Kommentar
13:38 Uhr, 25.11.2014

Interview mit Jens Klatt, Chef-Marktanalyst DailyFX Deutschland

Die Realwirtschaft hinkt den Aktienpreisen auffällig hinterher, beobachtet Klatt und warnt: Die kreditbasierte Spekulation erreicht wieder die Vorfinanzkrisenniveaus aus den Jahren 2000 und 2007. Anleger sollten empfindliche Rücksetzer einkalkulieren. Danach bieten sich gute Chancen, um in die Märkte einzusteigen.

Erwähnte Instrumente

„Die Alternativlosigkeit wird Crashs vermeiden“

Herr Klatt, seit seinem Julihoch fährt der DAX einen Schlingerkurs: Ist die Luft raus am deutschen Aktienmarkt?

Dass es im DAX neue Höchststände gibt und wir in näherer Zukunft die psychologisch wichtige 10.000er Marke hinter uns lassen, damit ist in meinen Augen tatsächlich nicht zu rechnen. Hauptgrund ist der sich mehr und mehr abzeichnende, restriktive Geldkurs der FED. Dieser hat in den letzten Jahren die Aktienmärkte, losgelöst von jeglicher realwirtschaftlichen Entwicklung, dies- und jenseits des Atlantiks auf immer höhere Höchststände katapultiert. Mit der Zeit des billigen Geldes ist es seit Oktober 2014 vorbei. Mittlerweile ergeht sich der Markt in Mutmaßungen, wann es zu den ersten Zinsanhebungen seitens der FED kommt.

Zwar wird sich die europäische Zentralbank EZB noch sehr viel länger geldpolitisch aktiv zeigen und die Zinsen sehr viel länger auf nahezu 0 belassen. Aber ich persönlich denke, dass die Marktteilnehmer mit der Zeit realisieren dürften, dass nur Liquiditätsschwemmen allein, die ohne realwirtschaftliches Wachstum einhergehen, nicht der Weisheit letzter Schluss sind.

Hier sieht man aber auch bereits, dass es schwer vorstellbar ist, dass es zu einem Crash an den Aktienmärkten kommt: Die Alternativlosigkeit, der sich Investoren durch die Nullzinspolitik ausgesetzt sehen, wird in meinen Augen Crashs vermeiden, tatsächlich eher für eine längere Seitwärtsbewegung sorgen, vermutlich zwischen 7.500 und 10.000 Punkten.

Sind die Märkte auf die Wende in der Zinspolitik der USA bereits eingestellt? Ist die von Anlegern für nächstes Jahr erwartete Zinsanhebung in den USA in den Aktienkursen schon eingepreist?

Nein, das denke ich nicht. Seit der Finanzkrise 2008 sind Billionen von US-Dollar in die globalen Aktienmärkte geflossen und habe ungesunde Asset-Preis-Blasen gebildet, nicht nur am Aktien-, sondern besonders an den Rentenmärkten. Wir dürften kilometerweit davon entfernt sein, dass dies am Markt eingepreist ist oder wir ein zu diesen Kursniveaus adäquates realwirtschaftliches Umfeld antreffen.

Der Fremdkapitaleinsatz an der NYSE (die sogenannte „Margin Debt“ oder anders: die Spekulation auf Kredit) ist auf die höchsten Stände seit 2000 oder 2007 gestiegen. Beide Male ging dies damals kurze Zeit später mit massiven Abwärtsbewegungen bzw. Crashs einher, wie folgende Grafik eindrucksvoll illustriert:

Interview-mit-Jens-Klatt-Chef-Marktanalyst-DailyFX-Deutschland-Kommentar-Helge-Rehbein-GodmodeTrader.de-1

Den Unterschied von damals zu heute habe ich bereits in der Frage oben erläutert: Die Nullzinspolitik von heute ist nicht vergleichbar mit dem damaligen Marktumfeld in den Jahren 2000 und 2007, wo man im Zuge der konjunkturellen Entwicklung entsprechende Zinsniveaus der Notenbanken antraf, um inflationären Tendenzen entgegen zu wirken und wo man durch ein Senkung der Zinsen dem Markt mehr Liquidität zur Verfügung und konjunkturellen Abschwüngen entgegen treten konnte.

Während ich einen Crash wie in 2000 oder 2008 am Aktienmarkt aus Alternativlosigkeit nicht sehe, sind dennoch empfindliche Rücksetzer einzukalkulieren. Crash-Potential sehe ich dagegen besonders für die Anleihemärkte, wo ich gespannt bin, wie besonders die US-Notenbank eine Reduktion ihrer Bilanz ohne einen Kollaps in Renten herbeizuführen zu plant.

Die US-Konjunktur nimmt Fahrt auf. Sollten Anleger jetzt beherzt US-Aktien kaufen?

Nein, ich denke, dass dies noch verfrüht ist. Attraktive Kursniveaus, um auf den Aufwärtszug im S&P 500 aufzuspringen, sehe ich im Bereich um 1.570 Punkten und somit rund 25% unter den aktuellen Kursniveaus im S&P 500. Im Dow Jones würde ich ebenfalls im Bereich der 2007er Jahreshochs um 14.200 Punkten als Käufer auf den Plan treten, also auch hier eine rund 17%ige Korrektur abwarten.

Ist es tatsächlich ausgemachte Sache, dass der Euro weiter abwerten wird?

In meinen Augen absolut. Die EZB und europäische Politik steht vor einem riesengroßen Dilemma: Egal was man auch tut, wie expansiv man sich präsentiert, wie weitreichend die versprochenen Bürgschaften seitens der EZB auch sein mögen („Man werde alles tun, um den Euro zu erhalten...“), das Vertrauen in den Euro ist massiv erschüttert. Es mangelt nicht an Liquidität, die zur Verfügung gestellt wird. Es mangelt an dem Willen Kredite besonders an den privaten Sektor zu vergeben und am Wirtschaftswachstum generell, wofür die hohen Arbeitslosenquoten besonders in der südeuropäischen Peripherie einen klaren Beweis liefern.

Und einhergehend mit den Leistungsbilanzüberschüssen in der Euro-Zone ist das, was wir im EUR/USD seit Mai ausgehend von der 1,40er-Marke runter auf die 1,25er-Marke zu sehen bekommen haben, erst der Anfang weiterer, massiver Kapitalabflüsse aus der Euro-Zone in den kommenden Jahren.

Dieser Kapitalabfluss wird sich noch beschleunigen, wenn sich die Konjunktur in den USA oder auch Großbritannien weiter aufhellt, die FED und die BoE sich restriktiver präsentieren und beginnen die Zinsen anzuheben, während die EZB weiter auf dem geldpolitischen Gaspedal stehen bleiben muss. Einen EUR/USD-Kurs bei der Parität um 1,000 USD sehe ich hier zwar noch nicht, aber deutlich unter die 1,2000 kann es gehen.

Im EUR/GBP sehe ich ebenfalls Abschläge unter 0,7000 GBP in den kommenden zwölf- bis 18 Monaten.

FXCM führt ein neues Preismodell mit niedrigen Spreads und getrennt ausgewiesenen Kommissionen ein. Was hat den Ausschlag für diesen Schritt gegeben?

Mit diesem Schritt verfolgen wir ganz klar die Strategie, den Devisenhandel für unsere Kunden so effizient und transparent wie möglich zu gestalten und ihn damit immer mehr dem Markt für institutionelle Investoren anzunähern. Der Kunde bekommt bei uns im Zukunft alles, was er für ein erfolgreiches Trading braucht: Interbanken-Spreads ohne Aufschläge, geringe Kommissionen, keine Re-Quotes und Handelsbeschränkungen, anonymes Trading ohne zwischengeschaltetes Dealing-Desk – und damit gibt es auch keinen Interessenkonflikt zwischen Kunde und Broker.

Der Kunde bei FXCM muss sich mit unserem neuen Preismodell in Zukunft nun noch weniger Gedanken über die Kosten machen, sein Erfolg hängt einzig und allein von den gehandelten Strategien ab.

Die Fragen stellte Helge Rehbein.

Dieses Interview ist in unserer aktuellen Sonderpublikation "Forex- und CFD-Trading. Als Privatanleger wie die Profis handeln" erschienen. Sie können die Publikation hier kostenlos abonnieren.

Jens Klatt ist Head of Research DailyFX Deutschland. Er erlernte den Börsenhandel von der Pike auf bei einem großen Börsenmakler. Seine Markteinschätzung und ausgewählte Trading-Setups für die Devisenmärkte, Aktienindizes und Rohstoffen, sowohl fundamental, technisch, als auch sentimenttechnisch können Anleger börsentäglich kostenlos um 10:30 Uhr im Morning Meeting verfolgen. Folgen Sie Jens Klatt auf seinem Guidants-Desktop!

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen