Ein "Crescendo" der Interventionen in konzertierter Form - Stabilisierung erste Priorität!
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Erwähnte Instrumente
Der Euro eröffnet heute bei 1.3650, nachdem gestern Höchstkurse bei 1.3756 markiert wurden. Der USD bleibt gegenüber dem JPY unter Druck und stellt sich aktuell auf 100.40. Zwischenzeitlich wurden Tiefstkurse im asiatischen Handel bei 98.93 erreicht. "Carry-Trades" sind volatil und zeigen erste Stabilisierungserfolge auf dem ermäßigten Niveau. EUR-JPY notiert bei 137.10, während EUR-CHF bei 1.5410 oszilliert.
Dieser Kommentar erscheint täglich auf der Devisenseite : www.godmode-trader.de/devisen
Die konzertierten Aktionen der Politik und der Zentralbanken oder das "Crescendo" der Interventionen sind Beleg dafür, dass
1. die Krise von den "Eliten" in Politik, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden bisher nicht angemessen eingeschätzt wurde, 2. die Dramatik der aktuellen Situation als extrem hoch bewertet werden muss, 3. die Realwirtschaft zusehends stärker in Mitleidenschaft gezogen wird, 4. das US-zentrische Finanzsystem ohne Intensivstbetreuung seine Funktion nicht mehr erfüllen kann (und daher als gescheitert gelten darf) 5. und der ordnungspolitischer Rahmen vollständigst gesprengt ist. Fakt ist, dass der Sieg der Demokratie und des Kapitalismus über das politische und wirtschaftliche System des Kommunismus 1990 offensichtlich ein Phyrrussieg war. Charaktermerkmale der Sozialismus holen uns 2008, also gerade mal 18 Jahre später, ein und werden von neoliberalen Kräften förmlich forciert.
Entsprechend sind hier ein paar Worte zum Gold aus aktuellem Anlass fällig. Seit Jahren machen wir uns in diesem Format für Gold als de facto Devise und/oder Anlage ohne Fehl und Tadel mit einem "Trackrecord" von circa 5.000 Jahren stark.
Physisches Gold ist weitestgehend ausverkauft, auch bei uns im Hause! So etwas hat es in dieser Breite historisch noch nicht, zumindest jedoch kaum, gegeben.
Gleichzeitig signalisiert uns der Futures-Markt in den USA, dass (Papier)Gold mannigfaltig verfügbar ist. Welcher Kapitalmarktteilnehmer geht in der stärksten Krise seit 1929 aggressiv Gold an Future-Märkten short oder konterkariert Aufwärtsbewegungen?
Die aktuellen Preisanstiege sind im Hinblick auf die historisch einmalige Gemengelage als absolut moderat zu bezeichnen. Aggressive Preisrückgänge sind im Tagesverlauf immer wieder auszumachen. Freie Märkte mögen bisweilen in der aktuellen Phase korrumpiert werden. Diese Situation ist jedoch zunehmend grotesk und erinnert an die HO-Läden in der DDR. Die Preise waren niedrig und nichts war verfügbar!
Wenn Zentralbanken und Politik Gold als Krisenindikator ins Abseits stellen wollen, sollten sie "Butter bei die Fische" tun. Das heißt, sie sollten das physische Metall dann auch in den notwendigen Mengen auf den Markt werfen und nicht wie die USA die Prägung der Eagles einstellen. Dann haben die privaten Wirtschaftssubjekte die Möglichkeit, durch ihr Kauf- und Verkaufverhalten abzustimmen, welcher Preis angemessen ist. Die aktuelle Situation entzieht den Wirtschaftssubjekten zu weiten Teilen diese Möglichkeit!
Wenn Gold, wie viele Banker und "Finanzfachleute" sagen, ein Relikt von gestern ist, dann sollte man den Markt ohnehin frei einen Gleichgewichtspreis finden lassen, oder ist Gold gar kein Relikt von gestern und vielmehr ein wesentliches "Asset" von morgen?
Werfen wir einen kurzen und umfassenden Blick auf die Interventionsbox der letzten 24 Stunden:
Rekapitalisierung des britischen Bankenapparats durch die englische Regierung mit 256 Mrd. Euro. Zinssenkungen der EZB, BoE, SNB, BoC, Fed, Riksbank und der PboC folgten Zinssenkungen durch asiatische Zentralbanken. Taiwans Zentralbank senkte um 0,25% auf 3,25%, Koreas Zentralbank verringerte den Satz um 0,25% auf 5,0% und die Hongkong Monetary Authority senkte um 150 Basispunkte auf 2,00%. EZB schreibt Mengentender (bisher Zinstender) zu 3,75% aus, um damit den Preisverwerfungen an dem Geldmarkt entgegen zu wirken. Laut Nachrichtenagenturen sollen dem Versicherungsgiganten AIG weitere 38 Mrd. USD Mittel durch die Fed zur Verfügung gestellt werden, nachdem der bisherige Rahmen von 85 Mrd. USD bereits ausgeschöpft sei. Italien kündigt Hilfsplan für Banken an. Diverse Liquiditätsmaßnahmen diverser Zentralbanken auf globaler Ebene.
Wir überlassen es nüchternen Finanzanalysten zu entscheiden, ob diese Maßnahmen für oder gegen ein Edelmetallengagement sprechen.
Fakt ist, dass das bisherige Intervenmtionsspektrum noch nicht nachhaltig stabilisiert hat. Weitere Maßnahmen stehen auf der Agenda. Das anstehende G-8 Treffen wird hier voraussichtlich neue Facetten liefern. Die Messe ist unverändert nicht gelesen.
Das alte Finanzsystem ist gescheitert - eine Überarbeitung/Renovierung ist mindestens erforderlich. Dabei sollte die Frage der kritischen Größe von globalen Finanzmarktteilnehmer (Bankenaristokratie - siehe "Endlich Klartext") nicht ausgespart werden.
Werfen wir einen Blick auf die gestrigen Veröffentlichungen an der Datenfront:
Die deutsche Industrieproduktion legte überraschend stark um 3,4% im Monatsvergleich und 1,7% (zuvor 01,%) im Jahresvergleich zu. Wir nehmen diese positive Entwicklung zur Kenntnis. Vor dem aktuellen Hintergrund der anziehenden Kreditklemme erscheint diese Entwicklung nicht nach vorne extrapolierbar. Anhängige Hausverkäufe nahmen in den USA per August um 7,4% unerwartet zu. Damit wurde das höchste Niveau seit einem Jahr in diesem Index markiert. Eine Verstetigung der Situation am US-Wohnimmobilienmarkt deutet sich hier ansatzweise an.
Heute stehen solitär US-Veröffentlichungen auf dem Datenkalender:
Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe per 4. Oktober sollen leicht von zuvor 497.000 auf 478.000 zurückgehen, ohne dass damit qualitativ eine Neuausrichtung ableitbar ist oder wäre. Das Niveau impliziert weiterhin ein hohes Stresspotential am US-Arbeitsmarkt. Lagerbestände im Großhandel sollen laut Konsensusprognose um 0,5% per August zulegen, nachdem zuvor ein Anstieg um 1,4% zu verzeichnen war.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.3750 - 80 neutralisiert den negativen Bias des Euros.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
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