Analyse
14:56 Uhr, 13.01.2022

EUR/USD: Ist das ein großer Boden beim Euro?

Die europäische Gemeinschaftswährung hat sich zuletzt extrem stark präsentiert. Im Chart dürfte eine größere Bodenbildung beendet sein. Das könnte auch Konsequenzen für Anleger haben, die sich lieber mit US-Aktien als mit Devisen beschäftigen.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,14670 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • EUR/USD - WKN: 965275 - ISIN: EU0009652759 - Kurs: 1,14670 $ (FOREX)

Am Mittwoch schoss der Euro gegenüber dem US-Dollar nach Inflationsdaten aus den Vereinigten Staaten so stark nach oben, wie man es sonst eher selten sieht. Auch am heutigen Donnerstag kann die Gemeinschaftswährung weiter zulegen.

Nachdem das Währungspaar noch am 25. November 2021 ein 16-Monats-Tief bei unter 1,12 USD erreicht hatte, bildete sich im Kursverlauf ein deutlicher Boden im Bereich zwischen 1,12 und 1,13 USD. Unter diesen Bereich wollte das Währungspaar offenbar vorerst nicht weiter abrutschen,

Aus fundamentaler Sicht würde eigentlich viel für einen schwächeren Euro (weiter sinkende EUR/USD-Kurse) sprechen:

  • Die Konjunkturerholung von der Corona-Krise verlief bisher in der Eurozone schleppender als in den USA.
  • Die US-Notenbank unternimmt bereits deutliche Anstrengungen, die Geldpolitik im aktuellen Jahr zu straffen. Im Jahr 2022 dürfte nach dem Ende der Anleihenkäufe der Leitzins bereits drei oder vier Mal wieder erhöht werden. Zudem will die Fed mit dem Abschmelzen ihrer stark aufgeblähten Bilanzsumme beginnen und dürfte dabei nach eigenen Aussagen schneller vorgehen als in früheren Zyklen.
  • Die EZB dürfte den Leitzins im aktuellen Jahr aller Voraussicht nach noch nicht anheben. Das Pandemie-Anleihenkaufprogramm soll zwar im März auslaufen, temporär werden dafür aber die regulären Anleihenkäufe aufgestockt, wie die EZB im Dezember ankündigte.

Insbesondere die Geldpolitik spricht eigentlich für einen stärkeren Dollar und einen schwächeren Euro. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich der Euro gerade jetzt so stabil zeigt. Auch dafür lassen sich aber fundamentale Gründe finden:

  • Die Omikron-Welle könnte die USA noch etwas härter treffen als Europa. In den Vereinigten Staaten werden inzwischen mehr als eine Million Omikron-Fälle täglich gezählt, Tendenz steigend.
  • Die Inflation ist zwar auch in Europa ein Problem, in den USA lag die Inflationsrate allerdings mit 7,0 Prozent im Dezember um ganze zwei Prozentpunkte höher als in der Eurozone. Eine hohe Inflation ist tendenziell schlecht für eine Währung, in diesem Fall für den Dollar, auch wenn die dadurch ausgelösten Maßnahmen der Zentralbank (siehe oben) dann manchmal zur gegenteiligen Reaktion führen.

Ein sehr wichtiger Grund, warum sich der Euro zuletzt so stabil präsentiert hat, dürfte allerdings auch sein, dass der Euro im vergangenen Jahr bereits kräftig gefallen ist. Im Jahr 2021 hat der Euro mehr als sieben Prozent gegenüber dem US-Dollar verloren. Beim Euro ist also bereits sehr viel "eingepreist".

Aus charttechnischer Perspektive ist das Währungspaar EUR/USD im Bereich zwischen 1,12 und 1,13 USD gut unterstützt. Nach der jüngsten Stärke wäre zwar ein leichter Rückfall des Kurses in diesen Bereich nicht ungewöhnlich, perspektivisch dürften aber die Chancen nicht schlecht stehen auf weiter steigende Notierungen. Das gilt allerdings nur, solange die genannte Unterstützungszone nicht nachhaltig unterschritten wird.

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Steigende Kurse bei EUR/USD könnten auch Konsequenzen für Anleger haben, die sich sonst eher weniger für Währungen interessieren. Denn sehr viele Anleger haben US-Aktien im Depot. Wenn der Euro gegenüber dem Dollar an Wert gewinnt, verlieren US-Aktien in Euro automatisch an Wert. Was viele Anleger nicht wissen: Dabei ist es unerheblich, ob das eigene Depot in Euro oder in Dollar geführt wird oder ob die US-Aktien in Euro oder in Dollar erworben wurden. Entscheidend ist, dass die jeweiligen Unternehmen in erster Linie im Dollarraum tätig sind und die jeweiligen Aktien ihre Hauptnotiz in Dollar haben.

Im vergangenen Jahr haben europäische Anleger, die in US-Aktien investieren, nicht nur von Kursgewinnen der Aktien selbst profitiert, sondern auch vom schwächeren Euro. So konnten US-Indizes wie der Dow Jones oder Nasdaq-100 sowie Einzelaktien in Euro stärker zulegen als in Dollar. Sollte der Euro nun hingegen einen längerfristigen Boden ausbilden, könnte das für europäische Anleger in US-Aktien Währungsverluste bedeuten.

Wie man mit Derivaten ein Aktiendepot absichern kann, hat mein Kollege Daniel Kühn in einem ausführlichen Artikel erklärt. In dem Artikel geht es zwar um eine Absicherung gegen Kursverluste am Gesamtmarkt, die Möglichkeiten zur Absicherung gegen Währungsverluste sind aber prinzipiell identisch, nur dass als Basiswert dann eben kein Aktienindex, sondern ein Währungspaar wie EUR/USD für das Derivat gewählt wird. Will man sich gegen steigende EUR/USD-Kurse absichern, kann man das durch den Kauf geeigneter Call-Produkte auf dieses Währungspaar tun. Bei steigenden EUR/USD-Kursen gewinnt ein solches Derivat an Wert und gleicht damit die entsprechenden Währungsverluste des Aktienportfolios aus.


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  • ekonlai
    ekonlai

    2.nd point with "melting" of FED's B/S i.e. sale of USD assets (Treasuries, mortgage bonds, etc) at least its expectations plays major role supporting USD down.

    15:37 Uhr, 13.01.2022

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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