Kommentar
19:30 Uhr, 31.07.2017

Euro: Kommt jetzt das ganz große Comeback mit neuen Allzeithochs?

Der Euro ist im Rallyemodus und vielen wird das schon unheimlich. In Wahrheit ist es sehr wahrscheinlich der Auftakt für neue Allzeithochs.

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Die Zeiten, in denen der Euro zum Dollar bei 1,60 stand, sind lange her, genau genommen 9 Jahre. Fast genau vor 9 Jahren erreichte der Euro sein bisheriges Allzeithoch. Wir feiern gerade also quasi einen Geburtstag. Es ist nicht der einzige, der Ende Juli zu feiern war. Ende Juli jährte sich auch Draghis bahnbrechende Rede von Mitte 2012. In dieser Rede gab der EZB-Chef das alles entscheidende Bekenntnis zum Euro ab:

„Die EZB ist bereit alles zu tun, um den Euro zu erhalten – und glauben Sie mir, es wird genug sein.“

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Die Eurokrise war damit nicht sofort beendet, doch die Katastrophe war abgewendet. Die Zinsen für die Peripherieländer fielen wieder deutlich. Der Euro stieg gegenüber dem Dollar von 1,20 auf 1,40. Das war vielleicht so nicht gewollt, aber es zeigte, dass Draghis Worte verstanden wurden. Einerseits wurde der sofortige Kollaps verhindert, andererseits blühte der Euro wieder auf. Das war kontraproduktiv.

Die EZB senkte die Zinsen immer weiter und ließ 2014 recht deutlich durchblicken, dass QE kommen würde. Der Euro gab endlich wieder nach und stürzte unter 1,10. Um diesen Wert herum verharrte die Währung nun drei Jahre lang. Damit ist jetzt Schluss.


Börsen-Talk am 7. September 2017: Leitet die EZB das Ende der Geldflut ein?


Der Trendwechsel kommt später als von mir erwartet (siehe meine Beiträge von März 2016 gmtr.ly/VkcheK0ne und gmtr.ly/41YPYo88X ), jetzt ist er aber da. Die Gründe, weshalb der Euro aufwerten sollte, haben sich seither kaum geändert. Ein paar neue sind nun aber hinzugekommen.

Der erste hat wenig mit dem Big Picture zu tun. Er hat mehr mit einer Bestätigung dessen zu tun, was wir derzeit sehen. Die Positionierung auf dem Terminmarkt unter Spekulanten ist so positiv (Wetten auf Euro-Anstieg) wie seit mehreren Jahren nicht mehr. Das kann kurzfristig auch zur Belastung werden (Kontraindikator), doch mittelfristig zeigt sich ein langer nie dagewesener Optimismus.

Dieser Optimismus zeigt sich nicht nur im Eurokurs gegenüber dem Dollar, sondern auch gegenüber dem Franken. Der Euro steht so hoch wie seit Aufhebung des Mindestkurses Anfang 2015 nicht mehr. Mit den stetigen Interventionen der Schweizer Notenbank (SNB) weiß man nie, ob das real ist oder nicht. Wie die wöchentlichen Meldungen der Giroguthaben der Banken allerdings zeigen, interveniert die SNB derzeit nicht zugunsten des Franken. Vielmehr deutet sich an, dass die SNB ihre Bilanz verkleinert – und zwar in atemberaubenden Tempo.

Bestätigen sich die Daten, dann wurde die Interventionssumme, die sich bisher auf über 700 Mrd. akkumulierte, um 10 Mrd. gesenkt. Das ist ein massiver Schritt innerhalb sehr kurzer Zeit und zeigt, dass geradezu eine Euro-Kaufpanik herrscht.


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Der andere Grund, der für den Euro spricht – und zwar langfristig – ist globaler. Länder weltweit halten einen Großteil ihrer Reserven in anderen Währungen (Grafik 2). Der Dollar bleibt die beliebteste Reservewährung. Der Euro folgt dem Dollar, hat aber in der Krise deutlich an Boden verloren.

Der Euro machte einmal fast 40 % der Reserven aus (2009). Dieser Wert ist unter ein Viertel gesunken (Grafik 3). Der Anteil des Euro an den Reserven ist dabei prozyklisch. Steigt der Euro, steigt auch der Anteil an den Reserven. Das liegt bis zu einem gewissen Grad an der Aufwertung des Euro, aber auch daran, dass mehr Euro als Reserven gehalten werden.

Seit anderthalb Jahren hat sich wenig getan. Nun gewinnt der Euro wieder an Beliebtheit. Die Daten zu den Reserven werden nur einmal pro Quartal veröffentlicht. Wir wissen noch nicht, wie die Situation Ende Q2 2017 aussah. Ist die Historie jedoch ein Maßstab, dann hat der Euro in Q2 deutlich an Bedeutung gewonnen. Es ist zudem wahrscheinlich, dass der Trend anhalten wird. Theoretisch kann das den Euro auf neue Allzeithochs führen. Das ist freilich keine Sache von Monaten, sondern von Jahren.

Clemens Schmale

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4 Kommentare

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  • rondollo
    rondollo

    oder CRASH 8.800 Points im September

    20:05 Uhr, 01.08.2017
  • Drolph
    Drolph

    Ganz genau, ein jetzt massiv stärker werdender Euro lässt außerdem das langsam in Fahrt kommende, aber dennoch zarte Pflänzchen der exportorientierten Konjunktur in Europa relativ schnell wieder vertrocknen.

    Draghis geliebte Inflation wird so dann auch nicht näher an sein gepredigtes Ziel von 2% heranrücken. Spätestens dann wird er den Euro wieder billig quatschen...

    23:29 Uhr, 31.07.2017
  • Super-Hobel
    Super-Hobel

    Immer diese reisserischen Überschriften. Ich habe noch das gejammer im Ohr als der Euro die 1,20 berührte, Panik überall, Stützungskäufe usw. Jetzt kommen wir von unten an die 1,20 und da wird es erstmal kräftig abprallen. Dann vielleicht bald wieder ein bissschen Euro Krise dazu und Tschüss Richtung Süden heisst es dann. Diese Währung wird künstlich am Leben erhalten in einer EU, in der sich viele länder den Euro gar nicht mehr leisten können. Je weiter er steigt umso schlimmer wird es für die.

    22:42 Uhr, 31.07.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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