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10:25 Uhr, 09.03.2020

Folge des Preiskriegs: Rohöl wird zum Discounterschnäppchen

Zum Wochenauftakt sind die Ölpreise massiv abgestürzt. Nach gescheiterten Verhandlungen der OPEC+-Allianz über eine Drosselung der Fördermenge hat alle Schleusen geöffnet.

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  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 36,15300 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

New York/ London/ Frankfurt (Godmode-Trader.de) - Der Abwärtsdruck am Ölmarkt hat sich zu Wochenbeginn massiv beschleunigt. In Folge des Preiskriegs zwischen Saudi-Arabien und Russland kam es zum stärksten Einbruch seit Anfang 1991, als der erste Golfkrieg ausbrach. Die Brent-Notiz ist in der Spitze weit über 31 Prozent abgetaucht auf im Tief gut 31 Dollar/Barrel. Zuletzt kostete die Nordseesorte am Terminmarkt 36,17 Dollar/Barrel, was immerhin noch ein Minus von mehr als 20 Prozent bedeutet.

Der Ölpreisabfall nahm seinen Lauf nach dem Scheitern der Gespräche zwischen der OPEC unter Führung von Saudi-Arabien und den Nicht-OPEC-Staaten in der OPEC+-Gruppe am vergangenen Freitag. Russland war demnach nicht bereit, stärkere bzw. verlängerte Förderbeschränkungen mitzutragen. Somit läuft das aktuell geltende OPEC+-Abkommen Ende März aus und die Mitglieder können dem 1. April so viel Öl aus der Erde pumpen können, wie ihnen beliebt. Wie Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtete, könnte Riad die Fördermenge in den kommenden Monaten bis auf eine neue Rekordmarke von 12 Mio. Barrel pro Tag erhöhen. Das könnte andere Ölstaaten wie Russland ebenfalls antreiben, über eine höhere Fördermenge nachzudenken. „Dies ist eindeutig der Beginn eines Preiskriegs, und die Saudis haben am Wochenende schnell reagiert und ihren offiziellen Verkaufspreis für Rohöl im April deutlich gesenkt“, hieß es von den Analysen der ING.

Saudi-Arabien hat nun die Preise für Kunden in Europa, Asien und Amerika stark gesenkt. Arab Light, das nach Asien geht, wurde um 6 Dollar/Barrel auf einen Rabatt von 3,10 Dollar/Barrel reduziert. Zwischenzeitlich waren die Preisnachlässe für Europa sogar noch größer.

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter Berufung auf Teilnehmer der russischen Delegation in Wien ist Moskaus Abkehr von dem Öl-Kartell auch als Kampfansage an die USA zu verstehen, die für die Fracking-Ölförderung ebenfalls auf einen höheren Ölpreis angewiesen sind. Bei den Russen habe sich viel aufgestaut, so die Zeitung sinngemäß. „In den vergangenen Monaten hatten neue Sanktionen aus Washington in Moskau für Unmut gesorgt“, schreibt die FAZ. Aber auch die im Februar verhängten Strafmaßnahmen gegen eine Tochtergesellschaft von Rosneft, die Geschäfte mit Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro gemacht haben soll, hätten die Verantwortlichen in Moskau verärgert.

„Die niedrigen Preise werden die Produzenten weltweit unter Druck setzen, aber das Ziel ist eindeutig die US-Schieferindustrie, wobei das Niedrigpreisumfeld ein Abwärtsrisiko für die US-Produktion im späteren Verlauf des Jahres und bis ins Jahr 2021 bedeutet“, kommentierte die ING. „Beim letzten Mal jedoch, als diese Strategie angewandt wurde, erholte sich die US-Schieferindustrie und wurde noch stärker und effizienter. Die Schlüsselfrage ist, wird es diesmal anders sein?“

Russland verdient an einem hohen Ölpreis viel, ist aber nicht unbedingt darauf angewiesen und insofern flexiblel als etwa Saudi-Arabien. Nach der 2014 durch Ölpreisverfall und westliche Sanktionen im Ukraine-Konflikt ausgelösten Wirtschaftskrise hatte Moskau 2018 eine Budgetregel eingeführt, wonach nur die Einnahmen aus dem Ölexport bis zu einer Grenze von 42 Dollar je Barrel für den Haushalt genutzt werden dürfen. Saudi-Arabiens Haushalt hingegen benötigt ein Ölpreis von im besten Falle 80 Dollar/Barrel, um ausgeglichen zu sein.

Unterdessen hat sich die Marktunsicherheit auch mit Blick auf die erwartete Nachfrageentwicklung im Zuge der Ausbreitung des Covid-19-Virus erhöht und den Abwärtsdruck der Ölpreise beschleunigt. Derzeit werden zahlreiche Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft nach unten korrigiert, was auch zu einer geringeren Nachfrage nach Rohöl führen dürfte.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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