Kommentar
12:03 Uhr, 02.02.2015

EZB plant dauerhaftes Quantitative Easing

Staatsanleihenkäufe bis September 2016? Nein, es könnte auch viel länger dauern. Denn die EZB knüpft die Bedingungen für ein Auslaufen des Programms an einem für sie kritischen Wert an, der womöglich nicht erreicht werden kann.

Benoit Coeuré, Direktoriumsmitglied aus Frankreich, hat heute nochmal klargestellt, dass QE nur dann im September 2016 endet, wenn das Inflationsziel der EZB erreicht wird.

Darüberhinaus wurden sogar über das beschlossene QE hinausgehende Maßnahmen in den Raum gestellt, sollte sich die Teuerungsrate nicht auf das von der Steuerungsbehörde gewünsche Niveau einpendeln.

Die EZB spricht, im Gegensatz zu allem was einem der gesunde Menschenverstand sagt, nur bei einer Inflationsrate von knapp unter 2% von Preisstabilität.
Eine Inflationsrate von z.B. 0,9% p.a. sieht die EZB nicht als Preisstabilität an.

Wenn man bedenkt, dass durch etliche globale Veränderungen das Erreichen von Inflationszielen in den Industrienationen nicht mehr annähernd so einfach ist wie früher, muss man den Eindruck gewinnen, die EZB wolle QE als Dauerinstrument etablieren.

Selbst wenn es 2016 gelänge, die 2% zu erreichen. Was ist, wenn wir 2017 oder 18 oder 19 wieder bei 0,9% sind? Was ist dann?

Geht es in Wirklichkeit schlicht darum, die Staatsdefizite zu finanzieren?

Folgende Aussage Coeurés ist besonders verräterisch:

"Das Programm der EZB zum Kauf von Staatsanleihen gibt den Regierungen die Chance, Strukturreformen durchzuführen."

Hier wird ziemlich unverhohlen zugegeben, dass die EZB die Staaten quasi zwischenfinanziert.
Ein ganz klarer Vertragsbruch

Die EZB darf keine Staatsfinanzierung betreiben. Das war die Bedingung dafür, dass Deutschland überhaupt dem Euro beitritt.

Die Zinsfestsetzungs-und Preislenkungsbehörde mit Sitz in Frankfurt missbraucht recht dreist das Deckmäntelchen Preisstabilität, um dieses Verbot zu umgehen.

Es führt daher kein Weg daran vorbei, dass entweder ein Gericht genau klärt, ob die EZB überhaupt mit allen Mitteln ein Inflationsziel verfolgen darf (der Gesetzestext gibt das nicht her) oder aber das Mandat der EZB entsprechend geändert wird.

Am besten wäre es natürlich, alle wichtigen Zentralbanken gäben ihre fixen Inflationsziele auf und würden zu einer reinen Geldmengensteuerung übergehen. Auch ein breites Band (z.B. Definition Preisstabilität von 0-2% p.a.) könnte Sinn machen. Man muss die Realitäten anerkennen - das gilt für die Politik ebenso wie für Manager und Zentralbanker.

Die Fixierung auf einen engen Wert zeugt von nichts als Hybris. Preise müssen in einer freien Marktwirtschaft frei atmen können - wenn dies für Einzelpreise gilt, dann muss dies denklogisch auch für statistische Warenkörbe richtig sein.

39 Kommentare

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  • 0815
    0815

    ​@bembes: Verträge na und :D Es gibt auch Verträge die besagen, dass die Mitgliedsstaaten nicht füreinander haften na und wen interessierts :D Genauso Klagen - schon fast ein Witz. Die Institutionen beschießen sich doch nicht gegegenseitig. Die Richter waren doch vorher Funktionäre und wurden von den Aktuellen Herrschern eingesetzt - also da wirds keinen ernsthaften Widerstand geben.

    @ Raggamuffin: Wenn 100% der Staatschulden der Notenbank gehören kann man die ja auch einfach mal so aus den Büchern streichen ;) Wenn das einer macht ist die Währung im Außenwert tot - wenn das alle machen... ;) Möglicher Systemreset ohne große Verwerfungen.

    Zur Zinsstruktur: Es ist zwar nicht im Sinne des Erfinders und sehr viele Mächtige würden dagegen erheblichen Widerstand leisten - Aber eine gewisse Entschärfung würde das durchaus bringen genauso wie Inflation. Die Schuldenproblematik wird dadurch allerdings nicht gelöst und eine massive zusätzliche Verschuldung würde sich einstellen.

    Ich denke Finanzielle Repression ist und bleibt das Ziel der Notenbanken - Sparer enteignen und die Staaten bei ansteigender Inflation durch Anleihekäufe vor steigenden Zinsen schützen.

    14:18 Uhr, 02.02.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Raggamuffin
    Raggamuffin

    Staatsfinanzierung, ja und?

    1. Jede Nationalbank darf nur gemäß Anteil der Nationalbank an der EZB Staatsanleihen des eigenen Staates kaufen.

    2. Es dürfen nur (glaub 20% oder 30%) der ausstehenden Schulden gekauft werden (immer gemäß Anteil an EZB)

    3. Zusammengefasst dürfen nur (20% oder 30%) der gesamten ausstehenden Staatsanleihen der Eurozone gekauft werden.

    4. Alles nur am Sekundärmarkt

    5. Ich wiederhole nur gemäß Anteil der Nationalbank an der EZB

    Das sind mal die Fakten.

    Nun zur angeblichen Staatsfinanzierung, die nur durch die Gewinnausschüttungen der nationalen Zentralbanken an ihren Staat (meist Eigentümer der Zentralbank) stattfindet.

    Der Staat zahlt Zinsen an die Anleihegläubiger ;in dem fall dann die Nationalen Zentralbanken, welche dann ihre Gewinne an die Staaten Ausschütten.

    Das Einzige was hier passiert ist die ZINSFREIE Staatsfinanzierung.

    Sehr gut für den Steuerzahler würde ich meinen ;-)

    Weiters wird die Exponentialkurve des Zinseszinses abgeflacht und damit der Systemcrash hinausgeschoben, viell. sogar verhindert?

    öehm verhindert?

    Ja, verhindert - Stellt euch vor es gibt für Kredite Zinsen und der Sparer muss Zinsen zahlen. Keine blöde Idee eigentlich, da der Sparer prinzipiell dafür bestraft werden muss, das Geld nicht zu konsumieren sondern dem Geldkreislauf zu entziehen. Im Gegenzug würde der Kreditnehmer belohnt weil er sofort konsumiert, die wirtschaft ankurbelt und das geld im Fluss bleibt. Ein paar Jahre so eine Zinsstruktur und die Exponentialkurve flacht ab und reversed, System gerettet :D

    13:32 Uhr, 02.02.2015
    2 Antworten anzeigen
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    Ich möchte mal wissen, was die EZB macht, wenn wir jetzt in eine Rezession gehen.

    13:25 Uhr, 02.02.2015
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    http://www.zerohedge.com/news/2015-01-30/denmark-you-are-now-paid-take-out-mortgage

    13:24 Uhr, 02.02.2015
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    ​Die Fixierung auf eine Ziel-Inflationsrate von 2% muss mir mal einer erklären. In einem stark verschuldeten Umfeld kommt es über kurz oder lang immer zu einer Deflation. Die kann niemand verhindern.

    Um so länger QE dauert, um so besser geht es D. Der Rest geht weiter in den Abgrund. QE verschiebt nur den Crash an den Märkten bzw. den Systemkollaps.

    Das nächste was passiert ist die Freigabe der Dänenkrone. Die werden die im dem Wechselkursband nicht halten können.

    In Dänemark gibt es jetzt übrigens die Baufi zum negativen Zinssatz!

    13:08 Uhr, 02.02.2015
    2 Antworten anzeigen
  • House of Doom
    House of Doom

    ​Die Franzosen haben die DM immer als die deutsche Atombombe bezeichnet. Frankreich hatte ein Vetorecht bzgl. der Wiedervereinigung.

    Gibt es irgendein Land in der Welt, dass freiwillig seine besten Waffen abgibt - seien sie nun militärischer oder ökonomischer Herkunft?

    13:03 Uhr, 02.02.2015
  • whynot
    whynot

    sorry, man kann seinen Kommentar leider - einmal abgeschickt - nicht mehr editieren. Jetzt richtig:

    Bei dem ganzen QE macht die EZB einen entscheidenden Denkfehler (oder sie führt bewußt in die Irre), sie verwechselt die Krankheit mit dem Symtom: wächst die Wirtschaft, kommt es (oder kann es) zu Inflation (kommen), aber das klappt doch nicht umgekehrt. Inflation ist doch kein Auslöser von Wirtschaftwachstum. Steigen die Preise, geht die Nachfrage zurück. Ich initiiere doch nicht mit höheren Preisen ein größeres Wachstum. Das ist doch Blödsinn! Die brauchen die Inflation, um die Schulden "wegzuinflationieren".

    12:56 Uhr, 02.02.2015
    1 Antwort anzeigen
  • whynot
    whynot

    Bei dem ganze QE macht die EZB einen entscheidenden Denkfehler (oder sie führt bewußt in die Irre), sie verwechselt die Kranheit mit dem Symtom: wächst die Wirtschaft, kommt es (oder kann es) zur Infflationen (kommen). Aber Inflation ist doch ein Auslöser von Wirtschaftwachstum. Steigen die Preise, geht die Nachfrage zurück. Ich initiieren doch nicht mit höheren Preise ein größeres Wachstum. Das ist doch Blödsinn! Die brauchen die Inflation, um die Schulden "wegzuinflationieren".

    12:52 Uhr, 02.02.2015
  • House of Doom
    House of Doom

    ​Vermutlich bezahlen wir Deutschen schon bald wieder in einer anderen Währung.

    Dann können sich die Südländer soviel Euro drucken wie sie wollen.

    12:50 Uhr, 02.02.2015
  • House of Doom
    House of Doom

    ​"Die EZB darf keine Staatsfinanzierung betreiben. Das war die Bedingung dafür, dass Deutschland überhaupt dem Euro beitritt."


    Na dann kann ja Deutschland wieder aus dem Vertrag austreten, wenn er gebrochen worden ist, oder?

    Wer weiß schon, was Schäuble und Weidmann planen.


    12:48 Uhr, 02.02.2015

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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