Fundamentale Nachricht
18:00 Uhr, 10.07.2024

Frankreich vor weiterer Herabstufung?

Der überraschende Wahlsieg des französischen Linksbündnisses hat die Börsen bisher kaltgelassen – doch die Erleichterung, dass das Negativszenario einer rechtsextremen Regierung abgewendet wurde, könnte von nur kurzer Dauer sein. Das befürchtet Benoit Anne, Anleiheexperte bei MFS Investment Management.

„Anlegerinnen und Anleger wissen sehr genau, was sie nicht mögen. Sie mögen keine politische Unsicherheit, keine politische Instabilität, keine zunehmenden fiskalischen Risiken und keine Erschütterungen der politischen Glaubwürdigkeit. In Frankreich treffen diese Risikofaktoren jedoch nun zusammen. Obwohl der rechtsnationale Rassemblement National ohne Mehrheit im Parlament bleibt, sind die politischen Probleme Frankreichs noch lange nicht gelöst – möglicherweise fangen sie sogar gerade erst an.

Zum großen Teil hängt die Unsicherheit mit der alles beherrschenden Frage zusammen, wer 2027 der nächste Präsident oder die nächste Präsidentin Frankreichs wird. Unwahrscheinlich, dass sich das politische Klima verbessern wird, solange diese Frage nicht eindeutig geklärt ist. Bis dahin könnten Unsicherheit und sogar Instabilität vorherrschen – für die Märkte alles andere als ideal.

Aus unserer Sicht verfügt Frankreich derzeit nicht über die Rahmenbedingungen, die für die Wiederherstellung der Haushaltsdisziplin erforderlich wären. Man muss wohl davon ausgehen, dass die makroökonomische und strukturelle Reform-Agenda – die von Anfang an nie eine Stärke Frankreichs war – nun zum Stillstand kommt. Anleger sollten daher das Risiko einer künftigen weiteren Herabstufung des Länderratings berücksichtigen, auch wenn dies möglicherweise bereits eingepreist ist. Erst vor wenigen Wochen hat die Ratingagentur S&P die Kreditwürdigkeit Frankreichs auf AA- herabgesetzt.

Auf mittlere Sicht ist es möglich, dass Frankreich sich in die ungeliebte Liste derjenigen Länder eingereiht hat, für die Investoren auf Dauer höhere, politisch bedingte Risikoprämien einpreisen müssen. Deshalb würden wir Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen bevorzugen –insbesondere Anleihen der französischen Firmen, die durch solide Fundamentaldaten gestützt werden und das schwierige lokale Umfeld überstehen können. Staatsanleihen bergen nun außerdem ein höheres fiskalisches Risiko.

Allerdings glauben wir nicht, dass die Stabilität der Eurozone insgesamt gefährdet ist. Die Situation in Frankreich sollte daher keinen Einfluss auf die EZB haben.“

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