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11:56 Uhr, 27.03.2017

Die Rally läuft auch ohne Trump

Sollte es der Fed gelingen, die nächsten beiden Zinserhöhungen ebenfalls glaubwürdig anzukündigen, steht BlackRock-Experte Martin Lück zufolge einer weiteren friedlichen Koexistenz graduell steigender Zinsen und Aktienkurse nichts im Wege.

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  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 20.596,72 Pkt (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

New York (GodmodeTrader.de) - Die Erwartung wieder stärkeren Wachstums und eines eher leicht inflationären als deflationären Umfeldes haben in den letzten Monaten den Optimismus an den Finanzmärkten maßgeblich befeuert. Mit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und dem Versprechen von enormen fiskalischen Stimulusmaßnahmen erhielten Wachstums- und Inflationserwartungen den entscheidenden Anstoß. Bis dato zögerliche Investoren übersetzten sie beherzt in Kurssteigerungen an den Aktienmärkten und steilere Renditekurven bei Anleihen, wie Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie für Deutschland, die Schweiz, Österreich und Osteuropa bei BlackRock, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Auch nachdem die erste Welle dieser „Trump-Rally“ gegen Ende 2016 ausgelaufen sei, habe sich der Optimismus fortgesetzt. Amerikanische Aktien lägen per heute seit Jahresbeginn um rund sechs Prozent im Plus, europäische folgten mit einem guten Prozentpunkt Abstand. Immer deutlicher werde sichtbar, dass es nicht nur die immensen – und im Detail wohl kaum erfüllbaren – Versprechungen Trumps seien, welche die Märkte trieben, sondern zunehmend die Überzeugung, dass wir uns tatsächlich in einem wesentlich freundlicheren Makroumfeld befänden als in den meisten Jahren seit der Finanzkrise, heißt es weiter.

„Nicht nur die Tatsache, dass Amerika, Europa und Asien zeitgleich am oder über ihrem Potentialpfad wachsen und damit diese Erholungsphase zu einer selten synchronisierten werden lassen, sorgt für Erwartung weiteren Kurspotentials. Auch die Einschätzung, dass zum ersten Mal in acht Jahren die Gefahr einer Japanisierung der gesamten industrialisierten Welt, das heißt eines Abdriftens in eine deflationäre Spirale, als gebannt betrachtet werden könnte, wäre nichts weniger als ein Regimewechsel. Kein Wunder, dass starke Zahlen wie jene bezüglich der Inflation in den USA in der letzten Woche (Verbraucherpreise im Februar plus 2,7 Prozent, Kernrate 2,2 Prozent) von Investoren gern als Bestätigung für diese positive Zeitenwerde interpretiert werden“, so Lück.

Stören könne in diesem Umfeld sich global ausbreitenden wirtschaftlichen Optimismus‘ lediglich die lästige Politik. Hier habe in der vergangenen Woche die mit Spannung erwartete Parlamentswahl in den Niederlanden auf dem Programm gestanden. Der klare Sieg des amtierenden Premierministers Mark Rutte, der seinen populistischen Herausforderer Geert Wilders auf Abstand halten konnte, habe Marktteilnehmer weiter positiv gestimmt. Befürchtungen, Wilders könne die Wahl gewinnen und als Premierminister die Niederlande aus der EU herausführen, könnten nun wohl getrost zu den Akten gelegt werden. Und nachdem diese politische Klippe umschifft worden sei, richte sich der Blick auf die nächste Herausforderung: Frankreich, heißt es weiter.

„Auch in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone stehen die Zeichen aus unserer Sicht eher günstig. Emmanuel Macron, der erst 39jährige ehemalige Investmentbanker und Wirtschaftsminister, scheint derzeit mit seiner Bewegung En Marche in den Wahlumfragen knapp vorn zu liegen, hauchdünn vor Marine Le Pen vom rechtspopulistischen Front National. Ähnlich wie Wilders in den Niederlanden verfolgt Le Pen vor allem einen antieuropäischen, nationalistischen Kurs. Frankreich aus dem Eurosystem zu entfernen und den Franc wieder einzuführen, ist eines der Kernelemente ihres Wahlprogramms. Da ein derartiges Szenario aus Sicht der Kapitalmärkte vermutlich dramatische Folgen hätte, sorgt jeder Zugewinn Le Pens in den Umfragen für Nervosität“, so Lück.

Im Gegenzug atmeten Marktteilnehmer durch, wenn die Gefahr eines Front National-Sieges eher abnehme, was in der Tat in den letzten Wochen der Fall gewesen sei. Sollte, was im Moment wahrscheinlich aussehe, in der Stichwahl am 7. Mai Macron gegen Le Pen antreten, würde nach aktuellen Umfragen Macron mit 64:36 gewinnen. Zugegeben, Meinungsumfragen hätten nach den Erlebnissen um den Brexit und die US-Wahl nicht den besten Ruf, aber es dürfe doch bezweifelt werden, ob sie tatsächlich um über 20 Prozentpunkte falsch liegen könnten. Natürlich würde bis zum ersten Wahlgang am 23. April noch einiges Wasser die Seine herunterfließen, und wir hätten gelernt, bei politischen Eventrisiken bis zum letzten Moment mit Überraschungen zu rechnen sei. Dennoch sehe aus heutiger Sicht vieles danach aus, als sollte mit der Frankreich-Wahl eine weitere Bremse gelöst werden, die Investoren bisher vor europäischen Assets habe zurückschrecken lassen, heißt es weiter.

„Eine gewichtige Rolle beim Blick auf die relative Attraktivität vor allem Amerikas und Europas spielt die Beurteilung der jeweiligen Zentralbankpolitik. Während die EZB bis auf weiteres berechenbar in Wartestellung bleibt, hat die Fed es aus unserer Sicht bisher vermocht, die jüngsten starken Makrodaten konsequent in straffere Geldpolitik zu übersetzen, ohne die Märkte damit zu überfordern. Entsprechend waren die Reaktionen auf die Zinsanhebung der vergangenen Woche positiv, Frau Yellens Blick auf den weiteren Verlauf 2017 wurde sogar als eher taubenhaft, also vorsichtig, interpretiert. Hier kommt natürlich wieder Trump ins Spiel, denn sollte die neue US-Administration fiskalisch derart aufs Gaspedal treten wie vom Präsidenten angekündigt, dürfte die Inflation stärker steigen und die Fed eventuell zu stärkerem Einbremsen zwingen. Für den Moment erwarten wir aber, wie auch der Konsensus, zwei weitere Zinsanhebungen in diesem Jahr, vermutlich in Juni und September. Sollte es der Fed gelingen, diese Schritte ebenfalls schlüssig zu erklären und glaubwürdig anzukündigen, steht einer weiteren friedlichen Koexistenz graduell steigender Zinsen und Aktienkurse nichts im Wege“, so Lück.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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