Japan: Die Rezession klingt aus
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1. Das Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal zum dritten Mal in Folge gesunken. Der Rückgang um 0,3 % gegenüber dem Vorquartal war allerdings weniger deutlich ausgeprägt als befürchtet (Bloomberg- Umfrage: -0,6 %; DekaBank: -0,9 %). Drei Rückgänge in Folge gab es zuletzt in der schweren Rezession 2008 / 2009. Damals sank das Bruttoinlandsprodukt innerhalb von vier Quartalen um knapp 10 %. Im Vergleich hierzu ist der aktuelle Rückgang um knapp 2 % weit weniger dramatisch. Die schwache Entwicklung im ersten Halbjahr 2011 steht im direkten Zusammenhang mit der Naturkatastrophe Mitte März. Der verhältnismäßig kleine Wachstumseinbruch im zweiten Quartal erklärt sich mit einem enormen Aufholprozess der bereits zu Beginn des Quartals einsetzte.
2. Die Zusammensetzung der wirtschaftlichen Aktivität im zweiten Quartal entspricht weitgehend unseren Erwartungen. So verringerte sich der private Konsum gegenüber dem Vorquartal. Der Rückgang war allerdings kleiner als von uns erwartet. Anhand monatlicher Indikatoren wie den Einzelhandelsumsätzen deutet sich an, dass der private Konsum während des Quartals den Aufholprozess bereits nahezu abgeschlossen hat: Am Ende des Quartals dürfte der private Konsum ähnlich hoch gewesen sein wie vor der Naturkatastrophe. Entscheidend für die Quartalsveränderungsrate ist allerdings das durchschnittliche Konsumniveau über den gesamten Zeitraum. Das wieder höhere Konsumniveau am Quartalsende im Vergleich zum schwächeren durchschnittlichen Konsumniveau während des Quartals ergibt einen sogenannten statistischen Überhang für das dritte Quartal. Unterstellt man ein stagnierendes Konsumniveau im dritten Quartal dann erfolgt hieraus bereits ein kräftiges Konsumplus im Vergleich zum Vorquartal. Dieses Phänomen gilt nicht nur für den privaten Konsum, sondern beispielsweise auch für die Investitionstätigkeit.
3. Tatsächlich war der Aufholprozess im Bereich der Anlageinvestitionen während des Quartals so kräftig, dass sogar ein Quartalsanstieg erreicht werden konnten. Wir hatten mit einem Rückgang gegenüber dem Vorquartal gerechnet. Dieser blieb auch deshalb aus, weil die Staatsinvestitionen im Zuge der Aufräumarbeiten deutlich ausgeweitet wurden. Dennoch stellt die Beinahe-Stagnation der gewerblichen Investitionen eine positive Überraschung dar. Dies gilt zumindest teilweise auch für die Wohnungsbauinvestitionen. Diese brachen weniger deutlich ein als von uns erwartet. Unseren Erwartungen entsprechend fiel der Wachstumsbeitrag der Lagerinvestitionen aus. Aufgrund der Höhe der Lagerinvestitionen lässt sich für die kommenden Quartale noch ein geringer positiver Wachstumsbeitrag ableiten.
4. Aufgrund monatlicher Außenhandelsdaten zeichnete sich schon während des Quartals ab, dass der Außenhandel eine wesentliche Wachstumsbremse darstellen würde. Die Produktionsprobleme (bspw. durch die eingeschränkte Energieversorgung) stellten eine deutlich Belastung für die Exportentwicklung dar. Es ist denkbar, dass Güter, die für den Export produziert worden sind, zur Deckung der inländischen Nachfrage verwendet wurden. Darüber hinaus sind durch die Naturkatastrophe auch Transportwege zerstört worden, was ebenfalls ein Hemmnis für den Handel darstellt. Das unveränderte Importvolumen ist ein Abbild der inländisch ebenfalls nahezu stagnierenden Nachfrage. Diese nahm im zweiten Quartal um 0,2 % gegenüber dem Vorquartal erstmals, wenn auch nur gering, wieder zu. Tatsächlich sind die Importe auf Monatsbasis über den gesamten Zeitraum verhältnismäßig stabil geblieben. Dies lässt sich für keinen anderen Bereich feststellen.
5. Nach dem überraschend deutlichen Wachstumseinbruch zu Beginn des Jahres stellt das zweite Quartal eine positive Überraschung dar: Die Volkswirtschaft ist in der Lage, relativ rasch wieder auf das alte Wirtschaftsniveau zurückzufinden. Der frühe Erfolg im zweiten Quartal bedeutet aber einen geringeren noch verbliebenen Aufholrest für das zweite Halbjahr. Dies bedeutet, dass wir die Wachstumsaussichten insbesondere für das dritte Quartal nach unten korrigieren werden. Politisch gelöst wurde bislang nicht, wie man die Kosten des Wiederaufbaus aufbringen soll. Sehr wahrscheinlich sind Steuererhöhungen, aber ihre Ausgestaltung, ihre Höhe und ihr Beginn werden politisch noch diskutiert. Die Querelen über die Anhebung der US-Schuldengrenze jenseits des Pazifiks dürften geholfen haben, eine kurzfristig drohende japanische Zahlungsunfähigkeit zu verhindern: Erst vergangene Woche, im Angesicht der globalen Finanzmarktturbulenzen, wurde eine politische Einigung über den japanischen Haushaltsplan 2011 erzielt. Die Diskussionen zeigen, dass der Wachstumsausblick für 2012 eine zunehmend politische Dimension erhält. Sollte in Japan mit einer Haushaltskonsolidierung begonnen werden, sind Wachstumseinbußen für die Volkswirtschaft wahrscheinlich. Wir erwarten nach den heutigen Daten weiterhin ein Wachstum für das Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr von gut zwei Prozent und sind damit deutlich pessimistischer als die Mehrzahl der Analysten. Dieser Pessimismus beruht auf unsere Annahme, dass es im kommenden Jahr zu einer fiskalischen Straffung kommen wird.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 160 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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