Kommentar
15:32 Uhr, 25.06.2014

EZB-Geld wird wieder in Staatsanleihen fließen

Die von der EZB beschlossenen Geldspritzen mit Zweckbindung werden ihre Wirkung verfehlen und die Kreditvergabe nicht ankurbeln. Die Gelder dürften stattdessen erneut größtenteils in Staatsanleihen fließen.

Die von der EZB beschlossenen neuen Geldspritzen (TLTRO) mit einer Laufzeit von vier Jahren werden die Kreditvergabe nicht oder nur marginal ankurbeln. Davon bin ich fest überzeugt. Die von der Notenbank vorgesehene Zweckbindung kann nämlich ohne weiteres umgangen werden. Die ausgeborgten EZB-Gelder sollen zwar für ein höheres Nettokreditvolumen verwendet werden, verpflichtend ist das aber nicht. Banken, die sich nicht daran halten, müssen die Kredite lediglich vorzeitig nach zwei Jahren zurückzahlen. Während dieser Zeit können sie mit dem Geld machen was sie wollen. Hinzu kommt, dass die Nettokreditvergabe insbesondere bei den Banken in Italien und Spanien zuletzt deutlich rückläufig war. Es genügt daher schon, wenn sie diesen Prozess verlangsamen, um die Bedingungen der EZB für vierjährige Kredite zu erfüllen.

Ziel der Zweckbindung ist es eigentlich, zu verhindern, dass die Banken das Geld gleich wieder in Staatsanleihen investieren, so wie sie das schon bei den ersten beiden langfristigen Refinanzierungsgeschäften getan haben. Aufgrund der Schlupflöcher könnte aber genau das wieder passieren.

Die Renditen der Staatsanleihen im Euroraum sind seit den EZB-Beschlüssen schon deutlich gesunken. Vermutlich gehen die Marktteilnehmer fest davon aus, dass das EZB-Geld wieder zu einem großen Teil in Staatsanleihen fließen wird und nehmen dies bereits vorweg. Aber auch beim aktuellen Renditeniveau dürfte die Verlockung für die Institute noch groß sein. Der Zinssatz der TLTROs beträgt lediglich 0,25 Prozent. Demgegenüber werfen zehnjährige Staatsanleihen aus Italien (2,75 %), Spanien (2,66 %), Portugal (3,45 %) und Griechenland (5,82 %) eine attraktive Rendite ab. Zumal Risiko und Aufwand bei Privatkrediten deutlich höher sind und die Marge gleichzeitig geringer ist.

Wie die TLTROs genau funktionieren, können Sie hier nachlesen: http://www.godmode-trader.de/artikel?articleId=3770737

2 Kommentare

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  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Ich unterstelle Draghi, dass er genau weiß was er tut bzw. welche Schlumpflöcher er wo platziert und stelle mir die Frage, warum der TLTRO genau so konzipiert wurde? Hm..

    16:44 Uhr, 25.06. 2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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