Kommentar
11:02 Uhr, 24.02.2022

Ist die Energiekrise erst am Anfang?

Öl will keiner mehr und trotzdem ist es teuer. Die Dynamik dahinter geht viel weiter als der Krieg in der Ukraine und kann den Ölpreis auf ungeahnte Höhen treiben.

Erwähnte Instrumente

  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 104,08300 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 98,68800 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Brent Crude Öl - WKN: 967740 - ISIN: XC0009677409 - Kurs: 104,08300 $/bbl. (FXCM)
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 98,68800 $/bbl. (FXCM)

Kurzfristig ist der Krieg in der Ukraine die treibende Kraft. Nachdem Ziele in der Ukraine angegriffen wurden, stieg der Ölpreis über die Marke von 100 Dollar. Einen so hohen Preis gab es seit 2014 nicht mehr. Dreistellige Ölpreise kann man fast als Extrempreise bezeichnen.

Es ist zu früh, um abzuschätzen, was der Krieg für den Ölpreis mittelfristig bedeutet. Generell kann die Welt nicht auf russisches Öl verzichten. Es ist unwahrscheinlich, dass es in diesem Bereich zu Sanktionen kommen wird.

Zu allem Überfluss gibt es auch ein langfristiges Problem. Das letzte Treffen der OPEC+ Staaten war diesbezüglich erhellend. Viele Regierungen machten sich bereits vor den jüngsten Entwicklungen wegen des hohen Ölpreises Sorgen und forderten eine Erhöhung der Fördermengen. Nicht zuletzt die USA wollen, dass die Preise an der Tanksäule sinken. Es wurden sogar koordiniert Ölreserven in den USA und einigen anderen Staaten freigegeben, um den Ölpreis zu senken. Geholfen hat es nicht.

Was helfen würde, ist eine Erhöhung des Angebots. OPEC+ Staaten halten allerdings an ihrem Plan fest, die Fördermengen nur graduell zu erhöhen. Selbst diese langsame Anpassung überfordert das Kartell. Trotz höherer Fördermengen wird nicht unbedingt mehr Öl aus dem Boden geholt.

Beim letzten OPEC Treffen kam es zum ersten Mal zu einer Erklärung. Der Vorsitzende wehrte Forderungen nach höheren Fördermengen ab, nicht etwa, weil niemand sollte, sondern weil niemand wirklich kann. Auch die OPEC hat in den vergangenen Jahren zu wenig investiert.

Die freie Förderkapazität, die auf über 5 Mio. Barrel pro Tag geschätzt wird, scheint es größtenteils nicht zu geben. Weil zu wenig investiert wurde, kann die OPEC wenig gegen hohe Ölpreise tun. Stattdessen wird mit dem Finger auf die USA gezeigt. Dortige Schieferölunternehmen, die in den vergangenen Jahren als Swing-Producer aufgetreten sind, sollen mehr fördern.

In den USA kann die Schieferölproduktion zwar schnell erhöht werden, doch niemand will das tun. Man hat aus dem Desaster der Jahre 2014-2016 gelernt. Damals wurde sehr viel investiert. Kaum ein Unternehmen konnte einen positiven Cashflow ausweisen. Ein Geschäftsmodell, welches dauerhaft mehr Geld verbraucht als es einnimmt, kann nicht erfolgreich sein.

Nun wird gespart. Da Öl langfristig ein Auslaufmodell ist, wird wenig investiert. Stattdessen wird so viel Gewinn wie nur möglich abgeschöpft, um Dividenden zu zahlen und Aktien zurückzukaufen. Kurz gesagt: Die globale Förderkapazität ist knapp und daran wird sich kurzfristig wenig ändern.

Zukünftig werden auch Ölriesen wie Exxon und Total nicht mehr Dutzende Milliarden investieren. Es geht um Renditeerhöhung und nicht um Wachstum. Steigende Ölnachfrage muss aus OPEC+ bedient werden, doch selbst wenn nun wieder mehr investiert wird, sinkende Produktionsmengen im Rest der Welt kann es nur begrenzt ausgleichen.

Die Welt steht so möglicherweise erst am Anfang einer Energiekrise. Solche Krisen kommen regelmäßig vor und sind die vorhersehbare Folge von zu geringen Investitionen. Daher nähern sich der Ölpreis und Aktienkurse auch regelmäßig immer wieder an (Grafik 1). Ein Ölpreis, bei jeder noch so akrobatischen Fantasie, wird den S&P 500 wohl kaum mehr überholen. Eine Annäherung ist jedoch denkbar.

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Wie das aussieht, zeigt Grafik 2. Derzeit sind Aktien und Öl ähnlich bewertet. Aktienkurse und Öl sind dabei um das generelle Wachstum bereinigt. So schwankt das Verhältnis um 1 (1 bedeutet: Ölpreis = Aktienkurs). Historisch folgte einer hohen Aktienbewertung eine hohe Ölbewertung. Der Trend scheint gerade erst begonnen zu haben. Die drohende Energiekrise kann den Ölpreis auf ein neues Allzeithoch treiben.

Ist-die-Energiekrise-erst-am-Anfang-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-2

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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