Erpresst der IWF Deutschland wegen Griechenland?
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Der Internationale Währungsfonds (IWF) will die Bundesregierung offenbar zu weiteren Zugeständnissen gegenüber Griechenland im Zusammenhang mit der Auszahlung der im letzten Jahr vereinbarten Finanzhilfen zwingen. Dies zeigen geheime Abhörprotokolle, die von der Enthüllungsplattform "Wikileaks" am Samstag veröffentlicht wurden.
Deutschland solle entweder einem weiteren Schuldenschnitt für Griechenland zustimmen oder akzeptieren, dass der IWF sich aus den Finanzhilfen für das überschuldete Land zurückziehe, sagte demnach der IWF-Europa-Chef Poul Thomsen in einem Telefongespräch mit Delia Velkouleskou, dem IWF-Missionschef für Griechenland.
Bereits seit dem letzten Jahr zeichnet sich ab, dass sich der IWF aus den Finanzhilfen für Griechenland zurückziehen will. Denn der Währungsfonds darf eigentlich kein Geld an Länder leihen, deren Schuldenlast langfristig nicht tragfähig ist.
Thomsen deutet in dem Gespräch mit seinem IWF-Kollegen an, dass sowohl Deutschland als auch Griechenland zu weitreichenden Schritten gezwungen werden sollen. Deutschland müsse einem Schuldenschnitt für Griechenland zustimmen und Griechenland weitere Sparmaßnahmen erfüllen, inklusive Steuererhöhungen, Rentenkürzungen und eine Erhöhung der Arbeitszeit. "Ich werde kein kleines Paket akzeptieren", sagte Thomsen in dem Gespräch, das bereits am 19. März stattfand.
Laut Thomsen dürfte erst eine erneute krisenhafte Zuspitzung der griechischen Schuldenkrise sowohl die Geldgeber als auch Griechenland zu weiteren Zugeständnissen zwingen. Auch bisher sei es erst dann zu Entscheidungen gekommen, als Griechenland das Geld ausgegangen sei. "Und möglicherweise wird das wieder passieren", sagt Thomsen. "In diesem Fall zieht es sich bis Juli hin und die Europäer werden keine Diskussionen einen Monat vor der Brexit-Abstimmung haben [wollen] ", so Thomsen.
Thomsen verknüpft die Frage eines Schuldenschnitts mit Griechenland auch mit der aktuellen Flüchtlingskrise und deutet an, dass die Bundesregierung dadurch zusätzlich unter Druck gesetzt werden könnte.
Die Europäische Kommission verhält sich nach Einschätzung des IWF zu nachgiebig gegenüber Griechenland. Die griechische Regierung habe keinen Anreiz, den Forderungen der Gläubiger nachzugeben, weil sie wisse, dass die EU-Kommission immer zu Kompromissen bereit sei und sich auch nicht an das halte, was zuvor mit dem IWF als gemeinsame Verhandlungsposition vereinbart worden sei.
Beim Primärüberschuss, der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben ohne Berücksichtigung von Zinszahlungen, zeigt sich der IWF allerdings nachgiebiger als die Europäer: Hier reiche es aus, wenn Griechenland statt der bisher geforderten 3,5 Prozent nur 2,5 Prozent erreiche. Aus verhandlungstaktischen Gründen will der IWF gegenüber den Europäern aber sogar für eine Absenkung auf 1,5 Prozent eintreten.
Die Bundesregierung lehnt einen Schuldenschnitt für Griechenland vehement ab und setzt sich dafür ein, dass der IWF zusammen mit Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission weiterhin ein Teil der sogenannten Troika bleibt. Der IWF hatte allerdings bereits nach den im vergangenen Jahr beschlossenen neuen Finanzhilfen im Volumen von 86 Milliarden Euro angekündigt, sich nur an den Hilfen beteiligen zu wollen, wenn die Schuldentragfähigkeit Griechenlands zum Beispiel durch einen Schuldenschnitt sichergestellt werde und das Land weitere Reformen umsetze.
Im Telefongespräch wird angedeutet, dass vor den Frühjahrssitzungen von IWF und Weltbank am 15. und 16. April die Verhandlungen mit Griechenland idealerweise abgeschlossen werden sollten. Über einen Schuldenschnitt für Griechenland solle bereits am 6. und 7. April und dann auf Ministerebene am Rande der Frühjahrssitzungen in Washington gesprochen werden.
Die IWF-Offiziellen befürchten aber, dass Deutschland einem solchen Schritt nicht ohne akuten Grund zustimmen werde. "Ich stimme zu, dass wir ein Ereignis brauchen, aber ich weiß nicht, was das sein wird", sagt Velkouleskou. Die Diskussion über weitere Sparmaßnahmen und einen Schuldenschnitt könne sich "für immer" hinziehen, befürchtet Thomsen. Erst wenn Griechenland im Juli das Geld auszugehen drohe oder wenn die Europäer entschieden, dass eine Einigung hergestellt werden müsse, könne es Fortschritte geben.
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