Die Rolle quantitativer Analysen bei aktiven und passiven Anlageformen
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Während Daten-Research in der Anlageverwaltung Einzug gehalten hat, ist eine polarisierte Debatte entbrannt, die genauso hitzig geführt wird, wie die Diskussion um passive oder aktive Anlagen, und meiner Meinung nach sehr viel interessanter und folgenreicher ist.
Bevor wir näher darauf eingehen, lassen Sie mich nur kurz auf einen Aspekt hinsichtlich der Wahl zwischen aktiven und passiven Anlagen hinweisen: Wenn es um festverzinsliche Anlagen geht, haben aktive Anlageansätze passive Strategien in der Vergangenheit immer wieder problemlos übertroffen. Während der letzten zehn Jahre hat der mittlere aktive Investmentmanager im Anleihenbereich die mittlere passive Strategie auf annualisierter Basis um 65 Basispunkte (Bp) und die mittlere auf börsengehandelte Fonds (ETFs) ausgerichtete Strategie um 63 Bp übertroffen (Stand: 30. September 2019, Wertentwicklung der Manager nach Abzug von Gebühren gemessen).
Bei Rentenanlagen haben sich aktive Investments in der Vergangenheit also als die überlegene Strategie erwiesen. Die Frage ist: Welche Form der aktiven Anlage funktioniert am besten?
Quantitatives Research – aktiver Beitrag zu Anleiheentscheidungen
Befürworter des quantitativen Ansatzes (auch als „Quant“-Ansatz bezeichnet) argumentieren, dass er herkömmliche, auf Fundamentaldaten aufbauende Anlagestrategien übertrifft. Sie behaupten, dass ihre Algorithmen regelbasierte Faktoren identifizieren können, die Alpha effektiver und zuverlässiger erzielen. Verfechter eines traditionelleren aktiven Ansatzes setzen dem entgegen, dass erfahrene Wirtschaftswissenschaftler und Kreditanalysten gegenüber Algorithmen, die Daten ohne Kontext durchforschen, immer einen Vorteil genießen.
Ich glaube, dass die gesamte Debatte, die aktive Strategien quantitativen Ansätzen gegenüberstellt, eine falsche Dichotomie darstellt.
In der Franklin Templeton Fixed Income Group führen wir beide Ansätze zusammen. Wir glauben, dass die Zukunft von Anleiheinvestments in der Verknüpfung von quantitativem Research und aktivem Management, das auf einer Fundamentalanalyse basiert, liegt.
Top-Down-Fundamentalanalysen spielen bei unserem Ansatz eine zentrale Rolle (schließlich bin ich Volkswirtin). Unser Prozess beginnt mit dem von unseren Wirtschaftswissenschaftlern erarbeiteten makroökonomischen Ausblick, der sich in einer Reihe wirtschaftlicher Prognosen widerspiegelt. Anschließend werden die Quant- und Daten-Researchteams aktiv und überführen die Einschätzungen der Volkswirte in standardisierte Makrovariablen, die in einen Regressionsbaum-Algorithmus einfließen. Hierdurch wird der makroökonomische Ausblick in Sektoreinschätzungen umgewandelt, was es leichter macht, unterschiedliche Sichtweisen zu vergleichen und zu diskutieren. Dies wiederum legt den Grundstein für unseren firmeneigenen Prozess zur Sektorenverteilung.
Unsere Faktormodelle erzeugen unterdessen unabhängig von den Analysten priorisierte Kauf- und Verkaufsempfehlungen für Unternehmensanleihen. Anschließend vergleichen wir die „besten Ideen“ der Faktormodelle und der Kreditanalysten für jede Branche getrennt. Der Prozess ist besonders nützlich, wenn die fundamentalen Einschätzungen unserer Analysten von den Modellempfehlungen abweichen – dies sind die Situationen, in denen wir am meisten dazulernen. Aus Diskussionen und Überleitungen gehen dann unsere Anlageüberzeugungen und Positionen hervor, von denen wir am stärksten überzeugt sind.
Im Rahmen einer engen Zusammenarbeit fordern sich unsere Analysten und die von unseren quantitativen Analysten entwickelten Modelle gegenseitig heraus und versuchen, sich gegenseitig zu verbessern.
Ein ausgezeichnetes Beispiel hierfür ist die Entwicklung unserer dynamischen Faktorengewichtungen: Unsere Datenanalysten haben einen wachstumssteigernden Algorithmus programmiert, der eine Reihe von makroökonomischen Variablen beinhaltet, um den Kreditzyklus zu erfassen. Der Algorithmus kann die relative Wertentwicklung verschiedener Faktoren (in den Kategorien Wert, Qualität und Momentum) auf der Basis der Entwicklung von Indikatoren zum Kreditzyklus vorhersagen. Anschließend kann er die Faktorgewichtungen anpassen und denjenigen Faktoren mehr Gewicht zuweisen, die unserer Einschätzung nach auf Basis der Entwicklung des Kreditzyklus die besten Ergebnisse liefern sollten.
Daten-Research hat uns einen Satz leistungsstarker neuer Tools zur Erzielung von Überschussrenditen an die Hand gegeben. Aber Algorithmen alleine reichen nicht aus. Algorithmen können sich einem finanziellen und wirtschaftlichen Umfeld mit starkem Rauschen nicht selbst bewegen – sie benötigen Unterstützung durch menschliche Logik und Erfahrung.
Die Zukunft des Anleihemarkts ist bereits gekommen – und sie liegt in der erfolgreichen Verknüpfung von quantitativem Research und aktivem Management, das auf einer Fundamentalanalyse basiert. Das ist genau das, was wir bei der Franklin Templeton Fixed Income Group heute tun. Unsere Wirtschaftswissenschaftler, Analysten, Datenexperten und Portfoliomanager arbeiten eng zusammen. Sie treiben sich gegenseitig an, fordern sich gegenseitig heraus und schaffen so einen positiven Kreislauf zwischen quantitativen und fundamentalen Analysen.
Es ist nicht einfach – aber dies ist die Zukunft.
Was früher einmal ein einfacher, zweidimensionaler (Top-down- und Bottom-up-) Prozess war, wird zu einem vierdimensionalen Schachspiel, in dem sich fundamentale und quantitative Analysen gegenseitig bereichern. Genau dort finden wir die Erkenntnisse und Wettbewerbsvorteile, die erforderlich sind, um mit einem besonders unsicheren und schwierigen Anlageumfeld umzugehen.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.