernen Zukunft stehen wird. 1,5% kompensieren dieses Risiko nicht.
Die Realrendite sieht noch unattraktiver aus als die Nominalrendite. Grafik 2 zeigt den längeren Verlauf von Renditen für verschiedene Laufzeiten. Negative Renditen sind für Japan nicht vollkommen neu. Das aktuelle Ausmaß ist jedoch bisher ungesehen. Das liegt vor allem an dem Inflationsanstieg 2014. Dieser verzerrt das Bild ein wenig. Es war keine „echte“ Inflation, sondern eine Steuererhöhung. Daher sehen die Realrenditen tatsächlich besonders schlimm aus. Rechnet man die Steuererhöhung heraus, dann war die Rendite real zumindest nahe der Nulllinie. Je nach Laufzeit waren sie teils darüber, teils knapp darunter.

Wie es nun weitergeht ist schwer zu sagen. Nach dem starken Renditeanstieg nach der enttäuschenden Auktion fielen die Renditen auch in den Folgetagen wieder. Es könnte wirklich ein Ausrutscher gewesen sein. Wissen kann man das nicht. Grafik 3 zeigt historische, fehlgeschlagene Auktionen. Das Finanzministerium stellt Daten zu den Auktionsresultaten zur Verfügung. Die Daten reichen teils bis in die 70er Jahre zurück.
Man sieht auf den ersten Blick, dass sich die Anzahl an fehlgeschlagenen Auktionen in Grenzen hält. Fehlgeschlagen heißt, dass Investoren weniger Volumen geboten haben als die Regierung gerne platziert hätte. Die Zahlen sind Mrd. Yen. Die aktuelle Auktion hatte einen Fehlbetrag von 200 Mrd. Yen.

Das war der erste Fehlschlag seit 2002. Es ist also wirklich selten, dass der Staat seine Anleihen nicht losbekommt. Wie der Fehlschlag 2002 zeigt, muss das nicht unbedingt der Anfang eines Trends sein. Es war zwar der größte Fehlbetrag, den das Finanzministerium je verzeichnen musste, allerdings hatte das keine Auswirkungen auf die folgenden Auktionen. Insofern könnte die Auktion Anfang Februar nur ein Ausrutscher gewesen sein. Vielleicht war es aber auch das erste Anzeichen, dass Investoren nicht mehr alles mitmachen.

Japan kann vor allem wegen der Eingriffe der Notenbank sehr billig Geld aufnehmen. Sie kauft zwar nur auf dem Sekundärmarkt, drückt aber damit natürlich die Rendite des gesamten Marktes. Liegt der „Marktpreis“ bei einer Rendite von 0,2%, dann wird die Regierung bei Emission wohl kaum 1% bieten. Eine fehlgeschlagene Auktion ist bis zu einem gewissen Grad Ausdruck für den verzerrten Sekundärmarkt. Man kann also nicht ausschließen, dass es in Zukunft wieder häufiger zu einem Nachfragedefizit für japanische Neuemissionen gibt. Problematisch muss das nicht sein. Der Notenbank ist zuzutrauen, dass sie auch direkt Anleihen bei Auktionen zeichnet. Das wäre dann zwar direkte Staatsfinanzierung, aber das ist es ja ohnehin schon, selbst wenn es über den Sekundärmarkt geht. Man könnte auch gleich so ehrlich sein und die Notenbank die Neuemissionen direkt in ihre Bilanz fließen lassen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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