Kommentar
13:13 Uhr, 24.05.2017

Ist Deutschland überfremdet?

Von der Flüchtlingskrise spricht keiner mehr. Nur weil keiner mehr darüber spricht, ist das Thema natürlich nicht verschwunden.

Dafür, dass der Flüchtlingsstrom 2015 und 2016 nie dagewesene Ausmaße angenommen hat, ist das Thema überraschend schnell aus den Medien verschwunden. Die Situation war dabei extrem brenzlig. Erst gab es die Willkommenskultur. Diese wurde von der Kanzlerin persönlich ausgerufen und viele folgten der Ansage.

Am Anfang standen noch unzählige Freiwillige am Münchner Bahnhof und applaudierten den ankommenden Flüchtlingen. Als der Strom an Neuankömmlingen nicht mehr aufhören wollte, wollte auch plötzlich niemand mehr applaudieren. Die Stimmung kippte. Kanzlerin Merkel wäre ohne ein Ende des Zustroms nicht mehr lange haltbar gewesen.

So kam es dann nicht. Mit dem Deal mit der Türkei und der Schließung der Balkanroute lösten andere Länder das politische Problem der Kanzlerin. Lange wäre die Sache wirklich nicht mehr gut gegangen. Das zeigt Grafik 1. Dargestellt ist die Anzahl an Asylanträgen. Mit knapp 800.000 Anträgen allein im Jahr 2016 wurde der bisherige Rekord von 450.000 im Jahr 1992 übertroffen.

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Die Lage hat sich inzwischen beruhigt. Die Zahl neuer Asylanträge liegt aber immer noch über dem Trend. In diesem Jahr dürften zwischen 300.000 und 400.000 Anträge gestellt werden. Das ist immer noch rekordverdächtig. So richtig entspannt hat sich die Lage nicht. Dadurch, dass die Medien kaum noch darüber berichten, ist die Wahrnehmung aber eine vollkommen andere als vor einem Jahr.

Das Problem der Integration ist damit nicht gelöst. Es ist zwar kein vollkommen neues Problem, aber die Dimension ist eine andere. Grafik 2 zeigt die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland seit 1871 und die ausländische Bevölkerung. Mit Zu- und Abwanderung blieb der Anteil der ausländischen Bevölkerung 15 Jahre lang ziemlich stabil. Seit 2012 ist das anders. Der Anteil ist fast sprunghaft angestiegen.

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Asylsuchende machen nur einen Teil aus. Vor allem die schleppende Erholung in vielen europäischen Ländern nach der Finanzkrise hat zu einer gewissen Zuwanderung geführt. Die ausländische Bevölkerung steigt nicht nur, weil Flüchtlinge ankommen, sondern auch, weil die Mobilität in Europa etwas zugenommen hat.

Das ist kein Phänomen, welches auf Deutschland beschränkt ist. In den letzten Jahren war die Entwicklung sicherlich ausgeprägter, doch wenn man die Entwicklung verschiedenster Länder über einen längeren Zeitraum betrachtet, ist es ein globales Phänomen. Grafik 3 zeigt dazu den Anteil an der Bevölkerung, der im Ausland geboren wurde. Dieser Anteil ist höher als in Grafik 2, weil hier der Geburtsort eine Rolle spielt und nicht die Staatsangehörigkeit. Wer eingebürgert wurde, fällt aus den Daten aus Grafik 2 heraus.

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In den von der OECD untersuchten Ländern gibt es kaum eines, in dem der Trend nicht nach oben zeigt. Mit anderen Worten: der Anteil der ausländischen Bevölkerung steigt global. Das funktioniert natürlich nur, wenn nicht nur Menschen z.B. nach Deutschland einwandern, sondern von dort auch wieder auswandern.

Deutsche wandern gerne in die Schweiz und nach Österreich aus. In der Schweiz hat sich die deutsche Bevölkerung in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt. Inzwischen machen die Deutschen fast 4 % der Bevölkerung aus. In der Stadt Zürich sind fast 10 % der Bevölkerung aus Deutschland. Auch die Deutschen überfremden andere Regionen. Es ist nicht so, dass es nur in eine Richtung geht.

Der Trend zu mehr internationaler Mobilität nimmt stetig zu. Dabei geht es nicht nur um Flüchtlinge. Der Trend gefällt vielen nicht. Deutschland steht im internationalen Vergleich aber nicht schlechter da als andere Länder. Wenn sich Deutsche beschweren, was sollen dann erst die Menschen in Luxemburg sagen?

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49 Kommentare

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  • Meise75
    Meise75

    Die allgemeine Kritik hier am Status-Quo und am absurden Schweiz-Vergleich im Artikel lässt hoffen. Man fahre heutzutage in dt. Großstädten U-Bahn und schaue sich den Bevölkerungsmix an. Vor nur wenigen Jahren sah es komplett anders aus...

    Und noch ein kleine Ergänzung zu den Mainstreammedien. Gestern gab es den vielumworbenen Beitrag 'Wenn Populisten regieren' im ZDF mit Dunja Hayali. Selten habe ich schon nur von der Werbung für den Beitrag und dem Titel so viel Unbehagen (oder sollte man sagen Brechreiz) gespürt. Wenn eine Regierung konsertiv und rechts der Mitte verortet ist, sind es also direkt Populisten. Das ist schlimmste Propaganda im Zwangsgebühren finanzierten TV. Hoffe ich sehe das nicht ganz alleine so....

    10:08 Uhr, 26.05.2017
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Rainer Zitelmann: Das beste Buch zur Flüchtlingskrise.

    http://www.wallstreet-online.de/special/9613986-bu...

    22:00 Uhr, 24.05.2017
  • LAMBO_BABY
    LAMBO_BABY

    Lieber Herr Schmale,

    Ihre Frage "ist Deutschland überfremdet" umgeht die eigentlich interessante Frage zu diesem Thema (denn es steht außer Frage dass DE überfremdet ist, genauso wie US, Frankreich, England etc.)
    Stellen Sie stattdessen in einem neuen Bericht lieber die Frage: wer profitiert von der Überfremdung & wer will den Prozess der stetigen Überfremdung Europas überhaupt?
    Aber denke, diese Frage und die Antworten welche Sie darauf finden werden sprengt den Rahmen eines Trading Infoservices wie GMT etwas ;-)

    21:27 Uhr, 24.05.2017
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Offener Brief einer Lehrerin an Kanzlerin Merkel. Der Brief lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

    http://www.epochtimes.de/politik/deutschland/petra...

    21:12 Uhr, 24.05.2017
    1 Antwort anzeigen
  • shark
    shark

    Internationale Mobilität ist das Eine-reine Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem das Andere

    Wer die deutsche Kultur,demokratische Strukturen ablehnt und sich weigert die deutsche Sprache zu erlernen bzw zu sprechen,ist hier fehl am Platz

    .In diesem Kontext verweise ich auch auf die vielen Erdogan-Anhänger in Deutschland .Sie sind mit ihrer undemokratischen Gesinnung am falschen Ort und sollten sich Richtung Türkei begeben

    21:06 Uhr, 24.05.2017
  • StefanS
    StefanS

    Die Statistik beinhaltet weder Familiennachzüge noch die sogenannten Resettlements. Das die Zahlen vor der Bundestagswahl manipuliert werden sollte niemand überraschen. Und bitte hört auf vobn Flüchtlingen zu sprechen. Es handelt sich im Wesentlichen um Wirtschaftsmigranten, welche nicht wie in anderen Ländern üblich Mindestqualifikationen/ Scores aufweisen möchten, um eine Chance zu haben, in dem Aufnahmeland akzeptiert geschweige denn ein Leben lang alimentiert zu werden. Das ist mehr als nur ein Etikettenschwindel.

    19:55 Uhr, 24.05.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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