Kommentar
06:15 Uhr, 09.07.2014

Firmenübernahmen als Crash Indikator: böses Omen?

Das Übernahmekarussell dreht sich immer schneller. Das sollte zu denken geben. Einer erhöhten Aktivität bei Unternehmenskäufen folgte bisher immer ein Crash auf dem Aktienmarkt. Wieso sollte es diesmal anders sein?

Erwähnte Instrumente

Hochmut kommt vor dem Fall

Als Anleger muss man gar nicht allzu viel analysieren, um festzustellen, dass das momentane Niveau an Fusionen und Übernahmen (M&A – Mergers and Acquisitions) ungesund ist. Wenn Facebook für einen Messenger-Dienst (WhatsApp)knapp 20 Mrd. USD hinlegt, dann hat das schon etwas Groteskes an sich. Es sind aber nicht nur Übernahmen im Kommunikations- und Technologiebereich, die für Furore sorgen. Pharmakonzerne können in diesen Tagen gar nicht mehr aufhören, große Übernahmen anzukündigen. Pfizer wollte AstraZeneca kaufen. Das Angebot lag bei 106 Mrd. USD. Der Kaufpreis läge beim zweifachen Jahresumsatz von Pfizer oder beim 6,6-fachen des Jahresumsatzes von AstraZeneca. Das ist schon fast eine Bewertung, wie man sie aus dem Technologiesektor kennt. Im Vergleich zum Jahresgewinn wird der Kaufpreis auch nicht besser. 2013 schrieb AstraZeneca gerade einmal 1,64 Mrd. Gewinn. Selbst zu den besten Zeiten, als AstraZeneca 6 Mrd. USD Gewinn schrieb, wäre der Kaufpreis mit einem KGV von 18 ziemlich hoch.

Ob Facebook oder Pfizer, als Anleger muss man sich fragen, ob solche Kaufpreise überhaupt Sinn machen können. Die klare Antwort: nein, sie machen keinen Sinn. Die Preise sind deutlich überhöht. Das ist ein Anzeichen dafür, dass sich der aktuelle M&A-Zyklus auf seinen Höhepunkt zubewegt – und das sollte zu denken geben. Nach M&A Exzessen kam es in den vergangenen 120 Jahren immer zu einer größeren Korrektur bei Aktien, egal welchen Sektors.

Betrachtet man die langjährige Historie, dann zeigen sich 5 solcher M&A Exzesse. Der erste fand um die vorige Jahrhundertwende von 1890 bis 1903 statt. Der Markt stieg in dieser Zeit erst um 100 %, um dann 30 % zu fallen. In der zweiten Welle vor 1929 stieg der Markt um knapp 200 %, um dann über 80 % zu fallen. Die nächste Zuspitzung gab es in den 60er Jahren. In dieser dritten M&A Welle stiegen die Kurse knapp 50 %. Einen Crash gab es danach nicht, allerdings eine jahrelange Stagnation mit Korrekturen bis 20 %. In den 80er Jahren stiegen die Märkte mit zunehmender M&A Aktivität an die 80 %. Der Crash von 1987 ist noch immer ziemlich berüchtigt.

Einen der ganz großen Exzesse erlebten wir allerdings Ende der 90er Jahre bis zum Jahr 2000. Der Dow Jones verdreifachte sich in dieser Zeit, vom Technologiesektor mal ganz zu schweigen. Wie es nach dem Platzen der Blase weiterging, wissen wir alle. Die letzte M&A Welle ließ trotz der schlechten Erfahrung nicht auf sich warten. 2007 erreichte die Anzahl an M&A bereits wieder das Niveau aus dem Jahr 2000. Was ein Jahr später geschah, ist noch gut in Erinnerung.

Und heute? Heute ist die Anzahl an Fusionen und Übernahmen noch nicht wieder auf dem Niveau von 2000 und 2007, aber es geht in diese Richtung. Ebenso ist das Volumen in Mrd. USD auf dem Vormarsch. Übernahmen wie sie Facebook oder Pfizer anstreben, tragen erheblich dazu bei.

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Betrachtet man die Historie, dann fällt sehr deutlich auf, wie eng der Zusammenhang aus hoher M&A Aktivität und Übertreibungen auf dem Aktienmarkt ist. Den wirklich großen Crashs der letzten 120 Jahre gingen immer Exzesse im M&A Bereich voraus. Dabei sind die vielen Übernahmen nicht allein Ursache für Übertreibungen, sondern vielmehr Symptome. Es werden besonders viele Übernahmen angekündigt, wenn die Aktienkurse hoch sind. Das klingt etwas paradox, weil hohe Kurse bedeuten, dass auch mehr gezahlt werden muss. Betriebswirtschaftlich macht es mehr Sinn zu kaufen, wenn ein Unternehmen gerade nicht so viel wert ist. Das geschieht in der Praxis aber kaum. Als Anleger finde ich das etwas befremdlich. Das Mantra guten Investierens ist doch schließlich, billig zu kaufen und teuer zu verkaufen. Bei Übernahmen gilt dieses Gesetzt anscheinend nicht. Hier wird erst zugeschlagen, wenn der Preis hoch ist. Das wird gemacht, obwohl unzählige Untersuchungen gezeigt haben, dass die meisten M&A-Deals keinen Mehrwert schaffen, sondern sogar Vermögen vernichten.

Wenn Unternehmen auf Einkauftour gehen...

... dann sollten Aktionäre sehr gut aufpassen. Die meisten Fusionen und Übernahmen schaffen keinen Wert. Das war historisch so und hat sich in den vergangenen 120 Jahren nicht geändert. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das einmal ändert, ist sehr gering. Daher sollten Aktionäre sehr gut hinhören, wenn Pläne für Zukäufe veröffentlicht werden. Dabei muss man allerdings zwischen Aktien des Käufers und des Zielunternehmens unterscheiden. Als Aktionär des Kaufkandidatens kann man sich durchaus glücklich schätzen. In den M&A Wellen der letzten 120 Jahre waren die Renditen immer deutlich positiv. Wurde die Übernahme mit Aktien bezahlt, dann lag die Rendite zwischen 10 und 23 %. Wurde die Übernahme mit Cash gestemmt, dann lag die Rendite noch einmal deutlich höher mit 17 bis 35 %.

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Auf der anderen Seite stehen die Aktionäre des Käufers. Hier liegt die Rendite zwischen Veröffentlichung der Pläne und Abwicklung des Kaufs zwischen -3 und +4 %. Das ist noch nicht beunruhigend. Alarmierend ist der langfristige Kursverlauf der Aktien. Hier ist eine systematische Underperformance zum Markt zu beobachten. Im ersten Jahr nach der Übernahme ist die Abweichung zum Markt meist noch positiv. Vom zweiten bis vierten Jahr wird sie tendenziell immer negativer. Ab dem fünften Jahr bewegen sich die Aktien dann wieder mit dem Markt. Für Anleger macht es daher Sinn, Aktien nicht allzu lange nach Abwicklung der Übernahme zu halten. Ansonsten laufen sie Gefahr, eine Underperformance zum Markt zu generieren.

Die Aufgabe von Unternehmensmanagern ist es, für Aktionäre Mehrwert zu schaffen. Die Historie zeigt allerdings immer wieder eindrucksvoll, dass das nicht gelingt. Und trotzdem wird immer wieder aufs Neue an Übernahmeplänen gearbeitet, obwohl es den Aktionären mehr schadet als nützt. Wieso entscheiden sich Manager dann überhaupt für Übernahmen? Dieser Frage gehe ich in Teil II des Artikels in zwei Wochen nach.

Viel Erfolg

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  • 3433
    3433

    Tja,so ist es,die einstigen 20000-ender Erklimmer kriegen jetzt reihenweise,sagen wir mal,leichte Bedenken.Aber ich schwör's,

    es werden nach dem Knall wieder genau die Gleichen sein,die sich in der Sonne der "schon immer wissenden Warner" räkeln werden,die einige Monate und noch länger vorher diejenigen als Verschwörer abgehandelt haben,die es wagten,etwas gegen das heilige System zu sagen.

    12:37 Uhr, 09.07.2014
  • markuss
    markuss

    Der große Knall kommt schon ... auch wenn die Warner davor immer noch belächelt werden :)

    09:47 Uhr, 09.07.2014
  • Daniela
    Daniela

    Die meisten Übernahmen gehen mit steigenden Kursen einher, egal ob es sich um eine Blase handelt oder nicht. Natürlich ist es wünschenswert, „möglich günstig“ zu kaufen, dennoch ist es meistens eine Utopie.
    Wenn die Kurse unten sind, schwächeln nicht nur die Kurse sondern auch das Geschäft. Die Unternehmen investieren ihre Rücklagen anderweitig; sie wollen ihre Produktionen, ihre Vorreiterrollen etc aufrechterhalten.
    Derzeit steigen die Kurse, manche sprechen von einer Blase, folglich M&A Geschäft floriert. Dies aber als ein Anzeichen eines bevorstehenden crash zu sehen, ist sehr weit hergeholt. Man kann genauso gut sagen, jede Blase platzt irgendwann mal.
    Aber …floriert das M&A Geschäft wirklich? Wir haben seit 2007 den höchsten Stand, ca 1,8 Billionen usd. Dennoch ist die Anzahl der Übernahmen rückläufig. Diese liegt am niedrigsten Stand seit 2005. Dieses Jahr handelte sich um 18217 Transaktionen.
    Die Gründe für Übernahmen liegen auf der Hand…Zinsen sind niedrig wie sonst nie, der Konkurrenzkampf durch die steigende Globalisierung sehr stark, vorhandene (steuerfreie) Bargeldreserven. In den USA wurden dieses Jahr so viele Aktienrückkaufprogramme beschlossen wie noch nie.
    Wir haben derzeit mit einer einmaligen Situation zu tun, und davon einen Crashindikator ableiten zu wollen, ist mehr als gewagt. Da würde ich mich eher nach credit sensitiven Werten umschauen, was ich persönlich mache.
    Auch Synergieeffekte sind nicht zu unterschätzen, es ist einfacher ein neues Geschäftsfeld zu zukaufen als neu zu entwickeln.
    Auch beim Preis kann man nicht immer sagen, dass er zu teuer ist. Oft weiss man erst nach Jahren, ob sich der Zukauf rentiert hat.
    Das Angebot für AstraZeneca war angemessen.
    Nur zur Erinnerung…Roche wollte für Illumina ca 52 usd zahlen, das Angebot wurde nicht angenommen. Mehr wollte Roche nicht zahlen, war das zu wenig? Heute notiert ILMN bei 178 usd.

    14:44 Uhr, 08.07.2014
  • student
    student

    Sehr geehrter Herr Schmale, vielen Dank für ihren Fingerzeig mit diesem Artikel.

    Bei ihrer letzten Rede hat Janet Yellen dargelegt, dass für systemrelevante Firmen und Institutionen ein finanzieller Schirm aufgespannt wird, sollten die in Schieflage geraten. Was aus dieser Rede folgt, ist, dass diese auserwählten Firmen alles kaufen können - zu jedem Preis. Diese "Exzesse" werden somit voll durch die FED und der EZB unterstützt.

    Gleichzeitig werden Halter von US-Anleihen durch das TAPERING enteignet. Was die Chinesen und Japaner nicht gerade freut . . .

    Das alles geschieht nicht zum Wohle der Allgemeinheit, aus deren Arbeitsleistung der einzig wahre Wert entsteht. Die Frage ist, wem die FED und deren kleiner Bruder, die EZB, dient . . .

    13:03 Uhr, 08.07.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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