Kommentar
09:55 Uhr, 13.08.2020

Hat der Ölsektor genug gelitten?

Anleger machen noch immer einen weiten Bogen um Ölaktien. Ist das gerechtfertigt oder sind Anleger übervorsichtig?

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 42,55500 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 42,55500 $/bbl. (FXCM)

Öl- und Gasunternehmen haben gleich an mehreren Fronten zu kämpfen. Wäre da nur der niedrige Ölpreis, ließe sich das ganze möglicherweise einfach aussitzen. Der Sektor kämpft aber auch mit anderen Problemen. Immer mehr Staaten beschließen ambitionierte CO2 Ziele. Da der Verkehr einen Großteil der Treibhausgasemissionen ausmacht, wird es Öl in Zukunft immer schwerer haben. Das Thema Klimaschutz ist in den meisten Ländern parteiübergreifend. Die Ziele sind je nach politischer Gesinnung natürlich unterschiedlich ambitioniert. Kaum einer setzt aber noch ausschließlich auf Öl, Gas und Kohle. Diese Zeiten sind vorbei. Der Straßenverkehr wird sich radikal verändern. Elektroautobauer schießen wie Pilze aus dem Boden und auch die traditionellen Hersteller investieren viele Milliarden in die Elektromobilität. Würden alle Verbrennungsmotoren durch andere ersetzt, ob elektrisch oder Brennstoffzelle, bräuchte es 50 % weniger Ölprodukte.

Bereits jetzt ist der Markt überversorgt. Braucht die Welt nur noch die Hälfte des Öls, das es heute benötigt, muss der Sektor weiter konsolidieren. Für Hochpreisproduzenten wie dem US-Schieferöl ist dann kein Platz mehr. Hier wird ein Preis von 30 bis 40 Dollar benötigt, um die Kosten zu decken. In Saudi-Arabien geht das bei einstelligen Preisen.

Bei diesen Aussichten ist es kein Wunder, dass der Ölsektor an Bedeutung verliert. Der Sektor machte im S&P 500 einmal einen substantiellen Anteil aus. Alle Unternehmen der Branche brachten noch vor wenigen Jahren 1,8 Billionen Dollar Marktkapitalisierung auf die Waage (Grafik 1).


Heute ist es weniger als die Hälfte. Vergleicht man es mit den größten Unternehmen, dann macht der gesamte Öl- und Gassektor nur die Hälfte von z.B. Apple, Amazon oder Microsoft aus. Im Gegensatz zur Ölwirtschaft verdient Apple viel Geld. Derzeit sind es ca. 60 Mrd. pro Jahr.

So viel hat die Branche im ersten Quartal 2020 an Verlust geschrieben. Im zweiten Quartal haben noch nicht alle Unternehmen die Zahlen vorgelegt, doch schon jetzt hat sich ein Verlust von 22 Mrd. angehäuft (Grafik 2). Die schweren Zeiten täuschen allerdings darüber hinweg, dass der Sektor trotz allem in den letzten 10 Jahren 500 Mrd. Gewinn abgeliefert hat.


Die Bilanz ist langfristig nicht wesentlich schlechter als bei Apple. Die Zeiten haben sich nun aber einmal geändert und in die letzten 10 Jahre fällt eine Periode, in der der Ölpreis noch dreistellig war. Seitdem das nicht mehr der Fall ist (in den letzten 5 Jahren), hat der gesamte Sektor gerade einmal 11 Mrd. Gewinn erwirtschaftet.

11 Mrd. für mehr als ein Dutzend Unternehmen in fünf Jahren bei einer Marktkapitalisierung von derzeit fast 800 Mrd. ist wirklich nicht viel. Geht man von einer Normalisierung der Lage aus, dürfte der Sektor 60-80 Mrd. pro Jahr erwirtschaften können. Bei der aktuellen Kapitalisierung entspricht das einem KGV von 10. Gemessen daran, dass der Sektor keine guten langfristigen Aussichten hat, ist das fair.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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