Kommentar
14:00 Uhr, 27.07.2015

Im zweiten Halbjahr 2015 ist eine stärkere Diversifikation der Anlagen sinnvoll

Die Experten von J.P. Morgan Asset Management erwarten, dass die erhöhte Volatilität an den Kapitalmärkten in den nächsten Monaten weiter bestehen bleibt: „Die Entwicklungen in Griechenland und China haben in den letzten Wochen viele Anleger verunsichert. Daher überrascht es nicht, dass die Volatilität zunimmt. Als nächstes marktrelevantes Ereignis wirft im September die potenzielle erste US-Zinserhöhung seit 2006 ihre Schatten voraus. Nicht zuletzt deshalb sollte es in den nächsten Monaten an den Finanzmärkten weiter turbulent bleiben“, unterstreicht Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt. Vor diesem Hintergrund sollten Anleger sich für die stärkeren Schwankungen an den Märkten rüsten: „Diese erschwerten Bedingungen machen eine breite Diversifizierung der Investments umso wichtiger“, betont der Experte.

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Veränderte Vorzeichen der konjunkturellen Entwicklung im 1. Halbjahr 2015

Noch Ende 2014 wurde ein Großteil Europas von einem sehr schwachen Wachstum und fallenden Inflationsraten geplagt. Seitdem trafen jedoch einige Faktoren zusammen, die zu einer zyklischen Erholung führten, darunter ein markanter Rückgang der Energiepreise und ein umfassendes Programm der quantitativen Lockerung durch die Europäische Zentralbank EZB. Im ersten Quartal verlor der Euro daher an Wert, die Stimmung der Anleger hellte sich auf, und die Renditen auf Staatsanleihen der Kernländer sanken auf Rekordtiefs. Allerdings kam es ab Ende April infolge eines dramatischen Ausverkaufs der Anleihen wieder zu Renditeanstiegen und viele fragten sich, ob die lange Rally an den europäischen Anleihenmärkten nun ein Ende gefunden hatte.

Auch wenn geänderte Einstellungen im Hinblick auf das Wachstum und die Inflationserwartungen ihren Teil dazu beitrugen, spielten die Auflösung spekulativer Positionen, Bedenken über Griechenland, ein steigender Euro und allgemeine Liquiditätsbedenken allesamt eine Rolle während des dramatischen Renditeanstiegs im Mai und Juni. „Europa ist gegen die Risiken steigender Zinsen nicht immun: So gibt es rund um Griechenland nach wie vor viele Unwägbarkeiten, und Europa könnte von steigenden Renditen in den USA beeinträchtigt werden. Insgesamt halten wir jedoch das Wachstum und die Inflation in der Eurozone nicht für ausreichend, um einen anhaltenden Anstieg der Renditen auf kurze Sicht zu rechtfertigen“, erläutert Galler. Ausgehend von den jüngsten Prognosen der EZB dürfte sich seiner Einschätzung nach die Inflation erst 2017 wieder ihrem Zielwert nähern, was auf der Annahme basiert, dass die quantitativen Lockerungsmaßnahmen bis Oktober 2016 laufen und das Programm komplett umgesetzt wird. Diese Wertpapier­käufe durch die EZB und ein erwarteter Rückgang der Emissionen sollten den Anleihenmärkten in der Eurozone eine kurzfristige Stütze bieten. „Obwohl die Volatilität zunehmen dürfte, gehen wir davon aus, dass die EZB einer Verschlechterung des Liquiditätsumfelds, welches die jüngsten Fortschritte in Sachen Erholung gefährden könnte, recht entschieden entgegenwirken würde. Vor diesem Hintergrund sollten die Renditen vorerst auf historisch niedrigen Niveaus verharren“, betont der Experte.

Der Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung in den USA bleibt ebenso unsicher: „Die US-Wirtschaft dürfte sich im zweiten Quartal moderat erholen und der Arbeitsmarkt legt kontinuierlich zu, aber die Gesamtinflation drehte erst vor Kurzem wieder in positives Terrain, und das Lohnwachstum hinkt im historischen Vergleich hinterher. Allerdings wird ein stetiges Beschäftigungswachstum auch ein stärkeres Lohnwachstum nach sich ziehen, was den Konsum in den USA ankurbeln wird und letztlich auf eine wahrscheinliche Zinserhöhung im September hindeutet“, so Galler. Das erwartete geldpolitische Auseinanderdriften der USA und Europas senkte die Korrelation zweijähriger Anleiherenditen auf negatives Terrain.

Aktienbewertungen leicht über langfristigem Durchschnitt

Europäische Aktien haben dieses Jahr eine Achterbahnfahrt hinter sich: Zunächst kletterte beispielsweise der Deutsche Aktienindex DAX um 26,2 Prozent nach oben. Nach einem Hoch im April büßte er aber mittlerweile einen Teil der Zugewinne wieder ein und zeigt sich insgesamt sehr schwankungsstark. Dabei ist in der Eurozone trotz der „griechischen Tragödie“ ein deutlicher Aufschwung zu spüren: Die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe sind in ganz Europa auf Expansion eingestellt. Das Konjunkturklima ist ebenfalls freundlich. So sind beispielsweise die Bruttoexporte in allen großen Volkswirtschaften angestiegen. Auch der Konsum unterstützt den Wachstumstrend: Die Einzelhandelsumsätze steigen wieder und die PKW-Zulassungen sehen vielversprechend aus. Aufgrund der „Großen Rezession“ und der Krise in der Eurozone hat sich gerade in den Krisenländern in den letzten Jahren eine enorme Konsumnachfrage aufgestaut. Und nicht zuletzt hat sich das Kreditangebot in der Eurozone verbessert, da die Banken mehr Kredite vergeben, während die Zinssätze für Unternehmenskredite stetig günstiger werden – dies sollte das Wachstum weiter positiv beeinflussen. So zeigt sich der Aufwärtstrend des MSCI Europe nach wie vor intakt und der Index ist mit einem Stand von 1.455 Punkten und einem Forward-KGV von 15,1 auch noch von historischen Höchstwerten entfernt. „Auch wenn europäische Aktien damit leicht über dem Durchschnitt von 13,9 liegen, zeigt sich bei einer zyklischen Betrachtung ein anderes Bild: Das zyklisch bereinigte KGV ist mit 16,0 noch unterhalb des Durchschnitts von 17,8“, erläutert Galler.

Ein mittlerweile seit sechs Jahren andauernder Hausse-Markt in den USA veranlasst wiederum viele Anleger zu der Frage, wann und aus welchem Grund diese Phase ein Ende nehmen wird. Auch hier werden „überzogene“ Bewertungen als Anzeichen einer unmittelbar bevorstehenden Korrektur gedeutet. „Zwar sind die Bewertungen durchaus nützlich, wenn es darum geht, langfristige Ertragsanstiege vorherzusagen, für die Prognose von Marktkorrekturen eignen sie sich indes weniger“, unterstreicht der Experte. So sagen fast alle Bewertungskennzahlen derzeit etwas Ähnliches aus: Selbst das zyklisch angepasste KGV liegt, obwohl es im Vergleich zu den letzten 100 Jahren hoch ist, nur leicht über seinem 25-Jahres-Durchschnitt.“ Und auch die Zinswende in den USA sollte seiner Meinung nach kein Grund zur Sorge darstellen: „Die Märkte dürften sich weniger um die erste sondern vielmehr um die letzte Zinserhöhung Sorgen machen: Das Ende einer Nullzinspolitik zeigt, dass sich die Wirtschaft auf dem Wege der Besserung befindet, und signalisiert ein Umfeld, in dem die Unternehmen ihre Gewinnziele realisieren und für allmählich steigende Kurse sorgen können. Anleger sollten sich stattdessen mit den späteren Zinserhöhungen im weiteren Verlauf des Zyklus sowie mit dem Tempo der weiteren Zinserhöhungen befassen. Denn ab diesem Zeitpunkt ist es wahrscheinlich, dass die Gewinnentwicklung der Unternehmen auf eine Überhitzung hindeutet und die Aktienmärkte sich tendenziell wieder schwächer entwickeln“, so Gallers Erfahrung.

So geht er davon aus, dass die Volatilität vor einer ersten Zinserhöhung durch die US-Notenbank zunehmen wird und in diesem Kontext durchaus die Möglichkeit einer Marktkorrektur besteht. „Angesichts der Verbesserung wirtschaftlicher Fundamentaldaten können wir jedoch keinen Grund dafür erkennen, weshalb in den USA im derzeitigen Umfeld bald ein Bärenmarkt einsetzen sollte“, so sein Fazit.

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Wie können sich die Anleger auf eine höhere Volatilität einstellen?

Wenn sich die Bedingungen erschweren, ist es für Anleger wichtiger denn je, eine Diversifizierung ihrer Investments vorzunehmen: „Auch wenn die Kurse von Anlagen täglichen Schwankungen ausgesetzt sind, gibt es weiterhin guten Grund zur Annahme, dass sowohl Aktien als auch Anleihen mittelfristig weiterhin positive Erträge erzielen werden“, ist der Experte überzeugt. Gründe hierfür gibt es einige: Die Volkswirtschaften erholen sich und befreien sich von den Altlasten der großen Rezession. Unternehmen haben sich ver­schlankt und umstrukturiert, um von dem erneuten wirtschaft­lichen Wachstum zu profitieren, und mit den steigenden Ge­winnen dürften Anleger in Aktien und Anleihen dieser Unternehmen von ihren Invest­ments umso mehr profitieren. „Mit einem gut diversifizierten, flexibel investierenden Portfolio und einer breit gestreuten, strategischen Vermögensaufstellung sollten Anleger auch in volatileren Märkten gut aufgestellt sein“, unterstreicht Galler.

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