Kommentar
17:41 Uhr, 19.08.2014

FDAX: "Nabelschau" - Eine große Kauforder dominierte den Markt und wurde perfekt abgehandelt!

Wie läuft das eigentlich mit solch einer Order? Was macht der Händler da? Wie dominiert er den Markt?

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 9.338,56 Punkte (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Euro-Bund Future
    ISIN: DE0009652644Kopiert
    Kursstand: 150,13 % (Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Tagesrückblick

Fehlten gestern noch auffällige Orders von institutioneller Seite, dominierte heute eine sehr professionell abgearbeitete Order aus dieser Richtung den Markt. Bereits vor 09:00 Uhr sahen wir nahezu reaktionsfreie Käufe, welche uns vor Kasseeröffnung erwarten ließ, dass in diese Richtung hin heute „etwas laufen könnte“.

Sehen wir uns den 3 Minuten-Chart des FDAX bis 17:00 Uhr an (zu der Zeit sollte die Order wohl abgearbeitet gewesen sein), fällt auf, wie stetig zunächst in überschaubar kurzer Zeit der Future „hochgekauft“ wurde (auch hier nahezu ohne auffällige Reaktionen), um dann oberhalb der 9.320 über die längste Phase des Handelstages die Stücke einzusammeln. Damit konnte der Händler einen „sauberen Schnittkurs“ nachweisen, dem auch seine Ausführungen entsprechen, was von hoher Professionalität zeugt.

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Wie läuft eine solche Orderabwicklung ab? Vergegenwärtigen wir uns: die Aufgabe des Händlers, der die Order im Auftrag eines Kunden über den ganzen Handelstag abarbeitet ist, alle Ausführungen möglichst zu einem guten Kurs zu bekommen, so dass der rechnerische Schnitt möglichst nicht über dem Tagesdurchschnitt liegt. Die Risiken des ausführenden Händlers sind: (a) weitere Orders, welche ihm den Schnitt verderben, (b) Nachrichten, welche den Markt zu heftig bewegen (egal in welche Richtung), (c) andere, marktbeeinflussende Effekte. Für den Händler ist es folglich wichtig, keine zu heftigen Kursbewegungen zu provozieren und sich den Kurs nicht durch andere Marktteilnehmer hochkaufen zu lassen. Damit wird deutlich, dass eine oft geäußerte Vermutung, solche Händler würden andere Käufer anlocken wollen, wiederlegt. Im Gegenteil: ein solcher Händler sucht moderate Verkäufer.

Versetzen Sie sich in dessen Lage. Was würden Sie tun, um eine solche Order im Kundeninteresse auszuführen? Dieser Händler hat es geschickt gemacht:

(a) Wir befinden uns in einer ungewissen Lage. Der FDAX Kurs ist bereits wieder im Ansteigen, es gibt Unmengen an Anlagekapital. Nach dem gestrigen Tag bestand durchaus das Risiko, dass heute weitere Käufer in den Markt kommen.

(b) Folgerichtig entschied sich der Käufer, zunächst rasch den Markt auf über die beachtete 9.300 zu heben. Damit machte er den Markt zwar zunächst „teuer“, erreichte aber ein Niveau, welches viele Akteure als „Tageshoch“ identifizieren könnten und bereit wären, eher zu verkaufen, als unterhalb der 9.300. Wären Sie nicht auch eher bereit, heute um 9.320 / 9.330 zu verkaufen? Besonders wenn es früh so schnell und aggressiv so hoch ging? Alles war schön überkauft usw.

(c) Jetzt musste er das Niveau halten, möglichst über den ganzen Tag, mit möglichst wenig Schwankung. Warum? Jetzt würde sich die absolute Mehrzahl der Umsätze in einer engen Spanne ergeben und seine Hauptmenge an gekauften Kontrakten läge im Durchschnitt extrem nah am rechnerischen Mischkurs. Starke Anstiege oder deutliche Rücksetzer konnte er absolut nicht gebrauchen und er hat es exzellent geschafft, den Kurs des FDAX in einer überschaubaren Spanne zu halten, obwohl er nahezu ununterbrochen auf der Käuferseite tätig war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er auf der Oberseite bei 9.340 / 9.350 auch auf der Briefseite auftauchte, um zu deckeln, aber ich glaube, das war nicht nötig. Eine weitere Großorder war nicht im Markt, das Timing war folglich gut.

Wie wird abgerechnet? Nach aufsichtsrechtlichen Vorgaben, wird dem Kunden jeder einzelne Trade abgerechnet (kein Mischkurs). Aber zur Bewertung der Ausführung, werden Mischkurs der Ausführung und Mischkurs des Marktes verglichen. Und da muss er heute perfekt gelegen haben.

Damit zeigt sich wieder einmal, dass wir als „mitschwimmende“ Trader nicht nur verstehen müssen, wie man einen Markt technisch analysiert, sondern wir müssen auch (wenn nicht noch mehr) verstehen, was andere Marktteilnehmer machen, beabsichtigen und welche Handschrift sie verwenden. Wir müssen die Spuren derer erkennen und richtig lesen können.

Wir werden im heutigen Webinar das Thema vertiefen.

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3 Kommentare

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  • Trader T
    Trader T

    Guten Tag Herr Wagner,

    in Ihrem Beitrag wird beschrieben, wie ein Händler eine große Order gut abwickelt.

    Die Frage für mich ist, wie erkenne ich am Schirm, dass eine solche Order in Bearbeitung ist.

    Mit besten Grüßen

    Trader T

    09:48 Uhr, 20.08. 2014
  • Trader T
    Trader T

    09:43 Uhr, 20.08. 2014
  • HiTo
    HiTo

    ​Grandioser Artikel!

    Leider konnte ich diese Spur heute noch nicht ganz erkennen (war trotzdem ein erfolgreicher Handelstag), aber dieser Artikel erschließt sich in meiner Nachanalyse wirklich gut. Vielen Dank!

    Ich hoffe die Vertiefung wird ebenfalls im 3-Monatsrythmus wiederholt (konnte leider nicht am Webinar teilnehmen)

    Viele Grüße und hoffentlich bis bald,

    HiTo

    19:13 Uhr, 19.08. 2014

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Über den Experten

Uwe Wagner
Uwe Wagner
Technischer Analyst und Trader

Uwe Wagner arbeitete bereits während seines Wirtschaftsstudiums als Maklergehilfe an den Börsen in Berlin, Wien und Madrid. 1991 trat er dann in die Deutsche Bank AG ein, wo er eine fundierte Ausbildung im Wertpapier- und Derivatehandel erhielt – in Frankfurt/Main sowie in Chicago im International Trading Institute unter dem bekannten Warenhändler Toni Saliba. Innerhalb der Deutschen Bank AG durchlief Wagner diverse Etappen im Handelsbereich. So betreute er als DTB Market Maker zunächst diverse Werte, verantwortete anschließend den Options- und Future-Handel in der Deutsche Bank S.A. in Madrid und mehrere Jahre die spekulative Verwaltung von Teilen des Eigenkapitals der Bank über DB Advisor. Wagner baute innerhalb der Deutsche Bank AG das damals erste Internet-Tool für Technische Marktanalysen (dbS-Trade) auf und führte den systembasierten Handel in Future-Märkten. Sein Schwerpunkt liegt seit über 20 Jahren auf dem FDAX und dem Bund-Future-Markt, den er täglich analytisch seziert, um daraus Handelsszenarien zu entwickeln und diese dann auch aktiv umzusetzen. Seit 2003 lebt und arbeitet Wagner in Hamburg. Uwe Wagner ist aktiv im FDAX und Bund-Future tätig.

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