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18:13 Uhr, 13.01.2011

Fiskalpolitische Anreize für mehr Wachstum setzen

Frankfurt (BoerseGo.de) - Franklin Templeton Experten analysieren, inwieweit die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen in den USA Anreize für mehr Wachstum schaffen und welche Verbesserungen notwendig sind, um ein günstigeres Investitionsklima zu generieren:

Der Aufschwung in den USA ist unverkennbar spürbar. Die US-Wirtschaft hat, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), im 3. Quartal 2010 mit einer Jahresrate von 2,5% besser als erwartet abgeschnitten. Der am 1. Dezember veröffentlichte Konjunkturbericht der US-Notenbank Federal Reserve - das "Beige Book" - wies aus, dass die zwölf regionalen Fed-Niederlassungen "unter dem Strich von einer anhaltenden Verbesserung" der US-Konjunktur ausgehen. Diese Feststellung wird von anderen neueren Daten bekräftigt. Die Einzelhandelsumsätze im Oktober und November waren recht robust und führende US-Einzelhandelsketten verbuchten Ende November einen starken Start ins Feiertagsgeschäft, da die zyklischen Konsumausgaben zugenommen haben. Auch das Verbrauchervertrauen ist in den USA stärker geworden. Die Stimmung im Produktionssektor hellt sich ebenfalls auf. Die Unternehmen geben mehr Geld aus, die Industrieprodukten zog im November unerwartet kräftig an und die Unternehmensgewinne aus der laufenden Produktion erreichten im 3. Quartal ein neues Allzeithoch, da die Unternehmen von gesteigerter Nachfrage und Kostensenkungsmaßnahmen profitieren. Die US-Exporte schnellten im Oktober auf den höchsten Wert seit über zwei Jahren.

Es gab aber auch Enttäuschungen - vor allem auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote kletterte im November auf ein Siebenmonatshoch von 9,8%. Die Arbeitgeber schufen nur 39.000 neue Stellen, was weit unter den Prognosen der Wirtschaftsexperten lag, doch die Arbeitsmarktberichte für September und Oktober wurden nach oben korrigiert. Der lahme Arbeitsmarkt verstärkte die Besorgnis über einen "Aufschwung ohne Arbeit" und ist ein wesentlicher Grund für die Einigung zwischen der Regierung Obama und Kongressmitgliedern auf eine Verlängerung der unter George W. Bush eingeführten Steuererleichterungen Anfang Dezember.

Die Experten von Franklin Templeton Investment Services hoffen, dass sich die Verlängerung der Steuererleichterungen in den USA als maßgeblicher Katalysator für Unternehmensinvestitionen und Einstellungen im nächsten Jahr erweist, während die potenzielle Reduzierung der Lohnnebenkosten um 2% für ein Jahr - ebenfalls Teil der Abmachung - den Konsum anheizen könnte.

Die Analyse: Die Ankündigung eines Kompromisses in Bezug auf die Steuererleichterungen, die auf weitere fiskalpolitische Anreize in den USA hinausläuft - vor allem, da sie nicht mit neuen Initiativen zur mittelfristigen Haushaltskonsolidierung einherging - fiel mit einem bemerkenswerten Ausschlag bei den Renditen von Benchmark-Schatzanleihen zusammen. Die jüngste Volatilität der langfristigen Zinsen ist jedoch unbedingt im Kontext zu betrachten. Zunächst bewegten sich die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Kommentars immer noch auf historisch niedrigem Niveau von 3,4%. Außerdem zogen die Anleiherenditen bereits vor der Ankündigung der vereinbarten fiskalpolitischen Anreize an, worin sich das jüngste Aufleben der Konjunktur widerspiegelt. Die Renditen von Benchmark-Staatsanleihen sind in letzter Zeit auch in anderen Ländern gestiegen, darunter Deutschland, Großbritannien und Japan, worin sich eine Stabilisierung der Konjunkturaussichten für diese Länder niederschlägt. Überdies sind die kurzfristigen Zinsen nach wie vor niedrig, was aufgrund der immer noch erheblichen Output-Lücke in den USA und gedämpfter Inflationserwartungen auch noch einige Zeit so bleiben könnte. Anhaltende Staatsschuldenprobleme in Europa könnten das Potenzial für steigende längerfristige Zinsen ebenfalls begrenzen. Der jüngste Anstieg der Anleiherenditen scheint die Bemühungen der Fed, die Renditen durch das im November angekündigte neuerliche "quantitative Lockerungsprogramm" zu drücken, zunichte zu machen. Die Verfechter des Fed-Programms halten dagegen, dass die Sätze niedriger seien als ohne dieses Programm und dass eher mit einem Anstieg als mit einem Rückgang der längerfristigen Zinsen zu rechnen sei, da die Investoren von einer Konjunkturerholung ausgehen, die von dem Anleiheaufkaufprogramm zur quantitativen Lockerung nur noch verstärkt wurde, das bis nächsten Juni ein Volumen von 600 Mrd. US-Dollar erreichen könnte (je nach Datenlage).

"Manche glauben, dass die aktuelle Volatilität bei US-Schatzpapieren zeigt, dass nun nach einer langen Phase, in der der Markt fiskal- und währungspolitische Anreize toleriert hat, "Anleihenwächter" auf den Plan treten", so die Experten weiter. "Sie warnen vor den Gefahren eines eventuellen Inflationsanstiegs und eines US-Haushaltsdefizits, das sich nach Angaben mancher Analysten 2011 auf fast 10% des BIP belaufen könnte, falls der Kompromiss zur Verlängerung der Steuersenkungen aus der Ära Bush Gesetz wird". Steigende Bondrenditen würden am Ende merklich negative Effekte auf Hypotheken- und sonstige Kreditzinsen haben.

"Auch wir sind der Ansicht, dass ein fortgesetzter Anstieg der Anleihezinsen die Wirtschaft früher oder später vor Probleme stellen wird. Doch während alles nach einer Aufwärtsbewegung der langfristigen Renditen aussieht, wird die Fed, wie wir glauben, parat stehen, um potenzielle Schäden zu begrenzen - möglicherweise durch ihre Bereitschaft, ihr Programm zum Aufkauf von Papieren noch weiter zu verlängern. Eine optimistischere Bewertung der Situation würde auf andere Aufschwungsmotoren verweisen als Gegengewicht zum Anstieg der Zinsen für Hypotheken und Unternehmenskredite durch höhere Schatzpapierrenditen - zum Beispiel anziehende Aktienkurse. Die Inflationserwartungen sind zwar von August bis Mitte Dezember leicht gestiegen, entsprachen aber im Grunde dem langfristigen Inflationsziel der Fed von 2% oder lagen nur leicht darüber, was kein Problem darstellen sollte Aus eher fundamentaler Sicht wird unseres Erachtens immer klarer, dass die USA eine Deflationsfalle nach japanischem Muster vermeiden können. Es ist daher mit einem Anstieg der Benchmark-Renditen zu rechnen. Wir könnten eine allmähliche kontinuierliche Anpassung der Anleiherenditen erleben, die gleichzeitig gesteigertes Wirtschaftswachstum widerspiegelt, weiterhin gedämpfte Inflationsraten und fortgesetzten Fremdkapitalabbau in vielen Bereichen der US-Wirtschaft - allesamt Faktoren, die die Sorgen um die Defizitprobleme der US-Regierung verringern sollten. Hinzu kommt, dass die langfristigen Probleme der USA bei der Finanzierung des Gesundheitswesens oder anderer sozialer Sicherungsprogramme ganz anderer Art sind als die kurzfristigen Finanzierungsschwierigkeiten Griechenlands oder die Eventualverbindlichkeiten durch Banken, denen Irland ausgesetzt ist. Die Fed hat ferner signalisiert, dass sie rasch eingreifen und die Währungspolitik verschärfen wird, wenn das Wachstum auf festeren Füßen steht. Bei dem Kuhhandel, der der endgültigen gesetzlichen Umsetzung des Steuersenkungskompromisses unweigerlich vorausgehen wird, könnte es zur Entwicklung eines glaubwürdigen Plans zur mittelfristigen Reduzierung der Defizite kommen".

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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