Fundamentale Nachricht
10:57 Uhr, 17.04.2015

Geld verdienen mit Draghi

Für Janus-Fondsmanager Bill Gross ergeben sich aus der ultra-lockeren Geldpolitik der EZB Investmentmöglichkeiten.

Köln (BoerseGo.de) - Das jüngst begonnene Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) eröffnet Einstiegschancen für Investoren. Zu dieser Einschätzung kommt Bill Gross, Fondsmanager und Anlagestratege des Assetmanagers Janus Capital in seinem aktuellen Investmentausblick. „Das Programm, das immerhin ein Volumen von 200 Prozent der Staatsanleihen-Neuemissionen aller EU-Länder innerhalb der Laufzeit umfasst, wird die Zinsen in Deutschland niedrig halten. Die wiederum bilden einen Anker für die Sätze von britischen und US-Staatsanleihen“, prognostiziert Gross. „Ich halte all diese Staatspapiere für überbewertet und würde sie nicht kaufen, aber stattdessen die Volatilität um sie herum verkaufen. Durch das von EZB-Präsident Mario Draghi initiierte Programm ist es sehr wahrscheinlich, dass sich etwa die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen innerhalb der kommenden drei Monate in einem Zinskorridor von minus 0,05 Prozent bis plus 0,5 Prozent bewegen wird.“

Gross' Strategie beruht auf der These, dass das reale Zinsniveau eine der zentralen Stellschrauben für die Volkswirtschaft und insbesondere die Geldpolitik ist. „Bei allen methodischen Schwierigkeiten gehe ich davon aus, dass der Realzins dazu in der Lage ist, einen Kreditsuperzyklus und Vermögensblasen auszulösen. Ebenso können mit seiner Hilfe die negativen Probleme, die daraus folgen, beseitigt werden“, ist der Janus-Experte überzeugt. „Das ist eine Lehre aus der Geldpolitik der amerikanischen und anderer Notenbanken aus dem vergangenen Jahrhundert.“ Entscheidend sei dabei, eine Vorstellung von einem „neutralen" Realzins zu haben. Dieser liege den Forschungen der beiden Ökonomen Kenneth S. Rogoff und Carmen Reinhart zufolge bei 1,35 Prozent in entwickelten Volkswirtschaften und 2,88 Prozent in den Schwellenländern. „Aber diese Erkenntnisse beziehen sich auf den Zeitraum von 1979 bis 2009“, so Gross. „Es spricht einiges dafür, dass es heute einen ‚neuen‘ neutralen Zinssatz gibt, der bereits jetzt auf einem deutlich niedrigeren Niveau liegt und dort auch in Zukunft verbleiben wird.“

Um herauszufinden, mit welchem Realzins sich eine moderne Volkswirtschaft nach den Verwerfungen der Finanzkrise auf Dauer zu stabilisieren lässt, hält Bill Gross einen Blick auf den Abstand zwischen den Leitzinsen und dem Wirtschaftswachstum für aufschlussreich. „Meine Kernthese ist, dass die nominellen Leitzinsen niedriger sein müssen als die nominelle Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes“, so Gross. „Die Frage ist allerdings: Um wie viel niedriger? Die wirtschaftliche Entwicklung der drei großen Industrieländer Deutschland, USA und Großbritannien, legt nahe, dass der Satz eher bei null als bei den 1,75 Prozent liegt, die die US-Notenbank Fed für angemessen hält.“

Dieses „Neue Neutral" hat Gross zufolge erhebliche Auswirkungen auf die Bewertungen und die Aussichten aller wichtigen Vermögensanlagen. „Real gesehen wird der Ertrag von US-Anlagen bei null Prozent, in anderen Regionen unter Umständen wohl noch darunter liegen“, schätzt Gross. „Das bedeutet, dass Investoren und Sparer nicht davon ausgehen können, dass ihre Kapitalerträge hoch genug ausfallen, damit unter dem Strich ihr Vermögen real gesehen wächst.“ Höhere Erträge zu erzielen sei Gross zufolge nicht möglich, ohne dafür größere Risiken einzugehen – etwa, indem die Renditechancen durch den Einsatz von Fremdkapital gehebelt werden, das derzeit angesichts der niedrigen Zinsen günstig zu haben ist. „Für einen Investor ist es natürlich riskant, sich kurzfristig zu verschulden und das Geld dann langfristig zu investieren – vor allem, da sehr viele Vermögenspreise aufgebläht sind“, gibt der Anlageexperte zu bedenken. „Die Herausforderung ist, sich diejenigen Assets herauszupicken, die die Chance bieten, dass ihre Preise auch über den Investmenthorizont hinweg aufgebläht bleiben.“

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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