Kommentar
12:31 Uhr, 30.07.2014

Griechenland: Sind BIP-indexierte Kredite die Lösung?

Ein weiterer Schuldenschnitt kann die griechische Staatsschuldenkrise nicht lösen. Das DIW Berlin schlägt deshalb vor, die Kreditzinsen an die Entwicklung der griechischen Wirtschaftsleistung zu koppeln.

Das Deutsche Institut zur Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat zur Lösung der griechischen Staatsschuldenkrise vorgeschlagen, die Höhe der griechischen Kreditzinsen künftig an die Entwicklung der griechischen Wirtschaftsleistung zu binden. Sogenannte BIP-indexierte Kredite würden dafür sorgen, dass Griechenland im Falle eines größer als prognostiziert ausfallenden Wachstums höhere Zinsen zahlt, während die Zinsen bei einem geringeren Anstieg des Bruttoinlandsprodukts automatisch sinken, erklärt DIW-Ökonom Malte Rieth. Aufgrund der sinkenden Zinszahlungen würde der Haushalt während einer Rezession weniger belastet. Zudem bliebe Spielraum für Reformen erhalten und die Wirtschaft könnte sich schneller erholen. „Mit dieser antizyklischen Finanzpolitik könne die griechische Regierung der Wirtschaft viel besser unter die Arme greifen“, betont DIW-Volkswirt Christoph Große Steffen: „Dass Griechenland bisher prozyklisch agieren und in der Rezession die Haushalte konsolidieren musste, hat der wirtschaftlichen Entwicklung nicht gutgetan.“

Nach Berechnungen des DIW Berlin könnte das vorgeschlagene Instrument die Schwankungsbreite des Wachstums der griechischen Wirtschaft um 20 Prozent reduzieren und die Ausfallwahrscheinlichkeit griechischer Schulden auf vier bis fünf Prozent verringern. „Davon würde nicht nur Griechenland profitieren, sondern auch Deutschland und andere Gläubigerländer, da das Risiko einer griechischen Staatspleite deutlich kleiner wäre“, erklärt Rieth. „Besonders wichtig ist aber, dass Griechenland sein Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen könnte, da es auch in schlechten Zeiten Spielraum für Reformen hätte.“

Einen Schuldenerlass, wie vom griechischen Premierminister gefordert, lehnt das DIW Berlin dagegen ab, da das Staatsschuldenproblem dadurch nicht gelöst werde.

Die Schuldenlast Griechenlands ist 2013 auf rund 302 Mrd Euro oder 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen. Fast 90 % der Staatsschulden halten öffentliche Gläubiger wie der Rettungsfonds EFSF und die Länder des Euroraums. Da Griechenland in diesem und im nächsten Jahr besonders viele Kredite tilgen muss, rechnet das DIW Berlin mit einem dritten Hilfspaket.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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