Kommentar
00:00 Uhr, 13.01.2009

EUR/USD-Ausblick 2009 (Teil 2) - Börsen, Kapitalflüsse, Staatsverschuldung

Erwähnte Instrumente

Im ersten Teil unseres Jahresausblicks für die Kursentwicklung von EUR/USD hatten wir die Zinspolitik sowie die US-Wirtschaftsdaten daraufhin untersucht, ob sie für fallende oder steigende Kurse des Währungspaares sprechen. Dabei hatte sich gezeigt, dass der Quasi-Nullzins in den USA sowie die überwiegend auf Rekordtiefs verharrenden US-Wirtschaftszahlen für steigende Kurse von EUR/USD plädieren. Im zweiten Teil der Analyse sollen nun die Entwicklung der Aktienbörsen, die mit der Finanzkrise zusammenhängenden Kaptalflüsse sowie die Staatsverschuldung mit Blick auf den EUR/USD-Kurs untersucht werden. Ein charttechnischer Ausblick rundet die Analyse ab.

Börsen
Nach Kursverlusten von im Schnitt gut 40% an allen großen globalen Börsen ist für die ersten Monate des Jahres 2009 mit einer Aufwärtskorrektur an den Aktienmärkten zu rechnen. Viele Investoren setzen darauf, dass das Schlimmste am Aktienmarkt bereits überstanden sein könnte. Dafür spricht die günstige Bewertung zahlreicher Aktien auf fundamentaler Basis bzw. in langfristiger Betrachtungsweise. Zudem sind in der massiven Abschwungphase 2008 praktisch alle Aktien ohne Rücksicht auf ihre Branchenzugehörigkeit unter die Räder geraten. Im nun begonnenen Jahr werden Investoren wieder zu differenzieren beginnen und in einzelnen Werten neue Positionen aufbauen. Auch Übernahmefantasie bei günstig bewerteten Unternehmen könnte die Kurse nach oben treiben.

Im vergangenen Jahr war häufig das Phänomen zu beobachten, dass bei zulegenden Aktienbörsen EUR/USD ebenfalls nach oben strebte, während der Greenback in den Phasen hoher Kursverluste am stärksten zulegte. Eine Aufwärtskorrektur an den Aktienmärkten würde insofern für neue Kursgewinne von EUR/USD sprechen. Ob die Erholungsphase An den Börsen allerdings von Dauer sein wird, ist fraglich. Für eine nachhaltige Aufwärtsbewegung sind die Konjunkturdaten einfach noch zu schlecht, zudem bleibt das Rückschlagspotenzial auch von Seite der Unternehmensmeldungen hoch. Deshalb veranschlagen wir die Auswirkung der Börsenentwicklung auf den Kurs von EUR/USD mit neutral bis leicht positiv.

Finanzkrise und Kapitalflüsse
Ein ganz zentrales Element, das den Kurs von EUR/USD im abgelaufenen Jahr beeinflusste, waren die Kapitalströme in den US-Dollar. Besonders im Zuge der Zuspitzung der globalen Finanzkrise kam es zu massiven Kapitalflüssen in den Greenback, da US-amerikanische Firmen, Hedge Fonds und Investmentgesellschaften ihre Auslandsinvestitionen auflösten und die Gelder repatriierten. Gerade das aus den Emerging-Markets abgezogene Kapital wurde überwiegend in US-Dollar getauscht und war derart mitverantwortlich für den nachhaltigen Kursrutsch von EUR/USD zwischen Juli und November. Angesichts der etwas entspannten Lage am Geldmarkt und mit Blick auf die Liquiditätsbeschaffung ist für 2009 damit zu rechnen, dass Kapitalflüsse nicht mehr eine ähnlich starke Rolle für die Kursentwicklung von EUR/USD wie im Vorjahr spielen werden. Ein potenziell belastendes Element für den Kurs des Währungspaares fällt damit weg, allerdings muss auch mit einem jederzeitigen Wiederaufflammen der Finanzmarktkrise und entsprechenden Turbulenzen am Währungsmarkt gerechnet werden.

Staatsverschuldung
Die Hilfsprogramme der US-Regierung für den angeschlagenen Bankensektor sowie die Maßnahmenpakete zum Aufkauf von Hypotheken, Darlehen und Anleihen führen zu einem drastischen Anstieg der US-Staatsverschuldung. Das Gleiche gilt für das geplante Konjunkturprogramm des künftigen US-Präsidenten Barack Obama, der in den beiden kommenden Jahren bis zu 775 Milliarden USD zur Stützung der US-Konjunktur ausgeben will. Ein Hauptelement des Maßnahmenpakets sind dabei Steuersenkungen: rund 310 Milliarden USD sollen in Form von niedrigeren Steuern Privathaushalten sowie Unternehmen zugute kommen. Zudem sind massive Investitionen zur Verbesserung der US-Infrastruktur geplant.

Die bereits realisierten und noch anstehenden Programme sorgen dafür, dass sich das US-Haushaltsdefizit im gerade begonnenen Fiskaljahr mehr als verdoppeln wird. Hier ist mit einem Durchbrechen der Schallmauer von 1.000 Milliarden USD zu rechnen. Im Jahr 2009 wird die Verschuldung mit voraussichtlich 1,2 Billionen US-Dollar eine neue Rekordhöhe erreichen. Das US-Haushaltsdefizit würde in diesem Fall über 8% der Gesamtwirtschaftsleistung ausmachen. Im Jahr 2008 belief sich das Defizit noch auf 455 Milliarden US-Dollar, was ebenfalls bereits einen Rekordstand bedeutete.

Das auf horrende Niveaus gestiegene Budgetdefizit schafft auf längere Sicht eine klare Inflationsproblematik für die US-Valuta. Mit Verzögerung von gut einem Jahr muss man sich darauf einstellen, dass die US-Inflation wieder deutlich zulegen wird. Neuer Abwertungsdruck auf den US-Dollar wäre damit wahrscheinlich, wobei besonders die Kombination von Rekordschulden und historisch niedrigen Renditen die Währung belasten sollte. Das massiv steigende US-Haushaltsdefizit stellt damit ein Argument für steigende Kurse von EUR/USD dar.

Charttechnik
EUR/USD ist nach seinem Allzeithoch von 1,6037 am 15. Juli 2008 auf ein Jahrestief von 1,2327 am 28. Oktober 2008 zurückgefallen. Mitte Dezember konnte der so ausgebildete mittelfristige Abwärtstrend überwunden werden, was dem Währungspaar eine schnelle Aufwärtsbewegung bis 1,4717 ermöglichte. Hier scheiterte EUR/USD jedoch an der Überwindung der weiter fallenden 200-Tage-Linie bzw. der Rückeroberung des bereits seit Februar 2006 bestehenden, langfristigen Aufwärtstrends und fiel in der Folge auf die Kursregion von 1,3300-1,3400 zurück.

Unterhalb der aktuell bei 1,3715 verlaufenden kurzfristigen Abwärtstrendlinie von Mitte/Ende Dezember bleibt die Charttechnik für EUR/USD angeschlagen. Etwas Halt bietet derzeit noch das untere Bollinger-Band, danach ist ein Kursrücksetzer auf die Kursregion von 1,2800-1,3000, die Oberseite der Seitwärts-Handelsspanne von November 2008, wahrscheinlich. Obwohl die Analyse der fundamentalen Einflüsse Zinspolitik, Wirtschaftsdaten, Börsen, Kapitalflüsse und Staatsverschuldung also fast unisono steigende Kurse von EUR/USD nahe legt, spricht der Chart derzeit eine andere Sprache. Dies sollte all diejenigen zur Vorsicht mahnen, die bereits jetzt deutliche Kursgewinne des Paars für 2009 vorhersagen. Viel mehr als eine moderate Aufwärtsbewegung von EUR/USD knapp über die 1,40er-Marke, von der die Dezember-Rally zudem bereits einiges vorweggenommen hat, ist demnach für 2009 nicht zu erwarten.

Volker Zenk
FXdirekt Bank

Regelmäßige Kolumnen und den täglichen EUR/USD Tagesausblick mit den Intraday-Kurszielen und Trendwendepunkten finden auf der Devisenseite : http://www.godmode-trader.de/devisen/

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