God Bless America!
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Erwähnte Instrumente
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind (noch) die größte Wirtschaftsmacht dieser Erde1. Und aus heutiger Sicht dürften sie diesen Status noch einige Zeit behalten, gleichwohl China, Indien & Co. ihnen schwer auf den Fersen sind und stetig aufholen, was alleine schon aufgrund des Bevölkerungsverhältnisses nicht weiter verwunderlich erscheint. So repräsentieren China und Indien gemeinsam 37,05 % der gesamten Weltbevölkerung, während die USA lediglich auf einen Anteil von 4,53 % kommen2.
Weitere Expertenkommentare finden Sie auf der Rohstoffeseite (unten) : http://www.godmode-trader.de/rohstoffe/
Nun ist dem ungeachtet unstrittig, dass die amerikanische Wirtschaft seit geraumer Zeit unter extremer Schlagseite leidet, was mehr und mehr an deren Vormachtstellung zehrt. Eine (wirklich) kurze Chronologie der Berichterstattung:
Noch am 21.2.2008 konstatierte die Deutsche Bank in einem Research Bericht gleich auf der ersten Seite3: „Vieles spricht dafür, dass die Abwertung des USD, die Maßnahmen der Fed und das Fiskalpaket in Höhe von USD 150 Mrd. eine Rezession in den USA verhindern werden.“
Aha ! Aus heutiger Sicht (und im Nachhinein lässt sich natürlich immer leicht kritisieren, schon klar !) muss man sich ja fragen, ob dies nun eine Feststellung, ein Versprechen oder vielleicht gar nur pures Wunschdenken war.
Die Situation hat sich trotz vorgenannter Fakten bzw. Maßnahmen freilich kaum gebessert. Im Gegenteil, jeden Tag trudeln neue Horrormeldungen aus „good old America“ ein. Und auch von offizieller Seite scheint man mittlerweile nach und nach die „rosarote Brille“ abzulegen:
So titelt beispielsweise die österreichische Erste Bank in ihrem Global Strategy Research Report vom Juli 2008 auf der ersten Seite4: „USA Konjunktur: Umfeld bleibt schwierig“.
1 Hierzu: http://www.welt-in-zahlen.de/laendervergleich.phtml Weltweiter Vergleich BSP $ sowie BIP $ (Datenstand 2.2.2007): USA vor Japan, Deutschland und China
2 Vgl. ABN AMRO (Schweiz) – Märkte & Zertifikate Juli 2008, S. 56 Prognose Bevölkerungszahlen 2008 (in Mio.): China 1.347,6, Indien 1.184,1, USA 309,2 – Weltweit 6.832,8
3 Deutsche Bank Research v. 21.2.2008: Die Weltwirtschaft in 2008 – Verlangsamung, aber keine Rezession
4 Erste Bank Global Strategy Report 3. Quartal 2008 – Ausblick Internationale Finanzmärkte
Der International Monetary Fund (IMF) geht in seinem Update vom Juli 20085 (zum World Economic Outlook vom April 2008) mittlerweile davon aus, dass sich die Wachstumsrate der amerikanischen Wirtschaft von 1,3 % im Jahr 2008 auf 0,8 % im Jahr 2009 (Schätzungen) verringern wird. In der weltweiten Wachstumsbandbreite zwischen 0,5 % und 9,8 % für das Jahr 2009 hat die USA somit nur noch untergeordnete Bedeutung, während China mit 9,8 % den Wachstumskaiser repräsentiert. Einzig und alleine Italien wird diesem Bericht zufolge nächstes Jahr ein geringeres Wirtschaftswachstum als Amerika verzeichnen.
Und auch die US-Regierung selbst scheint nun „scheibchenweise“ mit der Wahrheit herauszurücken: Aktuell schätzt sie das Wachstum der Wirtschaftsleistung für 2008 mit 1,6 % ein. Bislang waren es (und das halbe Wirtschaftsjahr ist ja bereits vorbei) noch 2,7 % gewesen. Immerhin eine Reduktion ihrer Einschätzung um sage und schreibe 40 % ! 6
Die ehrwürdigen Gründerväter würden nicht nur ob der amerikanischen Wirtschaftsleistung Magengeschwüre bekommen, so sie noch leben würden.
Bereits seit geraumer Zeit werden Abschreibungen (nicht nur) von US-Banken in $-Milliardenhöhe als Normalität von den Marktteilnehmern an den Finanzmärkten teilweise negiert. Citigroup, Merrill Lynch, Wachovia, Bank of America, Washington Mutual – und wie sie alle heißen – jede Woche tauchen neue, exorbitante Abschreibungen am Finanzradar auf7:
5 World Economic Outlook UPDATE – An update of the key WEO projections – July 2008, S. 4 Durchschnittliche globale Wachstumsraten: 2008: 4,1 % 2009: 3,9 % Entwickelte Volkswirtschaften: 2008: 1,7 % 2009: 1,4 % Emerging Markets: 2008: 6,9 % 2009: 6,7 %
6 Vgl. hierzu: http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBUC91789720080729
7 Vgl. hierzu (Weltweite Gesamtübersicht der bisherigen Abschreibungen bzw. Kapitalerhöhungen): http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:CDO_Verkauf_von_Merrill_Lynch_22_Cent_die_neue_Ken nziffer_f%FCr_Banken/392185.html Aktuelles Beispiel: Merrill Lynch. Hierzu sehr pointiert: http://www.weissgarnix.de/?p=385#more-385
Die Marktkapitalisierungen der größten amerikanischen Kreditinstitute werden trotzdem mehr und mehr in Mitleidenschaft gezogen, wie die nachstehende Graphik veranschaulicht8:
Unter den größten zehn Banken der Welt befinden sich nur mehr drei USBanken (Bank of America, JP Morgan und die Citigroup).
Doch auch in diesem Punkt ist China auf der Überholspur. Ebenfalls drei Banken, nämlich die ICBC, die CCB und die Bank of China, hatte China zu diesem Zeitpunkt (April 2008) bereits in die Top Ten katapultiert. Uncle Sam´s Banken spüren bereits den feurigen Odem der chinesischen Bankdrachen.
Und in den letzten knapp drei Monaten hat sich die Situation der amerikanischen Banken wahrlich nicht verbessert, wiewohl natürlich auch die chinesischen Drachen in der jüngeren Vergangenheit aufgrund der inzwischen global wütenden Finanzkrise „ordentlich Federn lassen“ mussten. Ihr Feuerodem hat sich deutlich abgekühlt.
Die Börse als sensibles Barometer der gesamtwirtschaftlichen Lage spiegelt eben manchmal neben bekannten irrationalen Faktoren wie Gier, Angst, Panik, etc. auch fundamentale wirtschaftliche Gegebenheiten korrekt wieder. So eine Gemeinheit aber auch !
Was waren das früher doch noch für Zeiten, als Amerika das absolute Mekka der Banken- bzw. Finanzwelt darstellte und noch keine Gefahr bestand, dass auch die reale Wirtschaft im Strudel der Finanzkrise versinkt. Neuerdings sind zunehmend auch die Hypothekenzwillinge Fannie Mae und Freddie Mac9 in den Brennpunkt der Finanzkrise geraten10. Negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft sind unvermeidlich: Fortsetzung garantiert.
8 Deutsche Bank Research v. 21.7.2008: EU-US-Finanzmarkintegration – die Arbeit hat erst begonnen
9 Staatsnahe Hypothekenfinanzierungsgesellschaften mit faktischer Bailout-Garantie. 10 Das notwendige Hilfspaket per Gesetzesdekret ist bereits verabschiedet und unterwegs.
Das Vertrauen in das amerikanische (Finanz-)Imperium hat mächtig gelitten, daran gibt es keinen Zweifel.
Immer öfter wird versucht, dies durch politisches Säbelrasseln, außenpolitische Interventionen oder auch militärische Machtdemonstrationen zu kompensieren, um dem drohenden Zerfall entgegenzuwirken. Der ohnehin marode amerikanische Staatshaushalt leistet sich beispielsweise den mit Abstand größten Militäretat auf diesem Planeten. Die astronomische Verschuldung des Staatshaushaltes wird dadurch – nebst den vergangenen und künftig erforderlichen Bail-Outs – sicherlich auch nicht gemindert11. Der kleine Mann ist in Amerika in der Schuldenfalle gefangen wie die Fliege im Spinnennetz. Seine reale Kaufkraft schmilzt wie Schnee in der Sonne.
Und, und, und ... Auch diesbezüglich gilt: Fortsetzung garantiert. Kann also die weltgrößte Volkswirtschaft die „Kurve noch kratzen“ ? Können die erodierenden Kräfte neutralisiert werden ?
Wird sich das weltgrößte (Finanz-) Imperium wieder erfangen – und wenn ja, wann ? Ich habe jemanden gefunden, der eine plausible Antwort auf diese diffizilen Fragen parat zu haben scheint12:
Glaubt man dem amerikanischen Autor Bill Bonner, so müssen alle Imperien (demzufolge auch das amerikanische) zu Staub zerfallen. Diese Meinung vertritt er immer wieder sehr anschaulich in seinem periodischen Newsletter13 als auch in seinen Büchern14.
Egal ob Ägypter, Assyrer, Römer, Hunnen, Mongolen, Azteken, Inkas, Osmanen, Spanier, Russen, Deutsche, Franzosen, Briten oder eben auch Amerikaner, sie alle mussten bzw. werden „das imperial Zeitliche“ segnen und ihr geliebtes Imperium samt politischem Establishment, Währung15, Gesellschaftsstrukturen, etc. ad acta legen. Mit der Geburt eines Imperiums ist seine Vergänglichkeit bereits vorherbestimmt. Das ist seiner (und meiner) Meinung nach der unveränderliche Lauf der Dinge. Wie ein ehernes Naturgesetz manifestiert sich dies, wenn man die imperiale Historie betrachtet.
11 Aktuell hierzu: Reuters v. 28.7.2008: http://de.reuters.com/article/economicsNews/idDEKOE85466120080728
12 Falls Sie jemanden kennen, der sowohl eine positive als auch punktgenaue Antwort zu vorgenannten Fragen verspricht (und dann in weiterer Folge natürlich mit seiner Prognose auch recht behält), so lassen sie es mich wissen. Entweder besitzt dieser Jemand hellseherische Fähigkeiten, derer er sich dann ruhig brüsten darf und die unbedingt kommerziell genutzt gehören, oder aber er hat keine Ahnung von den historischen Gegebenheiten und übt sich im mutmaßlichen Herumraten.
13 http://thedailyreckoning.com/
14 Zum Beispiel in: Empire of Debt (in Kooperation mit: Addison Wiggin)
15 Eine Übersicht zu diversen Hyperinflationen bzw. Währungszusammenbrüchen der Weltgeschichte bietet Mike Hewitt auf: http://dollardaze.org/blog/?post_id=107
Ich persönlich kann dieser historischen Argumentation von Bill Bonner sehr viel abgewinnen.
Oder sind sie heutzutage in der Lage mit der spanischen Armada um die Welt zu segeln, dem römischen Weltreich (Rom ist kein Weltreich !) einen Besuch abzustatten oder beim ägyptischen Pharao eine Audienz zu bekommen ? Nein ? So sind Sie wohl ebenso wie ich ein paar Jahrhunderte bzw. Jahrtausende zu spät geboren. Zu schade für uns.
Aber da gibt es ja noch das amerikanische Imperium. Das könnten wir doch - vorausgesetzt natürlich wir kommen hinein; werden also nicht als Terroristen klassifiziert und zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt16 – besuchen ? Hätten Sie dazu Lust ? Noch ist es möglich ...
In diesem Sinne kann ich dem amerikanischen Imperium beim Versuch, die Geschichte neu zu erfinden und nicht unterzugehen, nur alles Gute wünschen. Aufgrund der internationalen Vernetzung (Stichwort: Globalisierung) und den damit verbundenen, keinesfalls wünschenswerten, negativen Konsequenzen für den Rest der Welt beim Scheitern dieses Versuches wünsche ich hiermit nicht nur den Menschen in den Vereinigten Staaten von Amerika:
God Bless America !
16 Dieser kleine Seitenhieb sei mir gestattet !
Appendix:
Sie können meinen Ausführungen entgegen selbstverständlich anführen, dass Amerika nicht das erste Mal totgesagt wurde. Immer wieder war das Land am Abgrund und ist doch wieder auferstanden. Amerika darf man nicht leichtfertig abschreiben. Und damit haben Sie auch vollkommen recht.
Dieses Land hat die große Depression überstanden und ist wirtschaftlich stärker denn je zurückgekehrt. Auch war es mehrfach in militärische Auseinandersetzungen, ja sogar Weltkriege, verwickelt. Derzeit betreiben die Amerikaner die größte Militärmaschinerie der Welt – immer wieder wird in diesem Zusammenhang der Begriff „Sheriff der Welt“ propagiert. Außenpolitisch besitzen die USA unglaublichen Einfluss in allen möglichen Gremien, Organisationen, Institutionen, Bündnissen, etc.
Diese Argumente könnten beliebig fortgesetzt werden, keine Frage. Vieles ist – eben auch das Positive betrachtend und betonend – Amerika gelungen, nicht umsonst wird es „das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ genannt.
Daher wird sich „the land of the free and the home of the brave“ nicht so weiters kampflos seinem offensichtlich vorherbestimmten Schicksal ergeben. Mit der (noch immer) einflussreichen Hochfinanz, „schlagenden Argumenten“ (Stichwort: Golfkriege, Irakkrieg), aber auch durch globalen Lobbyismus, der fast schon wie „von einem anderen Stern“ anmutet, sichern sich die USA Zugang zu den essentiellen Ressourcen. Der Wettlauf um zukünftigen Wohlstand hat auf diesem Planeten längst begonnen17. Andere – vorwiegend asiatische – Mächte erheben sich indessen und stellen (mitunter auch berechtigte) Ansprüche. Der zunehmend globale Konkurrenzdruck lastet tonnenschwer auf Amerika und der Zweck heiligt bekanntlich auch unlautere Mittel.
Selbstverständlich möchte das drittgrößte Land dieser Erde seinen Status als Nr. 1 der Welt behalten. Dazu wird es alle zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich weiterer Gewaltanwendung, benutzen. Verurteilenswert, aber leider nur allzu menschlich und somit verständlich. Mir fällt ad hoc kein Weltimperium ein, das mehr oder minder gewalt- bzw. widerstandslos im historischen Nirwana verschwunden wäre18. Doch vielleicht revolutionieren die Amerikaner in diesem Punkt die Geschichte aufs Neue und strafen mich Lügen. Wir werden es (hoffentlich) erleben ...
17 Genauer gesagt existiert dieser seit Anbeginn der Menschheit.
18 Vielleicht mit Ausnahme der Auflösung der Sowjetunion unter Michail S. Gorbatschow.
Autor: Werner Willmann - w.willmann1@yahoo.de
Passende Produkte
WKN | Long/Short | KO | Hebel | Laufzeit | Bid | Ask |
---|
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.