Europa am Scheideweg...
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Auf der Münchner Sicherheitskonferenz sah sich US-Außenminister John Kerry kürzlich genötigt, mit Nachdruck darauf hinzuweisen, es gebe in der Ukraine-Frage keine Spaltung zwischen Europa und den USA. An der Aussage ist vor allem die Tatsache interessant, dass sie überhaupt gemacht wurde.
Denn gäbe es diese Spaltung tatsächlich nicht, dann wäre das Statement des US-Außenministers vollkommen überflüssig gewesen. Wenn genau dies nun aber derart vehement öffentlich abgestritten wird, nämlich Differenzen zwischen Europa und den USA in der Ukraine-Frage, dann lautet die Schlussfolgerung:
Selbstverständlich gibt es in diesem Punkt eine Spaltung zwischen beiden Parteien. Bei näherer Betrachtung wird das allmählich auch immer offensichtlicher:
Sieht man sich etwa die „Erfolge“ der Sanktionen gegenüber Russland an, dann wird deutlich, dass diese vor allem Europa selbst, sehr viel weniger aber die USA treffen. Europäische Landwirte etwa gehören bislang zu den Hauptleidtragenden dieser Politik.
Neben Frankreichs Staatschef Francois Hollande hatte sich daher vor einiger Zeit auch Außenminister Frank Walter Steinmeier sehr zurückhaltend zu weiteren Sanktionen geäußert.
Auch auf der politischen Bühne sind derzeit wichtige Aspekte erkennbar, die auf ein Zerwürfnis zwischen Europa und den USA in der Ukraine-Frage hindeuten. Während etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel einer militärischen Lösung des Konflikts bereits mehrfach eine klare Absage erteilt hat, wird auf der anderen Seite des Atlantiks in dieser Frage kräftig gezündelt.
Ginge es etwa nach den Hardlinern in Washington, würden die USA längst auch ganz offiziell Waffensysteme in die Ukraine liefern. Dass man dies schon längst tut, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, wird schnell offensichtlich, wenn man sich mit dieser Frage einmal etwas eingehender beschäftigt.
Doch die Differenzen zwischen Europa und den USA gehen offenbar weit über mögliche militärische Planspiele hinaus: Das zeigt etwa die Tatsache, dass in dieser Woche mit Angela Merkel und Francois Hollande die beiden wichtigsten europäischen Regierungschefs zum Krisengipfel nach Minsk gereist sind, um dort mit Russlands Präsident Wladimir Putin und dem ukrainischen Regierungschef Petro Poroschenko über die Lage in der Ukraine zu sprechen.
Ein Vertreter der US-Regierung war bei diesem bedeutendsten politischen Treffen der vergangenen Monate nicht anwesend. Das ist vielleicht der bemerkenswerteste Aspekt an diesem Krisengipfel. Die am Donnerstagmittag greifbare Waffenruhe für die Ost-Ukraine wäre zwar nur ein kleiner, wenn auch sehr wichtiger Erfolg dieser Gespräche.
Die Entwicklungen könnten darauf hindeuten, dass Europa endlich (!) begreift, dass es auf eine gedeihliche Zusammenarbeit mit Russland angewiesen ist. Alles andere als eine Kooperation mit dem wichtigen Nachbarn im Osten könnte sich in der Tat zu einer Katastrophe von historischen Ausmaßen auswachsen.
Man kann deshalb nur hoffen, dass Sergei Arutonow, Chefredakteur der russischen Wochenzeitung Novij Den, mit seiner Einschätzung vor wenigen Tagen nicht Recht behält, als er sagte:
»Mir kommt es vor, als ob die Menschen in Europa und den USA entweder gleichgültig zuschauen oder sich sogar darauf freuen, wie die Apokalypse aufzieht. Für viele ist es eher ein Schauspiel, das im Fernsehen abläuft und nicht echt ist. Erst wenn die Realität sie aufschreckt, ein Atompilz über ihrer Stadt aufsteigt, ihre Häuser wegfliegen, es Hunderttausende Tote gibt, werden sie die Frage stellen: ›Wie konnte das nur passieren?‹ Dann ist es aber zu spät.«
Und dann ist da ja noch die Griechenland-Frage: Hier sind die Fronten inzwischen so verhärtet wie noch nie. Die neue griechische Regierung bleibt stur bei ihrem Konfrontationskurs gegenüber der EU. Die Beharrlichkeit, mit der Griechenlands Finanzminister Varoufakis die Eurogruppe in dieser Woche erneut hat auflaufen lassen, lässt den Schluss zu, dass die Griechen längst einen Plan B in der Schublade haben. Auch bei diesem Plan könnte Russland eine zentrale Rolle spielen.
Für die Börsen bedeutet das einstweilen nichts Gutes, denn eine Staatspleite Athens wird unter den gegebenen Umständen immer wahrscheinlicher. Doch das muss keineswegs die allumfassende Katastrophe sein, vor der in der Vergangenheit immer wieder gewarnt wurde. Historisch betrachtet sind Staatspleiten nämlich nicht die Ausnahme sondern die Regel. Namentlich die Südeuropäer, Spanien vor allem, haben sich hier immer wieder hervorgetan. Und bekanntlich dreht sich die Welt immer noch...
Letztlich kommt es darauf an, dass Europa die Zeichen der Zeit erkennt, und endlich Entscheidungen trifft, die auch im Sinne nachfolgender Generationen sind.
Steuergelder für notleidende Staaten und deren Bankensektor im dreistelligen Milliardenbereich sowie Kriegsspiele in der Ukraine gehören definitiv nicht dazu...
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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de
Herr Petron,beschäftigen Sie sich beruflich mit solchen Themen,oder haben Sie sich Ihr so fundiertes Wissen anderweitig angeeignet.Auf jeden Fall RESPEKT.
jeder sollte erkennen das man mit einem Putin nicht verhandeln kann. Also wird es solange er an der Macht ist keinen Frieden geben. Im Gegenteil er wird weiter machen und andere Länder überfallen. Kleine Männer waren in der Geschichte immer ein Problem wenn sie an die Macht kommen richten sie großen Schaden an. Wir haben kein Problem mit den Russen aber die Russen haben einen Problembär den sie schnell entsorgen müssen.
Nachtrag: Ich halte natürlich das Vorgehen von Putin, bezüglich der Krim für absolut nicht gerechtfertigt, da es natürlich gegen das Völkerrecht verstößt, wenn man sich aber die "Anfänge", siehe Proteste in Kwiev ansieht und wer da momentan das sagen hat, dann hat man meiner Meinung nach nur die Wahl zwischen "Pest und Cholera".
Herr Hoose, ich teile sehr oft ihre Meinung, aber heute muss ich ihnen widersprechen, wenn sie sagen, dass unsere Bundeskanzlerin (manche sagen auch ehemalige FDJ-Funktionären) und der unbeliebteste französische Präsident seit aller Zeiten (Hollande, ich hoffe den schreibt man so) nur den geringsten Betrag zu dem "möglichen" Waffenstillstand" geliefert haben, dann zweifle ich doch sehr an Ihnen. Wie wir alle wissen, zieht in diesem "Schmierentheater" nur Putin die "Fäden", alle anderen "Mitspieler" lässt er nach seiner Pfeife tanzen, wobei ich dazu sagen muss, dass er nach den vergangen 12 Monaten auch wahrscheinlich alles Recht dazu hat, mir missfällt nur, dass Sie die M. und H. dafür besonders loben.
Herr Hoose, ich teile die Hoffnung auf Überwindung der Spannungen und eine gedeihliche Zusammenarbeit des (europäischen) Westens mit Russland. Aber Restzweifel bleiben:
Erstens: M. E. ist der Ukraine-Konflikt nicht so sehr Ursache der Konfrontation mit Putin/Russland, sondern vielmehr Anlass für ihre Verschärfung. Diese Auseinandersetzung scheint das Vehikel zu sein, um die globale Hegemoniepolitik der USA und ihrer atlantischen Entourage gegenüber der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen, einen größeren Beitrag Euopas und insbesondere Deutschlands als europäischer Führungsnation innerhalb der atlantischen Allianz einzufordern und die Notwendigkeit wachsender (zumindest nicht schrumpfender) Militärausgaben zu begründen. Russland wird als „Störer“ strategischer Interessen der USA wahrgenommen, auch mit Blick auf die sich abzeichnenden eurasischen Entwicklungen mit ihren mglw. ungünstigen Implikationen für den Dollar. Daraus erklärt sich die Sanktions- und Einhegungspolitik insbesondere der USA gegenüber Russland.
Zweitens: Diametral zur Haltung gegenüber Russland gibt es seitens deutscher Regierungspolitik keine offene und konsequente Auseinandersetzung mit Fehlentwicklungen und Rechtsverletzungen US-amerikanischer Politik – symbolisiert durch Irak-Krieg, Abu-Ghuraib, Guantanamo Bay, Killerdrohnen, CIA-Gefängnisse in aller Welt, NSA-Spionagehybris, Folter durch CIA … - Kritik wird am Altar deutsch-amerikanischer Freundschaft geopfert. Frau Kanzlerin hat das anlässlich ihres jüngsten Besuches bei Mr. Obama mit beinahe verklärten Worten zum Ausdruck gebracht:
Die Partnerschaft mit den USA sei"... eine Partnerschaft, die über allen anderen Partnerschaften steht...“ (Hervorhebung von mir). Aus welchem Fundus holt man denn einen solchen Satz? Ist er eine politische Adaption des ersten Gebotes? Oder wollte sie sagen: Egal was ihr macht, wir machen mit? Oder sollten damit einfach nur aufkeimende innere Zweifel am Partner und Freund verbal überspielt werden?
Griechenland hätte schon vor 4 Jahren aus der Währungsunion austreten sollen und den Euro als Leihwährung behalten können. Das Prinzip funktioniert ja auch erfolgreich bei anderen Staaten als Beispiel (Ecuador mit US-Dollar als Leihwährung) So brauch Griechenland auch nicht zwingend eine eigene Währung.
Mit Russland ist die Lage anders. Hier will ein kleiner Mann den Minderwertigkeitskomplexe plagen wieder Politik der letzten Jahrhunderte einführen und mit Landeroberungen Einfluss gewinnen. Inwieweit hier Verhandlungen überhaupt möglich und realistisch sind muss noch abgewartet werden. Wir haben kein Problem mit Russland aber Russland hat einen Problembären an der Spitze. Glaube nicht das die Vereinbarungen von Minsk halten werden. Wer keinen Krieg führen will kann nur mit Sanktionen reagieren. Das sind die Fakten.