Kommentar
16:28 Uhr, 26.05.2022

Hohe Energiepreise: Ist eine Sondersteuer gerechtfertigt?

Die hohen Energiepreise haben Gewinner und Verlierer. In Großbritannien soll jetzt eine Sondersteuer in Höhe von 25 Prozent auf die Gewinne von Unternehmen im Öl- und Gassektor für einen Ausgleich sorgen. Aber ist das wirklich so gerecht, wie es sich anhört?

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  • Brent Crude Öl
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Großbritannien verhängt eine Sondersteuer in Höhe von 25 Prozent auf die Gewinne von Unternehmen im Öl- und Gassektor. Die Steuer soll nur "vorübergehend" gelten und auslaufen, wenn die Öl- und Gaspreise wieder sinken, kündigte Schatzkanzler Rishi Sunak am Donnerstag an. Die Abgabe soll im Laufe des kommenden Jahres rund fünf Milliarden Pfund an Erlösen einbringen. Unternehmen, die weiter in den britischen Öl- und Gassektor investieren, sollen in den Genuss von Freibeträgen kommen.

Der Öl- und Gassektor erziele außerordentlich hohe Gewinne nicht wegen einer hohen "Risikobereitschaft, Innovation oder Effizienz, sondern als Ergebnis der steigenden globalen Rohstoffpreise", sagte Schatzkanzler Rishi Sunak im britischen Parlament. Deshalb sei die Sondersteuer gerechtfertigt. Haushalte, Rentner und bestimmte Sozialhilfeempfänger sollen hingegen mit einigen hundert Pfund pro Person entlastet werden.

Auf den ersten Blick erscheint eine solche Sondersteuer durchaus gerecht. Denn die zusätzlichen Gewinne in Folge der Preissteigerungen basieren scheinbar nicht auf einer erbrachten Leistung der Unternehmen, sondern einfach auf den höheren Preisen, wie auch Schatzkanzler Sunak ausführte. Auf der anderen Seite haben viele Verbraucher und Unternehmen ebenfalls ohne eigenes Verschulden erhebliche Mehrkosten.

Bei genauerer Betrachtung könnte sich das Vorgehen aber nicht nur als kontraproduktiv, sondern auch als ungerecht erweisen. Die hohen Öl- und Gaspreise sind vor allem eine Folge davon, dass jahrzehntelang zu wenig in die Produktion fossiler Rohstoffe investiert wurde, weil diese wegen des Klimawandels als Auslaufmodell gelten. Die hohen Preise sind eine Folge der Knappheit von Öl und Gas. Der Bedarf ist deutlich höher als die Produktion. Der Ukraine-Krieg hat die Knappheit zwar kurzfristig noch deutlich erhöht, der strukturelle Nachfrageüberhang bestand allerdings bereits vor dem Ukraine-Krieg.

Die Sondersteuer bestraft jetzt ausgerechnet diejenigen, die in der Vergangenheit in Öl- und Gasvorkommen investiert haben und dadurch dafür gesorgt haben, dass der Mangel jetzt nicht noch größer ausfällt, als es sonst der Fall gewesen wäre. Durch die Sondersteuer werden zwar die Profiteure der hohen Preise bestraft, gleichzeitig werden diese aber davon abgehalten, in Zukunft in neue Öl- und Gasvorkommen zu investieren. Die geplanten Freibeträge für künftige Investitionen sollen zwar genau das verhindern, werden aber die negativen Effekte der Sondersteuer vermutlich nicht ganz aufheben.

Wenn ein Unternehmen damit rechnen muss, für hohe Gewinne zusätzlich bestraft zu werden, wird es künftig noch weniger in neue Öl- und Gasvorkommen investieren. Der strukturelle Mangel wird sich dadurch noch verschärfen und die Preise werden noch stärker steigen.

In der Marktwirtschaft sorgt der Preismechanismus für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Steigt der Preis eines Gutes, wird es lukrativer, dieses Gut zu produzieren und die Produktion steigt dadurch, wodurch die Knappheit beseitigt wird und der Preis im Lauf der Zeit wieder sinkt. Das Problem im Energiesektor ist allerdings, dass es sehr lange dauern kann, bis neue Öl- und Gasvorkommen erschlossen werden können. Der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage kann deshalb erhebliche Zeit dauern, wenn in der Vergangenheit zu wenig in neue Vorkommen investiert wurde. Die Sondersteuer hilft allerdings nicht dabei, diesen Ausgleich herbeizuführen, sondern ist eher ein weiterer Grund, warum Unternehmen mit neuen Investitionen im Öl- und Gassektor vorsichtig sein werden. Damit dürfte aber der strukturelle Mangel nicht beseitigt werden, sondern dürfte sich noch verschärfen.

Statt jetzt die Profiteure der hohen Energiepreise zur Kasse zu bitten, sollte der Staat lieber die Investitionen in die Energieproduktion stärken fördern. Dabei sollten wegen des Klimawandels die Erneuerbaren Energien im Fokus stehen. Werden Investitionen in Erneuerbare Energien stärker gefördert, kann dies den derzeit bestehenden Mangel zumindest langfristig tatsächlich beheben.

Fazit: Die hohen Energiepreise sind eine Folge jahrzehntelang zu niedriger Investitionen im Energiesektor. Eine Sondersteuer verbessert die Situation nicht, sondern ist kontraproduktiv und wird den strukturellen Mangel mittel- bis langfristig nur noch verschärfen. Wer nachhaltig günstigere Preise sicherstellen will, muss Investitionen im Energiesektor fördern, statt sie zu bestrafen. Wegen des Klimawandels sollten dabei aber Investitionen in Erneuerbare Energien im Fokus stehen.


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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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