Kommentar
17:38 Uhr, 14.12.2014

FDAX und Bund-Future: Handelstagebuch vom 15. Dezember 2014

Das Gesamtbild trübt sich im FDAX weiter ein, am Freitagabend folgten auch erste breitere institutionelle Hedge-Verkäufe über den Future.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 9.594,73 Punkte (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Euro-Bund Future
    ISIN: DE0009652644Kopiert
    Kursstand: 154,75 % (Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Befragt man den Kreis derer, welche die Anlagen von Kundengeldern bei Fonds und Vermögensverwaltungen verantworten, hört man immer mehr die offen ausgesprochene Sorge vor einem „deflationären Schock“, welchen der straff südwärts zeigende Öl-Preis verursachen könnte. Damit scheinen zunehmend die Stimmen überschrien zu werden, welche im schwachen Öl-Preis eine Konjunkturspritze für die globale Volkswirtschaft sehen. Neben den allgemeinen deflationären Risiken, welche am Ende der Ereigniskette nun übergewichtet zu werden scheinen, drängt sich auch immer mehr die Frage nach den wirklichen Ursachen des niedrigen Öl-Preises auf: liegt es an einer tatsächlichen, gewollten Überproduktion oder (was als schlimmer eingeschätzt werden würde) an sinkender Nachfrage? Wäre der letzte Aspekt der entscheidende Grund, dann würde dies heißen, dass die Konjunktur weltweit langsamer läuft, als bisher erwartet. Nahrung erhält diese Befürchtung durch eine Einschätzung der International Energy Agentur (IEA), welche trotz des bereits gesehenen Öl-Preis-Absturzes von über 40 Prozent seit Juni diesen Jahres, ihre Prognose für das Öl-Nachfragewachstum in 2015 absenkte. Einige Experten rechnen jetzt mit einem WTI-Preis von 50 USD.

Und wie es immer so ist, haben wir ein allgemeines Problem, auf dem alle herumkauen, tauchen weitere Belastungsfaktoren am Horizont auf: Griechenland und Russland. „Angesichts drohender Neuwahlen mit einem möglichen Sieg der eurokritisch eingestellten und wenig kompromissbereiten Linken ist der Aktienmarkt in Athen in den vergangenen drei Tagen um über 20 Prozent eingebrochen“, schrieb DJNW am Freitagabend in einem Begleitkommentar. Gleichzeitig schnellten die griechischen Renditen kräftig nach oben. Am Freitag hielt sich die Börse in Athen vergleichsweise gut und zeigte sich nur wenig verändert. In Moskau ist der dollardenominierte RTS-Index indes auf den niedrigsten Stand seit April 2009 gefallen vor dem Hintergrund der anhaltenden Rubel- und Ölpreisschwäche.

Neben all den kritischen Interpretationen, werten einige befragte Experten die derzeit so stark diskutierten Negativfaktoren als Grund für die Verkäufe an den Aktienmärkten. So seien Ermüdungserscheinungen im Vorfeld ja aufgetreten (ins Feld werden messbare Überhitzungen und divergente Entwicklungen geführt), so dass der schwache Öl-Preis, das etwas nachlassende Wachstum in China, die Entwicklung in Japan, Griechenland und Russland nun willkommene Veranlassungen liefern, Kasse zu machen.

Auffallend ist bis jetzt allerdings auch, dass der breite Markt - bis auf Freitagnachmittag – von Verkäufen institutioneller Investoren weitestgehend verschont geblieben ist. Das schließt nicht aus, dass in Einzelwerten oder Sektoren verkauft wurde, aber Sicherungsverkäufe im Future sahen wir wohl erst am Freitagnachmittag. Damit zeigt das eingetrübte Umfeld erst jetzt langsam seine Wirkung, auch bei den bisher robusten Institutionellen.

FDAX

Unter technischen Gesichtspunkten zeigte bereits der letzte Donnerstag erste auffällige „Risse“ innerhalb des bis dahin noch gültigen Aufwärtstrendkanals. Zwar hatte der FDAX bereits am Mittwoch den dritten Tag in Folge den Aufwärtstrendkanal nach unten hin durchschritten, hatte die untere (wenigstens signaltechnisch bedeutende) Kanalbegrenzung jedoch noch nicht verletzt. Kritisch im weiterführend statistischen Sinne hatten wir nach dem Mittwoch-Tagestief (9.735) und Mittwoch-Schlusskurs (9.740) jedoch bereits angemerkt, dass das errechnete erste Reaktionsziel (Minimumkorrektur) bei 9.793 / 9.744 Punkten unterschritten und diese Entwicklung per Schlusskurs bestätigt wurde. Eine weitere Eintrübung der Ausgangslage schätzten wir am Donnerstagabend ein, nachdem der Erholungsansatz innerhalb des Kanals scheiterte und der FDAX mit Ausbildung eines shootingstars in den Feierabend ging. Der Freitag brachte dann den Bruch des Trendkanals im Sinne seiner bisherigen Definition mit sich und zementierte diesen mit dem Fall unter das bis dahin gültige Reaktionstief bei 9.735.

In der Konsequenz aus dieser Entwicklung wurde das zweite Reaktions-Ziel, die Normalkorrektur bei 9.626 „interessant“, welche am Freitagabend erreicht und ebenfalls unterschritten wurde. Mit einem Tief bei 9.544,50 und einem Schlusskurs bei 9.545 Punkten, steht jetzt das dritte rechnerische Reaktions-Ziel (die Maximumkorrektur) zur Disposition. Diese leitet sich in der Spanne um 9.508 / 9.460 her. Mit Blick auf eine mögliche Jahresend-Rallye (nach Abschluss der Reaktion), einhergehend mit einem neuen Bewegungshoch (also Kursen über 10.127), ist jetzt statistisch nur noch mit einer etwa 32 prozentigen Eintrittswahrscheinlichkeit zu rechnen.

FDAX-und-Bund-Future-Handelstagebuch-vom-15-Dezember-2014-Kommentar-Uwe-Wagner-GodmodeTrader.de-1

Wie diagnostizieren wir jetzt den Markt? Der FDAX befindet sich in einer Reaktion auf die kräftigen Käufe der Vorwochen, beginnend Mitte Oktober und bis Anfang Dezember anhaltend. Bezogen auf diese Gesamtwegstrecke, ausgehend vom Tief bei 8.350 Punkten und sich erstreckend bis zum Bewegungshoch bei 10.127 Punkten, ist im Grunde bis jetzt noch nicht viel passiert. Auch wenn schon wieder überall von „Crash“ und „Kollaps“ geschrieben wird, müssen wir uns vor Augen halten, dass das minimale Reaktionspotential, gemessen auf genannte Gesamtstrecke, bis jetzt noch immer nicht ausgeschöpft ist, bestenfalls knapp erreicht. Das heißt, der FDAX steht in diesem Maßstab jetzt erst knapp vor Erreichen der errechneten 9.535 / 9.448 Punkte. Damit gehen bei einem institutionellen Investor noch keine Alarmanlagen an, was wir bis jetzt auch in überwiegend moderaten Hedge-Aktivitäten gesehen haben. Setzt sich der Abschwung jedoch fort, könnten hier Absicherungsaktivitäten auffälliger werden, sollten aber bevorzugt über den FDAX kommen, da wir kaum damit rechnen, dass von institutioneller Seite mit dem Aufbau von Cash-Beständen vor Jahresende begonnen wird.

Markttechnisch trübt sich das Bild ebenfalls ein. Der Tageschart zeigt mittlerweile nicht nur eine abnehmende Schwungkraftentwicklung, sondern bereits eine Beschleunigung der Abwärtsdynamik. Der Richtungsfilter ist noch neutral, hier sollte aber zu Wochenbeginn, spätestens am Dienstag ein set-up-Wechsel auf short auftreten.

FDAX-und-Bund-Future-Handelstagebuch-vom-15-Dezember-2014-Kommentar-Uwe-Wagner-GodmodeTrader.de-2

Sehen wir uns aktuell gültige Unterstützungsebenen an: Tages-, als auch Stundenchart lassen eventuell noch die Niveaus um 9.510 und 9.385 zu. Wir gehen aber davon aus, dass es sich hier nicht mehr um substantielle Unterstützungen handelt (wir unterstellen hier keine Positionsschieflagen mehr), sondern nur um Niveaus, welche der Markt „sieht“ – was ihre Zuverlässigkeit in Frage stellt.

Auf der Oberseite leiten wir mögliche Widerstände her in den Bereichen um 9.630 und darüber um 9.696 bis 9.751 / 9.762 / 9.772.

Errechnen wir der Vollständigkeit wegen noch die Reaktionspotentiale auf der Oberseite: bezogen auf den „kleinsten“ und „jüngsten“ Bewegungsfraktalsabschnitt von 9.911 bis zum Tief am Freitag bei 9.544,50: diese lauten für die Minimumkorrektur 9.666 / 9.684, für die Normalkorrektur 9.727 und für die Maximumkorrektur 9.770 / 9.788. Dehnen wir die Wegstrecke auf das gesamte Reaktionsfraktal aus, lauten die Marken 9.729 bis 9.756 (Minimumkorrektur), 9.821 (Normalkorrektur) und 9.886 bis 9.913 (Maximumkorrektur).

Wollen wir Szenarien definieren: ist das derzeit wohl zu präferierende Szenario abwärts ausgerichtet, wobei wir das übergeordnete minimale Reaktionsziel 9.535 bis 9.448 im Auge haben. Darin eingebettet liegt das maximale Reaktionsziel auf den letzten aufwärts ausgerichteten Fraktalabschnitt bei 9.508 bis 9.460 – damit ist die Spanne um 9.500 sehr interessant.

Umdenken, auf eine Reaktionserholung hin, werden wir, sofern sich intraday „etwas tut“ (wir werden dies im Stream diskutieren) oder / und wenn sich ein entsprechendes Muster im Tageschart von Montag ausbildet.

Für Montag unterstellen wir, dass zu Handelsbeginn Shorts im Markt liegen. Wir werden über den frühen Vormittag darauf achten, ob sich hier intraday irgendetwas in den Büchern ändern wird. Sollte uns diesbezüglich auffallen, werden wir darauf reagieren und dies im Stream diskutieren.

Bund-Future

Der Bund-Future ist und bleibt vorerst bis auf Weiteres der Hauptprofiteur der aktuellen Lage, besonders der Sorge vor Deflation und Wirtschaftsabschwung. Der Aufwärtstrend ist intakt, sowohl im Tages-, wie auch Wochenchart. Darüber hinaus erfüllt dieser alle Beurteilungskriterien, chart-, wie auch markttechnisch.

FDAX-und-Bund-Future-Handelstagebuch-vom-15-Dezember-2014-Kommentar-Uwe-Wagner-GodmodeTrader.de-3

Sinnvolle Widerstände liegen uns keine vor, zur Orientierung könnten wir das Bewegungshoch bei 154,80 definieren. Mit Unterstützung rechnen wir in den Bereichen um 154,60, darunter um 154,51 und dann um 154,33 und 153,96.

Aus Sicht der Stärkeentwicklung ist der FGBL unverändert überkauft, Divergenzen liegen ebenfalls vor, doch für sich genommen, ist der Aufwärtsimpuls unverändert stabil und stetig und für einen Einschätzungswechsel benötigen wir erst eine entsprechend ausgeprägte Indikation.

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Callito
    Callito

    ​sehr geehrter Herr Wagner,

    herzlichen Dank für diesen Beitrag, insbesondere für den vorherigen. Mich würde

    ein aktueller Punktestand Ihrer Performance (Chart) interessieren.

    Wäre klasse wenn Sie dies nochmal veröffentlichen könnten.

    Vielen Dank und alles beste, frohes Weihnachtsfest und alles Gesundheit, Erfolg und Glück für Sie und Ihrer Familie im Jahr 2015 und darüber hinaus.

    Beste Grüße Callito

    19:40 Uhr, 14.12.2014

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Uwe Wagner
Uwe Wagner
Technischer Analyst und Trader

Uwe Wagner arbeitete bereits während seines Wirtschaftsstudiums als Maklergehilfe an den Börsen in Berlin, Wien und Madrid. 1991 trat er dann in die Deutsche Bank AG ein, wo er eine fundierte Ausbildung im Wertpapier- und Derivatehandel erhielt – in Frankfurt/Main sowie in Chicago im International Trading Institute unter dem bekannten Warenhändler Toni Saliba. Innerhalb der Deutschen Bank AG durchlief Wagner diverse Etappen im Handelsbereich. So betreute er als DTB Market Maker zunächst diverse Werte, verantwortete anschließend den Options- und Future-Handel in der Deutsche Bank S.A. in Madrid und mehrere Jahre die spekulative Verwaltung von Teilen des Eigenkapitals der Bank über DB Advisor. Wagner baute innerhalb der Deutsche Bank AG das damals erste Internet-Tool für Technische Marktanalysen (dbS-Trade) auf und führte den systembasierten Handel in Future-Märkten. Sein Schwerpunkt liegt seit über 20 Jahren auf dem FDAX und dem Bund-Future-Markt, den er täglich analytisch seziert, um daraus Handelsszenarien zu entwickeln und diese dann auch aktiv umzusetzen. Seit 2003 lebt und arbeitet Wagner in Hamburg. Uwe Wagner ist aktiv im FDAX und Bund-Future tätig.

Mehr Experten