Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt
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Im Rückblick lässt sich das Markt-Narrativ vor dem Jahreswechsel wie folgt zusammenfassen: Die Wirtschaft trübt sich weiter ein, eine globale Rezession rückt rasch näher und parallel dazu geht auch die Inflation deutlich zurück, sodass die Notenbanken bereits ab März mit ersten Leitzinssenkungen reagieren werden, gefolgt von einer ganzen Reihe deutlicher Senkungen bis Jahresende 2024.
Nun sind über zwei Monate ins Land gezogen und eine aktuelle Bestandsaufnahme stellt sich gänzlich anders dar. Die globale Wirtschaft, allen voran die US-Wirtschaft, zeigt sich weiterhin robust, unterstützt von einem festen Arbeitsmarkt und beflügelt von einem positiven Konsumklima. Die Frühindikatoren (globale Managerindizes) in nahezu allen Wirtschaftsregionen haben sich auf niedrigen Niveaus zunächst stabilisiert und tendieren seit einigen Monaten sogar wieder leicht nach oben. Eine globale Rezession ist also bis dato eher noch weiter in die Ferne gerückt, wenn nicht sogar deutlich unwahrscheinlicher geworden. Auch die Gewinnausweise der Unternehmen bestätigen im Rahmen der Berichtssaison über das 4. Quartal 2023 – jedenfalls in den USA – ein absolut positives Bild und bestärken die Erwartung weiterer Gewinnsteigerungen im Verlauf von 2024.
Der Rückgang der Inflationsraten stockt allerdings und stellt sich deutlich zäher dar als gedacht, zumal die überraschend gute Konjunktur, insbesondere im Dienstleistungssektor, weiterhin für Preisauftrieb sorgt. Demzufolge setzen die Notenbanken – entgegen der am Rentenmarkt zwischenzeitig schon gepreisten Markterwartung – den kommunizierten Pfad der Zinspolitik derart fort, dass nach dem Ende der Leitzinsanhebungen eine längere Wirkungsdauer des erhöhten Zinsniveaus die Inflationsraten nachhaltig absenken sollte und erst in weiterer Folge Zinssenkungen, wenn auch nur in überschaubarem Ausmaß, realistisch zu erwarten sind.
Der aktuelle Mix an leicht positivem Wachstum und soliden Unternehmensgewinnen bei gleichzeitig tendenziell rückläufiger Inflation und der Aussicht auf Zinssenkungen im Jahresverlauf ergibt insbesondere für „risky assets“ ein durchaus attraktives Umfeld, sofern weitere geopolitische Störfeuer ausbleiben. Solange sich dieses „goldilocks“ Szenario weiter bestätigt, bleiben wir konstruktiv für Aktien und in Relation zur Aktiengewichtung zurückhaltend bei Anleihen, die jedoch nach wie vor attraktive Renditeniveaus aufweisen.
Staatsanleihen: EZB und Fed nehmen noch Abstand von Zinssenkungen
Staatsanleiherenditen befinden sich seit Jahresbeginn über ihren Ausgangsniveaus und wurden v.a. durch Preisdaten (Inflationsdaten) getrieben. So befinden sich die Inflationsraten im Sinkflug, allerdings wurden immer wieder Datenpunkte veröffentlicht, die an der Rückkehr zum Inflationsziel von 2 % zweifeln ließen. So haben sowohl die EZB als auch die Fed Abstand von unmittelbar bevorstehenden Zinssenkungen genommen.
Unternehmensanleihen: Hoffnung auf baldige Zinssenkungen könnte enttäuscht werden
Wie im Vormonat gilt, dass Credit Spreads eine Art "Goldilocks" Szenario preisen, d.h. positives Wachstum, kaum Zahlungsausfälle, ein gutes Refinanzierungsumfeld und stabile (geo-) politische Verhältnisse. Tatsächlich ist dies nur eingeschränkt zu beobachten. Die gesunkenen Risikoprämien haben unserer Meinung nach viel mit der Hoffnung auf baldige und umfangreiche Zinssenkungen zu tun. Eine Hoffnung, die zuletzt auch enttäuscht wurde. Das starke Momentum hinsichtlich Risikobereitschaft veranlasst uns jedoch dazu, bei Unternehmensanleihen vorerst etwas vorsichtiger zu agieren.
Emerging Markets: kein Abkoppeln von den Risikoprämien in entwickelten Märkten
Bei den Schwellenländeranleihen erwarten wir in Summe kein Abkoppeln der Anleihespreads von den Risikoprämien in den entwickelten Märkten.
Entwickelte Aktienmärkte konnten von guter Berichtssaison profitieren
Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich in den letzten Wochen deutlich stärker. Neben besser als erwarteten Konjunkturdaten (vor allem in den USA) konnten die Aktienmärkte in den letzten Wochen auch von einer guten Berichtssaison profitieren. Die erneut gestiegenen Anleiherenditen gingen hingegen fast spurlos an den Aktienmärkten vorüber. Die Gewinnseite der Unternehmen präsentiert sich weiter gut und auch die Stabilisierung bei den Konjunkturvorlaufindikatoren unterstützt. Wir stocken die Positionierung dieser Assetklasse stärker auf.
Schwellenländer-Aktienmärkte: Gewinnmomentum weiter durchwachsen
Zuletzt konnte sich der im bisherigen Jahr im Fokus stehende chinesische Aktienmarkt etwas erholen. Das negative Sentiment und die extreme Positionierung haben zu einer Gegenreaktion geführt. Dennoch hat die Assetklasse Emerging Markets weiter mit einer signifikanten Underperformance vs. entwickelter Märkte zu kämpfen. Das Gewinnmomentum muss weiter als durchwachsen bezeichnet werden und das über alle Regionen hinweg. Dies ist auch der Grund für die günstige Bewertung.
Rohstoffmärkte: Energiebereich zuletzt etwas fester
In den letzten Wochen präsentierte sich der Energiebereich etwas fester. Dieser profitierte von den geopolitischen Unsicherheiten und einer Angebotszurückhaltung, wobei sich das Ausmaß der Anstiege aber in Grenzen hielt. Der Edelmetallbereich konnte trotz gestiegener Anleiherenditen zuletzt leicht zulegen, während sich die Industriemetalle unverändert schwach präsentieren.
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