Kommentar
16:58 Uhr, 01.08.2023

Ist das Zinshoch wirklich erreicht?

Die Hoffnung auf ein Ende der Leitzinserhöhungen hat die Aktienmärkte seit der vergangenen Woche angetrieben. Doch die Hoffnung könnte verfrüht sein, besonders mit Blick auf die Eurozone.

Im Kampf gegen die hohe Inflation haben die meisten Notenbanken so schnell und so stark an der Zinsschraube gedreht wie nie zuvor. Jetzt, so die Hoffnung, könnte das Zinsniveau hoch genug sein, um die Inflation wieder auf das Ziel von 2 % zu reduzieren, das die meisten Zentralbanken mit Blick auf die Inflation anstreben.

In den USA ist diese Hoffnung besonders ausgesprägt, und zwar aus einem guten Grund. Die US-Notenbank Fed zögerte zwar zunächst auch mit Zinserhöhungen, ging dann letztlich aber doch deutlich entschiedener gegen die hohe Teuerung vor als etwa die Europäische Zentralbank (EZB).

Inzwischen steht der Leitzins in den USA in einer Spanne von 5,25 % bis 5,50 %, während sich die Inflation deutlich abgemildert hat und die Inflationsrate zuletzt nur noch bei 3,0 % und die Kerninflation bei 4,8 % stand. Zum Vergleich: Das Hoch der Inflationsrate im vergangenen Jahr hatte 9,1 % betragen, die Kerninflation stand im Hoch bei 6,5 %.

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Eine Faustformel besagt, dass Zinsen dann bremsend auf die Inflation wirken, wenn der Zinssatz höher ist als die Inflation. In den USA ist dies seit einigen Monaten erreicht. Zwar ist die Kerninflation weiter deutlich erhöht, auch hier hat sich aber zuletzt eine rückläufige Tendenz gezeigt und auch die Kerninflation liegt niedriger als der Leitzins.

Während die Hoffnungen, dass das aktuelle Zinsniveau ausreichend ist, um die hohe Inflation unter Kontrolle zu bekommen, also in den USA gerechtfertigt erscheint, sieht es in Europa noch anders aus. Der eigentliche Leitzins (Hauptrefinanzierungszins) der EZB steht bei gerade einmal 4 %. Die Inflationsrate betrug aber zuletzt 5,3 % und die Kerninflationsrate 5,5 %.

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Besonders bemerkenswert ist auch, dass sich die Inflationsrate in der Eurozone im Juli nur noch geringfügig reduzierte, während die Kerninflation sogar wieder leicht anzog. Die Faustformel, wonach das Zinsniveau mindestens so hoch liegen muss wie die Inflationsrate, um die Teuerung zu reduzieren, ist also in der Eurozone bisher nicht erfüllt und dürfte ohne weitere Zinserhöhungen der EZB auch nicht bald erfüllt sein.

Fazit: Die Märkte spekulieren seit der vergangenen Woche wieder verstärkt auf ein Ende der Zinserhöhungsphase. Während die Hoffnung, dass die Zinsen nicht mehr stark steigen müssen, um die Inflation unter Kontrolle zu bekommen, in den USA einigermaßen berechtigt erscheint, dürfte es in der Eurozone noch ein weiterer Weg sein. Das Zinsniveau in der Eurozone liegt weiter unter der Inflationsrate. Aktuell erscheint es wahrscheinlich, dass die EZB entgegen der Markterwartungen ab Herbst weiter an der Zinsschraube drehen muss.

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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