Kommentar
07:00 Uhr, 27.06.2025

Diese drei Themen beschäftigen die Börsen

Auch wenn die Kurse aktuell anderes signalisieren, sind diese drei Themen nicht vom Tisch. Man könnte sogar noch ein viertes anführen.

Verfolgt man aktuelle Medienberichte, gibt es derzeit hauptsächlich drei Themen, welche die Börsen beschäftigen:

  • die Lage in Nahost,
  • die Geldpolitik der US-Notenbank,
  • der durch US-Zölle losgetretene Handelskonflikt.

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Eigentlich gibt es noch ein viertes Thema, welches für die Kurse relevant ist, das aber derzeit kaum in den Nachrichten Platz findet: die KI- und Magnificent-7-Blase. Immerhin: Nvidia hat jüngst noch recht prominent in die Medien geschafft hat, da die Aktien am Mittwoch (nach Versandbeginn der Börse-Intern-Ausgabe) doch auch noch ein neues Rekordhoch erreicht haben. Aber abgesehen davon ist dieses Thema derzeit weit in den Hintergrund gerückt, obwohl die Kursanstiege der Magnificent 7 der Grund dafür sind, dass die übrigen drei Probleme nicht zu einer deutlich größeren Belastung für die Aktienmärkte geworden sind.

Der Iran-Atom-Konflikt ist noch nicht gelöst

Jedenfalls: Der Konflikt um das Atomprogramm des Iran war mit Blick auf die Ölpreise jüngst sicherlich das marktbeherrschende Thema. Doch nachdem US-Präsident Donald Trump offiziell das Ende des von ihm sogenannten "Zwölf-Tage-Kriegs" verkündet hat, verschwindet dieses Thema langsam aus den Medien.

Allerdings sollte man es im Hinterkopf behalten. Denn die Problematik könnte noch einmal aufkommen. Schließlich hat der Iran bekundet, die Arbeiten an dem Programm in jedem Fall fortführen zu wollen. Passend dazu hat das iranische Parlament gestern ein Gesetz für eine Aussetzung der Zusammenarbeit mit der UN-Atomaufsichtsbehörde IAEA verabschiedet.

Die IAEA hat in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Überprüfung des iranischen Atomprogramms gespielt. Bekommen die Inspektoren nun keinen Zugang mehr, kann nicht geprüft werden, wie stark die Zerstörungen an den iranischen Anlagen nach den US-Angriffen tatsächlich sind. Und dazu gibt es widersprüchliche Angaben.

Laut einer aktuellen Einschätzung des US-Auslandsgeheimdienstes CIA wurde das iranische Atomprogramm durch die jüngsten US-Angriffe schwer beschädigt. Ein Wiederaufbau werde Jahre dauern, so CIA-Direktor John Ratcliffe. Die Defense Intelligence Agency (DIA), der wichtigste Geheimdienst des US-Verteidigungsministeriums, kam hingegen zuvor zu dem Schluss, dass die US-Militärschläge das Atomprogramm wohl nur um einige Monate zurückgeworfen haben.

Und so könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis der Nahost-Konflikt noch einmal die Schlagzeilen bestimmt, solange sich der Iran weiterhin nicht von seinen Atomplänen abbringen lässt.

Bleibt dieser Konflikt allerdings begrenzt und werden die Ölpreise nicht zu stark nach oben getrieben, dürfte die Belastung für die Aktienmärkte weiterhin überschaubar und von einem "buy the dip"-Verhalten geprägt sein.

Sorgen um die Unabhängigkeit der Fed

Das gleiche gilt für den Zinskurs der US-Notenbank (Fed). Dazu gab es jüngst einige Meinungsverschiedenheiten bezüglich des richtigen Zeitpunktes für Zinssenkungen innerhalb der Fed.

Breite Unterstützung für eine weiterhin abwartende Haltung

Trotz der wiederkehrenden Forderung des US-Präsidenten nach kräftigen Zinssenkungen, verteidigt Fed-Chef Jerome Powell vor dem Kongress seine abwartende Haltung.

Auch andere Fed-Gouverneure sprachen sich dafür aus, dass sich die Notenbank mit einer Zinssenkung noch Zeit lassen könnte, so zum Beispiel der Chef des Notenbankbezirks Atlanta, Raphael Bostic. Er verwies vorgestern darauf, dass Unternehmen aufgrund höherer Importzölle noch in diesem Jahr Preiserhöhungen planten und der Arbeitsmarkt weiterhin stabil sei. Er geht davon aus, dass die Fed Ende 2025 lediglich eine Zinssenkung um einen Viertelprozentpunkt beschließen muss. „Ich gehe davon aus, dass wir im letzten Jahresquartal genug wissen, um handeln zu können“, so Bostic.

Bereits vor dem jüngsten Zinsentscheid der Fed hatten sich die Notenbankerin Mary Daly, die Chefin des Fed-Bezirks Dallas, Lorie Logan, sowie der Chef des Notenbankbezirks Minneapolis, Neel Kashkari, für weiterhin stabile Zinssätze ausgesprochen. Heute sprach sich Daly für eine Zinssenkung im Herbst aus.

Einzelne Stimmen für eine Zinsanhebung

Darüber hinaus gibt es sogar Stimmen, die eine Leitzinsanhebung in Erwägung ziehen. Laut der Fed-Gouverneurin Lisa Cook könnte die sich abzeichnende Handelspolitik von Präsident Donald Trump die Produktivität in den USA beeinträchtigen und möglicherweise sogar höhere Zinssätze erfordern.

Rufe nach einer Zinssenkung bereits im Juli

Allerdings gibt es in der Führungsebene der Fed auch zunehmende Rufe nach einer baldigen Zinssenkung, z. B. von Direktoriumsmitglied Michelle Bowman. Sie erwarte "nur minimale Auswirkungen" der Handelspolitik auf die Preisentwicklung, so Bowman am Montag. Sollte der Inflationsdruck weiterhin begrenzt bleiben, würde sie eine Senkung des Leitzinses bereits auf der Sitzung im Juli befürworten, betonte Bowman.

Zuvor hatte bereits ihr Kollege Christopher Waller eine geldpolitische Lockerung bereits auf der anstehenden Sitzung ins Gespräch gebracht. Auch er glaubt nicht, dass infolge der Zollpolitik größere Inflationseffekte zu erwarten sind, sagte er am Freitag.

Trump übt zunehmenden Druck aus

Das ist insofern heikel, da Waller als ein möglicher Nachfolger Powells gehandelt wird, dessen Amtszeit im Mai 2026 abläuft. Und US-Präsident Donald Trump drückt laut einem Bericht des "Wall Street Journal" bei der Suche nach einem Nachfolger aufs Tempo. Er spiele mit dem Gedanken, den Kandidaten bereits bis September oder Oktober auszuwählen und bekanntzugeben, heißt es unter Berufung auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Dadurch entsteht zunehmend der Eindruck einer politisch motivierten Entscheidung, mit dem Ziel (deutlich) niedrigerer Leitzinsen. Und das wirft an den Börsen Fragen über die Unabhängigkeit der Notenbank und deren Glaubwürdigkeit auf.

Dollar schwer belastet

Nicht ohne Grund stieg der EUR/USD daher heute auf ein neues Hoch in seiner derzeitigen Aufwärtsbewegung und erreichte mit rund 1,1750 USD das höchste Niveau seit September 2021.

Der Dollar verliert also zunehmend an Wert, da Trump die Flucht aus der US-Währung mit seinen Einlassungen immer wieder und weiter anheizt.

Long-Positionen sind daher beim EUR/USD weiterhin zu bevorzugen. Und den Long-Trade, über den ich hier zuletzt am 13. Juni berichtete (siehe "Anleger blicken jetzt sorgenvoll auf die Ölpreise"), kann man daher weiterlaufen lassen. Den Lesern des Chartanalyse-Dienstes "Target-Trend-Spezial", in dem der EUR/USD regelmäßig analysiert wird, hatte ich kürzlich geraten, diesen Trade auf Einstiegskurs per Stop-Loss abzusichern.

Auf die Zinserwartungen der Börsen kommt es an

Für die Aktienmärkte spielen bei dem Thema "Geldpolitik der US-Notenbank" derweil vor allem die Zinserwartungen eine Rolle. Diese haben zuletzt eine Tendenz zu früheren Zinssenkungen gezeigt. Eine Senkung wurde für die anstehende Sitzung am 30. Juli gestern noch mit einer Wahrscheinlichkeit von "nur" rund 20 % eingepreist, heute sind es fast 25 %. Hier haben Trumps Pläne Spuren hinterlassen.


(Quelle: CME Group)

Das gilt auch für die darauffolgende Entscheidung am 17. September. Eine Zinssenkung zu diesem Zeitpunkt wurde gestern mit rund 85 % eingepreist, heute sind es 92,3 %.


(Quelle: CME Group)

Und dass es bis Jahresende zu insgesamt zwei Zinssenkungen kommt, hat laut dem FedWatch-Tool der CME Group aktuell eine Wahrscheinlichkeit von fast 90 %, nachdem es am Mittwoch ebenfalls rund 85 % waren.

Solange es hier aber keine gravierenderen Änderungen gibt, dürfte auch dieses Thema die Börsen nur in einem überschaubaren Rahmen bewegen. Und eigentlich sind grundlegende Änderungen bei der Geldpolitik der US-Notenbank auch bei einem Personalwechsel an der Spitze nicht zu erwarten. Denn über den Leitzins entscheidet der Fed-Chef nicht alleine. Fraglich ist lediglich, ob das auch die Märkte so sehen, wenn erst einmal diese "Sau durchs Dorf gejagt" wird und die Anleger dadurch womöglich mal wieder zur Übertreibung neigen.

Zum Thema "US-Zölle und Handelskonflikt" demnächst mehr.

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