Kommentar
17:55 Uhr, 10.09.2020

Geldpolitik: Neuer Lockerungswettlauf unter Notenbanken?

Notenbanken haben großen Einfluss auf die Wirtschaft. Am besten hilft eine Mischung aus niedrigen Zinsen und Währungsabwertung. Die Fed hat vorgelegt. Kommen nun alle anderen?

Nach der Finanzkrise bekannten sich alle Notenbanken dazu, dass sie die Wechselkurse nicht gezielt manipulieren würden, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Aktiv hat tatsächlich keine der großen Notenbanken Wechselkurspolitik betrieben. Indirekt haben sie es natürlich schon gemacht. Erst wurden die Zinsen gesenkt, dann wurden Anleihen gekauft. Beides entspricht einer Lockerung der Geldpolitik und je lockerer diese ist, desto schwächer der Wechselkurs. Zuletzt wirkte das nicht mehr. Notenbanken sind am unteren Ende der Zinsgrenze angekommen. Tiefer geht in den meisten Fällen nicht mehr, wenn man das Finanzsystem nicht destabilisieren will. Auch Quantitative Easing wirkt auf die Wechselkurse kaum noch. Japan hat schon vor Jahren sein QE-Programm zu einem unbegrenzten gemacht. Der Yen wertete trotzdem nicht weiter ab, sondern sogar wieder auf. Es mangelt an direkten Einflussmöglichkeiten. Die US-Notenbank bedient sich nun eines neuen Instruments. Aktiv muss sie dabei nichts tun. Sie muss einfach nur abwarten. Bisher wollte sie 2 % Inflation erreichen. Bei höherer Inflation würde sie intervenieren, also die Zinsen anheben, um die Inflation nicht davonlaufen zu lassen...

Jetzt ist das anders. Es geht nicht mehr darum, das 2 % Ziel zu erreichen und die Inflation dort mehr oder minder zu deckeln, sondern darum, dass die Inflation im Mittel 2 % beträgt. Das bedeutet, dass die Rate auch längere Zeit über 2 % verharren kann.

Derzeit glaubt niemand daran, dass 2 % überhaupt erreicht werden können. Marktbasierte Erwartungen zeigen erst in 30 Jahren eine Inflationsrate von 2 % an (Grafik 1). Kurzfristig dürfte die Inflation sogar wieder sinken. Nach dem Schock im März und April erholt sich die Teuerung gerade. Ist die kurze Phase des „Zurückschnappens“ der Wirtschaft vorbei, dürfte sich die Rate wieder nach unten bewegen.


Ohnehin folgen die Erwartungen der Inflation und nicht umgekehrt (Grafik 2).

Die Politikänderung der Fed bewirkt also zunächst gar nichts. Sie impliziert lediglich, dass die Notenbank die Zinsen für längere Zeit nicht anheben wird, selbst wenn 2 % erreicht werden. De facto ist die neue Politik eine formalisierte Forward Guidance. Diese wurde bereits in der Vergangenheit genutzt.

Praktisch sagt die US-Notenbank nun einfach: die Zinsen bleiben länger niedrig. Kurzfristig hat das Druck auf den Dollar ausgeübt und Gold beflügelt. Langfristig dürfte der Effekt verpuffen. Der Status quo ändert sich durch die neue Politik nicht. Eine Abweichung von der bisherigen Politik gibt es erst, wenn die Inflationsrate über 2 % liegt und die Zinsen nicht steigen. Es kann also noch Jahre oder Jahrzehnte dauern bis die neue Politik überhaupt zum Einsatz kommt.

Der Effekt auf den Wechselkurs dürfte daher begrenzt bleiben. Im Niedriginflationsumfeld ist die Politikänderung eher eine akademische Übung als eine effektive Lockerung. Ein neuer Lockerungswettlauf ist daher nicht zu befürchten.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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