Kommentar
08:50 Uhr, 13.02.2017

Inflationssprung in den USA: Muss die Notenbank handeln?

Seit Freitag haben wir es schwarz auf weiß: die Preise steigen so schnell wie seit 5 Jahren nicht mehr. Das ist schon ein Wort.

Konkret steigen die Importpreise rasant an. Die Importpreise sind einer der ersten Indikatoren, die dem Markt zur Verfügung stehen. Erst später folgen Daten zur allgemeinen Inflation. Mit einem Anstieg der Teuerung der Importe auf 3,7 % auf Jahressicht, kann man sich ausmalen, dass auch die Konsumentenpreise in naher Zukunft nicht unbedingt fallen werden.

Grafik 1 zeigt die Importpreise, die den höchsten Wert seit 2012 erreichen. Gemessen an der Historie sieht man sofort, dass auch noch deutlich mehr drin ist. Vor Beginn der Finanzkrise kletterten die Preise um 20 %. Die Luft nach oben ist also alles andere als dünn. Die Importpreise dürften einen Teil des Spielraums nach oben durchaus noch ausnutzen. Begannen die Preise erst einmal zu steigen, blieb es oftmals mehrere Jahre bei diesem Trend.

Diesen Trend kann man nicht ignorieren, insbesondere mit der Perspektive, dass er einige Jahre lang anhalten wird. Die Importpreise bestimmen zudem die Produzentenpreise. Grafik 2 zeigt die beiden Zeitreihen im Vergleich. Sie verlaufen über weite Strecken fast deckungsgleich. Das liegt vor allem daran, dass die US-Produzenten einen Großteil an Inputgütern importieren.

Steigen die Kosten der Produzenten, geht das auf die Marge, wenn die Preise für Konsumenten nicht steigen. Einen Teil der steigenden Kosten absorbieren Unternehmen. Sie geben nicht jedes Prozent an Kostensteigerungen weiter. Ebenso geben sie auch selten die vollen Ersparnisse bei fallenden Importpreisen weiter.

Früher oder später machen sich steigende Produktionskosten auch beim Konsumenten bemerkbar. Die Inflationsrate verläuft daher mit zeitlicher Verzögerung parallel zu den Produzenten- und Importpreisen (Grafik 3). Setzt sich der aktuelle Trend wie in den letzten Monaten fort, müssen Konsumenten in nicht allzu ferner Zukunft mit einer Inflationsrate von 2,5 % bis 3,5 % rechnen. Das ist nach Jahren niedriger Teuerungsraten schon ein ziemlicher Schock und dürfte auch auf die Konsumfreude negativ wirken.

Nun will die Notenbank ja grundsätzlich ihr Mandat erfüllen, welches aus Preisstabilität und Vollbeschäftigung besteht. Bei den Perspektiven, die sich der Inflation aktuell bieten, kann die Fed die Füße eigentlich nicht weiter stillhalten. Sie würde in diesem Fall vollkommen bewusst gegen ihr Mandat verstoßen.

Erst vor wenigen Tagen äußerten sich einige Notenbanker dahingehen, dass sie keinen Inflationsdruck sehen. Mit dieser Aussage belügen sie sich selbst. Die Inflation ist schon da und sie wird so schnell nicht zurückgehen. Die Fed und andere Notenbanken ignorieren das vollkommen. Sie sehen keinen großen Aufwärtsdruck auf die Löhne und das scheint das einzige zu sein, was derzeit interessiert.

Notenbanker blicken durch den jetzigen Inflationsanstieg hindurch. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch korrekt. Der ganze Inflationskreislauf beginnt mit Rohstoffpreisen. Repräsentativ für Rohstoffe ist in Grafik 4 die Ölpreisbewegung abgebildet. Rohstoffpreise bestimmen die Import- und in der Folge die Produzentenpreise, die wiederum die Konsumentenpreise bestimmen. Gegen den Anstieg der Rohstoffpreise kann die Fed wenig tun, oder etwa doch?

In der Vergangenheit haben Notenbanken vor allem auf Rohstoffpreise reagiert. Diese bestimmen die Inflation nicht erst seit gestern, sondern seit Jahrzehnten. Rohstoffpreise schwanken stark. Man kann nicht auf jede Änderung geldpolitisch reagieren. Dennoch steigen die Preise für Verbraucher. Verbrauchern ist es egal, woher die Preissteigerungen kommen. Ob sie durch den Ölpreis oder steigende Löhne begründet sind, ist irrelevant. Der Konsument muss mehr zahlen.

Insofern stellt sich die berechtigte Frage, wieso Notenbanken nun plötzlich einen durch Rohstoffpreise herbeigeführten Inflationsanstieg ignorieren wollen. Ist sie nicht dazu verpflichtet, die Preise möglichst stabil zu halten? - In den Mandaten steht es jedenfalls. Im Mandat steht nichts über die Gründe für die Teuerung. Die Mandate sagen nicht, dass rohstoffbedingte Teuerung vom Mandat ausgenommen ist.

Auch wenn Notenbanken gegen steigende Rohstoffpreise wenig tun können, so können sie trotzdem etwas Gutes für Verbraucher tun. Es gibt zwei Möglichkeiten wie man den Kaufkraftverlust begrenzen kann. Entweder wird die Inflation nach unten gedrückt (ist aktuell keine Option; Notenbanken können das einfach nicht) oder man stärkt die Kaufkraft der Konsumenten. Die Stärkung der Kaufkraft funktioniert über höhere Zinsen. Wer einen anständigen Zins auf sein Geld bekommt, erleidet einen geringeren Kaufkraftverlust bei steigender Inflation. Genau dagegen wehren sich die Notenbanken aber in diesen Tagen. Wieso?

Clemens Schmale

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4 Kommentare

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  • Unbedingt
    Unbedingt

    Ist es nicht eher so, dass höhere Zinsen die Konsumenten dazu bringen, mehr zu sparen und weniger Kredite aufzunehmen?

    11:14 Uhr, 13.02. 2017
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... um die Sparer zu enteignen ... ???

    07:01 Uhr, 13.02. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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