EZB: Hahnenkämpfe zwischen Berlin und Paris um Stark-Nachfolge
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Frankfurt (BoerseGo.de) - Bisher durfte sich der deutsche Noch-Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen als legitimer Nachfolger des zurückgetretenen Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank (EZB) Jürgen Stark wähnen. Doch nun soll einem Zeitungsbericht zufolge zwischen Frankreich und Deutschland ein heftiger Streit um die Neubesetzung des wichtigen Postens entbrannt sein. "Berlin und Paris erheben gleichermaßen Ansprüche auf den Posten des Chefvolkswirts der EZB", will das Handelsblatt aus Notenbank- und Regierungskreisen erfahren haben. Es sei keineswegs sicher, dass Asmussen der Nachfolger Starks bei der EZB werde, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person der Zeitung.
Mit der Benennung von Benoît Coeuré (42) sieht sich Paris seinerseits bestens gerüstet, um den einflussreichen EZB-Job selbst besetzen zu können. Bislang war die Bundesregierung zuversichtlich, dass der Posten des Chefvolkswirts in deutscher Hand bleibt. Nur Stunden nach der Rücktrittsankündigung von Amtsinhaber Jürgen Stark im September präsentierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen Kandidaten für die Nachfolge: Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen. Obwohl es nie eine formale Zusage gab, ging Berlin bislang davon aus, dass Asmussen im Januar neuer EZB-Chefökonom wird.
Das Gerangel um den Posten kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die Notenbank sucht nach ihrer Rolle in der Schuldenkrise, sie ist nicht mehr unangefochten und steht zunehmend in der Kritik. Und der politische Druck auf die EZB wächst. Mancher sieht gar die Unabhängigkeit der Euro-Notenbank in Gefahr. Der scheidende Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, befürchtet, dass die Euro-Krise ihre Spuren hinterlassen wird. „Der Druck auf die EZB ist derzeit enorm“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Besonders beunruhige ihn die Debatte, dass die Notenbank künftig nicht mehr allein der Stabilität des Euro verpflichtet sein könnte. Die Staatsschuldenkrise könne weder durch Euro-Bonds noch durch die Notenpresse beendet werden, sagte Stark. „Euro-Bonds lösen die strukturellen Haushaltsprobleme am allerwenigsten. Vielmehr führen sie zu einer Haftungs- und Schuldenunion.“
Der EZB-Chefökonom ist nach dem Präsidenten die zweitmächtigste Person in der Euro-Notenbank. Seine wichtigste Aufgabe ist es, dem EZB-Rat für dessen monatliche Sitzung mit Zinsentscheid eine Beschlussvorlage zu erstellen.
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