Kommentar
12:55 Uhr, 16.09.2020

Gigantischer Geldregen: Warum steht der Aktienmarkt nicht viel höher?

An Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft und den Finanzmarkt mangelt es nicht. Im Vergleich zu den Maßnahmen ist der Aktienmarkt moderat bewertet.

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 3.401,20 Pkt (CME) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 3.401,20 Pkt (CME)

Man hört es immer wieder: der Markt kann nicht fallen. Wieso? Notenbanken drucken Geld. Mit dieser sehr einfachen Logik habe ich so meine Probleme. Die Erfahrung sagt etwas vollkommen anderes. Der Markt kann immer fallen. Bereits vor Beginn der Coronakrise kaufte die US-Notenbank Wertpapiere für 60 Mrd. pro Monat. QE lief bereits in den USA, der Eurozone und in Japan. Das hat den Aktienmarkt nicht davon abgehalten in einen Crash überzugehen. Crashs werden durch Notenbanken nicht verhindert. Die Logik ist nicht, dass der Markt nicht fallen kann. Vielmehr ist es umgekehrt. Erst fällt der Markt, dann greift die Notenbank ein und die Kurse gehen schnell wieder nach oben. Es ist der Crash, der Notenbanken zum Eingreifen zwingt. Das konnten wir immer wieder erleben. Wer sich darauf verlässt, dass der Markt gar nicht fallen kann, wird früher oder später böse überrascht werden. Der Aktienmarkt existiert natürlich nicht unabhängig von der Geldpolitik. Der Einfluss wird jedoch gerne überschätzt. So hört man derzeit von einigen Optimisten, dass der Markt gemessen an der Geldschwemme günstig ist...

Ein Blick auf die Ausweitung der Überschussliquidität und die Performance des Aktienmarktes lässt diesen Schluss zu (Grafik 1). Die Geldmenge ist massiv gestiegen. Der Aktienmarkt hingegen (KGV bereinigt) hinkt da deutlich hinterher. Beim S&P 500 wären Kurse von 4.000 Punkten und mehr nach dieser Betrachtungsweise absolut gerechtfertigt.


So irrational ist der Markt aber nicht. Seit März konnten vor allem Krisengewinner ihre Kurse verdoppeln. Das half dem Gesamtmarkt. Ein Blick auf die Aktien von Airlines und Kreuzfahrtanbietern zeigt, dass auch die Geldschwemme wenig gebracht hat. Die Kurse stehen 50-70 % unter den Vorkrisenniveaus.

Die Geldflut hat nicht alle Boote gehoben. Fundamentale Überlegungen spielen durchaus noch eine Rolle. Die Geldschwemme hebelt das Grundgesetz der Börse nicht aus. Unternehmen werden immer noch anhand ihrer Ertragskraft bewertet. Das verhindert Übertreibungen nicht. Zuletzt waren Anleger bei Technologiewerten zu optimistisch. Das wird derzeit korrigiert.

Anleger sollten nicht blind kaufen, nur weil Geld gedruckt wird. Das ist etwas zu einfach. Das bedeutet nun aber nicht im Umkehrschluss, dass der Markt gleich fallen muss. Die Erholung seit Ende März wird von hartnäckigem Pessimismus begleitet (Grafik 2). Es steht immer noch Geld an der Seitenlinie.


Viele Privatanleger haben sich von den steigenden Kursen noch immer nicht breitklopfen lassen und sind noch nicht wieder eigestiegen. Das zeigt die bärische Stimmung. Erst wenn die Stimmung hier wieder steigt, muss man sich über zu hohe Bewertungen ernsthafte Sorgen machen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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