Kommentar
08:10 Uhr, 24.03.2015

Euro-Rally: Gegenreaktion oder neuer Trend?

Gerade erst haben viele Analysten ihr Preisziel nach unten angepasst und schon kommt die Erholung der Währung. Ist der Spuk damit schon vorbei?

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Frankreichs Präsident Hollande ist begeistert. Seine Laune war schon lange nicht mehr so gut wie derzeit. Der Grund: der fallende Euro. Ein schwacher Euro belebt die Exporte. Zudem macht es ein fallender Euro alles etwas simpler. Hollande äußerte sich entsprechend euphorisch und sagte sinngemäß: Das machte die Sache schön einfach; ein Euro ist ein Dollar.

Hollande dürfte in Zukunft nicht nur Zeit mit Rechenarbeit sparen. Frankreichs Wirtschaft lahmt seit Jahren und kommt einfach nicht auf die Beine. Ein schwacher Euro kann dabei helfen. Reformieren sollte Frankreich natürlich trotzdem. Die Reformresistenz dauert schon viel zu lange an. Frankreich muss sich vor allem beeilen, denn ewig wird der Euro nicht fallen.

Die Handelsbilanz der Eurozone hat sich bereits stark verändert. 2012 wurde aus einem Defizit ein Überschuss. Im Jahr 2014 lag es bei knapp 200 Mrd. Euro und damit so hoch wie noch nie. Der Überschuss ist natürlich nicht zuletzt von Deutschland getrieben. Deutschland ist aber auch nicht allein dafür verantwortlich. Die meisten Länder haben inzwischen eine positive Bilanz mit Ländern außerhalb der Eurozone.

Einerseits ist das erfreulich. Die Exporte steigen schneller als die Importe. Das ist Ausdruck einer gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit. Andererseits steigt auch die Nachfrage nach Euro. Die Exporte müssen vom Ausland für gewöhnlich irgendwie bezahlt werden. Dafür brauchen sie Euro. Je größer der Handelsüberschuss, desto größer wird auch die Nachfrage nach Euro.

Es lässt sich so ein gewisser Zusammenhang zwischen Handelsbilanz und Wechselkurs herstellen. Als der Euro bis 2001 fiel gab es in der Eurozone ein Handelsbilanzdefizit. In den Jahren der Aufwertung gab es einen Überschuss. Von 2008 bis 2011 galt der Zusammenhang nur bedingt, weil die Märkte durch zu viele Sonderfaktoren beeinflusst waren (US Quantitative Easing, Eurokrise). Seit 2012 gilt der Zusammenhang wieder, wird nun aber von der EZB zerstört.

Den grundsätzlichen Zusammenhang zeigt Grafik 1. Der Euro bewegt sich mit der Handelsbilanz. Das tut er gegen fast alle Währungen. Dargestellt ist der breite Euro Index (gewichteter Eurokurs gegen 64 Währungen) und der Euro-Dollar Kurs. Alle Bewegen sich tendenziell parallel.
Die lockere Geldpolitik hat den Euro nun nach unten gedrückt. Das steht der fundamentalen Entwicklung etwas entgegen. Wieso es der EZB gelingt den Euro trotz fundamentaler Aufwärtstendenzen zu drücken zeigt Grafik 2. Hier ist der EUR/USD Kurs und die Zinsdifferenz zwischen den USA und der Eurozone abgebildet. Die grünen Balken zeigen die tatsächliche Zinsdifferenz (US Anleihen im Vergleich zu deutschen Anleihen). Die rote Linie zeigt die invertierte Zinsdifferenz, damit der Zusammenhang zwischen Wechselkurs und Zinsdifferenz besser zu erkennen ist.
Je höher die Zinsdifferenz zugunsten des Dollars ist, desto schwächer ist der Euro. Die Zinsdifferenz ist derzeit so hoch wie seit Einführung des Euro noch nicht. Das gilt vor allem für die Zinsdifferenz von deutschen zu US Anleihen.

Für die gesamte Eurozone sieht es nicht anders aus. Das Ausmaß der Zinsdifferenz ist nicht ganz so groß, aber immer noch beachtlich. Die letzte Grafik zeigt die Zinsdifferenz zur durchschnittlichen Rendite 10-jähriger Euroanleihen seit 1970 und den Euro Wechselkurs. Die Rendite wird von der EZB berechnet. Der Euro Wechselkursindex wird von der Bank für internationalen Zahlungsaustausch zur Verfügung gestellt.

Das Ergebnis ist nicht überraschend. Der Zusammenhang gilt auch in dem langen Zeitfenster. Man kann auch sehen, dass die Zinsdifferenz durchaus noch etwas steigen könnte. Von durchschnittlich einem Prozent könnte es Richtung 1,3% gehen. Vergleicht man dieses historische Extrem mit dem Eurokurs, dann lässt sich so ungefähr ein EUR/USD Kurs von 0,9 ableiten. Dort ist rein fundamental gesehen erst einmal der Boden.

Ein Wechselkurs, der sich aus Zinsdifferenzen und Handelsströmen ableitet muss nicht unbedingt Bestand haben. Langfristig mag es zwar der faire Wechselkurs sein, kurzfristig muss das den Markt aber nicht interessieren. So wie es aussieht werden die Zinsen in den USA nun doch langsamer steigen als zunächst angenommen. Praktisch heißt das sogar, dass die Zinsen in den USA gerade wieder fallen. Die Zinsdifferenz wird also wieder etwas kleiner. Entsprechend sollte in den kommenden Wochen beim Euro eine Erholungstendenz Bestand haben. Danach wird es tendenziell weiter bergab gehen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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