Kommentar
16:00 Uhr, 23.06.2017

Großbritannien: Rundum negativ?

Der Weg aus der EU heraus wird lang und beschwerlich. Wie unangenehm dieser Weg wird, zeigt sich so langsam.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/GBP
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Großbritannien befindet sich derzeit in einer etwas misslichen Lage. Man könnte auch sagen, dass das Land gerade das Schlechteste von allem vorzuweisen hat. Da ist zuallererst die politische Lage zu nennen. Nach den Wahlen sind die Verhältnisse schwieriger als davor. Die Konservativen haben ihre absolute Mehrheit verloren.

Nun müssen die Konservativen in einer Koalition regieren. Was für uns ganz normal ist, ist in Großbritannien ungewohnt und sorgt für mehr Unsicherheit. Der Brexit-Plan der Konservativen lässt sich jedenfalls jetzt nicht mehr umsetzen. Sie können ihn nicht im Alleingang bestimmen.

Dazu kommt der inzwischen große Zeitverlust. Theresa May wollte unbedingt den angekündigten Termin Ende März halten (offizieller Austrittsgesuch). Seitdem tickt die Uhr. Nun müssen sich Politiker erst auf eine neue Strategie bei den Verhandlungen einigen. Vermutlich kommt noch ein Führungsstreit bei den Konservativen hinzu, der den Zeitplan weiter verzögert.

Selbst wenn am Ende alles geregelt ist, bleiben für die tatsächlichen Verhandlungen keine zwei Jahre mehr. Es werden niemals alle Kapitel bis 2019 durchgearbeitet werden können. Ob Großbritannien will oder nicht, wenn die Verhandlungen nicht verlängert werden, gibt es ein rechtliches Chaos.

Dem Land droht nun zu allem Überfluss noch eine geldpolitische Straffung. Die Notenbanker waren sich so uneinig wie lange nicht. Gleich drei Notenbanker stimmten bei der letzten Sitzung gegen den Zinsentscheid. Sie wollten eine Zinserhöhung. Da nur 8 Notenbanker abgestimmt hatten, sind drei Gegenstimmen viel. Zuletzt war die Uneinigkeit zur Zeit der Finanzkrise größer.

Die Uneinigkeit ist verständlich. Einerseits trüben sich die Aussichten ein. Die Wirtschaft verliert an Dynamik. Haushalte haben sich massiv verschuldet und Immobilienpreise befinden sich nicht mehr im Aufwärtstrend. Der Immobilienmarkt und damit auch die Haushalte könnten in Schieflage geraten. Da braucht es eigentlich keine höheren Zinsen, doch wenn diese weiterhin niedrig bleiben, schüttet die Notenbank ebenso Benzin ins Feuer.

Der Notenbankchef kündigte zuletzt vollmundig an, dass die Zinsen so schnell nicht angehoben werden. Das lässt sich momentan einfacher sagen als umsetzen. Die Inflation steigt weiter während sie andernorts wieder fällt. Die Pfundabwertung schlägt nun voll durch und wird die Inflation vermutlich deutlich über 3 % drücken. Wie lange sich das durchhalten lässt...

Zudem reagiert die Wirtschaft auf den Brexit und die damit verbundene Pfundabwertung nicht wie erwartet. Die Leistungsbilanz (Grafik 2) verbessert sich nicht, sondern wird immer negativer. Im Normalfall sollte eine Währungsabwertung dazu führen, dass Importe teurer werden und durch heimische Produkte ersetzt werden. Das ist derzeit nicht der Fall. Die Exporte steigen zwar – wie zu erwarten war – doch die Importe steigen schneller.

Großbritanniens Leistungsbilanz verhält sich ungewöhnlich. Wertet das Pfund ab, steigt das Defizit. Das ist ein Problem, denn dies befeuert die Inflation in besonderem Maße (Grafik 3). Die Wirtschaft kühlt sich ab, die Inflation steigt, die Haushalte sind überschuldet, der Immobilienmarkt könnte drehen und die Politik bekommt nichts auf die Reihe. Viel schlimmer geht es eigentlich nicht.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Bigdogg
    Bigdogg

    Doch geht viel schlimmer - schauen Sie sich die ganzen Pleitegeier auf der Südschiene der EU an, die sich angeblich in einer wundersamen Recovery befinden.

    10:31 Uhr, 26.06. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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