Kommentar
11:28 Uhr, 12.12.2014

Die Kehrseite des billigen Öls

Der allgemeinen Meinung, dass billiges Öl gut ist, widersprechen die wenigsten. Verbraucher haben mehr Geld in der Tasche. Das belebt den Konsum und letztlich die Wirtschaft. Insgesamt dürfte die Wirtschaft aber kaum vom billigen Öl profitieren: Denn die Ölmultis gehören zu den wichtigsten Investoren der Welt.

Erwähnte Instrumente

Billiges Öl hat viele Nebenwirkungen. Einige dieser Nebenwirkungen sind positiv, andere negativ. Zu den positiven Effekten gehört sicherlich die Ersparnis an der Zapfsäule, die die Verbraucher zuerst spüren. Viele Unternehmen können zudem billiger produzieren und ihre Güter billiger transportieren. Das wirkt sich positiv auf die Margen aus.

Es gibt aber auch viele negative Effekte, die die positiven vielleicht sogar aufwiegen. Zuallererst sind da die Auswirkungen auf erneuerbare Energien. Je billiger konventionelle Energie ist, desto schwerer haben es Solar und Co. sich endgültig durchzusetzen. Die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energie dürfte sich verzögern. Es wird weniger in erneuerbare Energiequellen investiert. Das verlangsamt die Entwicklung effizienterer Methoden. Unternehmen und Haushalte werden sich bei den niedrigen Ölpreisen mehrmals überlegen, ob sie sich teure Alternativen zu den fossilen Brennstoffen anschaffen, wenn sich das Investment nun erst nach 10 oder 20 Jahren auszahlt und nicht schon nach 5 Jahren.

In den meisten Ländern werden erneuerbare Energien vom Staat stark subventioniert. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Sektor in den kommenden Jahren gleich „eingeht.“ Dennoch ist von Umsatzrückgängen auszugehen. Als Folge sinkender Umsätze und sinkender Margen werden auch Investitionen gekürzt werden. Die gesamte Entwicklung des Sektors wird sich etwas verlangsamen.

Das viel größere Problem niedriger Ölpreise liegt aber woanders. Ölunternehmen sind die größten Investoren überhaupt. Die Ausgaben (CAPEX: capital expenditure) für die Erschließung neuer Vorkommen sind in den vergangenen Jahren fast exponentiell gestiegen. Im Jahr 2000 gaben Ölunternehmen ungefähr 150 Mrd. USD aus, um neue Vorkommen zu erschließen. Bis 2008 stieg dieser Wert auf gut 400 Mrd. Nach dem Rückgang im Krisenjahr 2009 explodierten die Ausgaben wieder. Für 2014 erwarten Forschungsinstitute Gesamtinvestitionen von 728 Mrd. USD.

Das ist eine gewaltige Summe. Investitionen von über 700 Mrd. USD im Jahr sind äquivalent zu einem Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Die Bedeutung der Investitionen aus dem Ölsektor ist so groß wie noch nie. Im Jahr 2000 machten die Investitionen 0,35% der Weltwirtschaftsleistung aus. Die relative Höhe der Investitionen zur Wirtschaftsleistung ist gestiegen. Sie hat sich ungefähr verdreifacht. Für viele Länder sind diese Investitionen größter Wachstumstreiber. Länder wie Nigeria, die von der Ölindustrie abhängig sind, wachsen vor allem wegen der Investitionen der Ölmultis. Bleiben diese Investitionen aus, dann wächst die Wirtschaft kaum, es werden Arbeitsplätze abgebaut, dem Staat fehlen Steuereinnahmen usw. Die Konsequenzen können für viele Länder verheerend sein.

Wie stark die Investitionen zurückgehen werden ist noch nicht absehbar. Die fünf größten Ölunternehmen der Welt wollen in den kommenden Jahren 500 Mrd. weniger investieren. Die OPEC Länder geben an, dass nach 120 Mrd. Investments in 2014 die Investitionssumme um zwei Drittel zurückgeht. Insgesamt dürfte das Investitionsvolumen um 200 bis 300 Mrd. pro Jahr sinken. Das sind dann schlimmstenfalls 0,4% der Weltwirtschaftsleistung. Die sinkenden Investitionen werden einen negativen Einfluss auf Wachstum haben, einmal ganz davon abgesehen, dass die Investitionen notwendig sind, um die Produktionsmenge von Öl aufrecht zu erhalten.

Ein Rückgang der Investitionen bedeutet letztlich Mangel an erschlossenen Ölvorkommen in der Zukunft. So schön der niedrige Ölpreis aktuell ist, er kann langfristig zu einem Ölpreisschock führen – dann allerdings in die andere Richtung.

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  • Löwe30
    Löwe30

    ​Die sinkenden Investitionen bei den Ölunternehmen werden zu mehr Investitionen bei anderen Unternehmen führen können, die von der gestiegenen Kaufkraft durch den niedrigen Ölpreis profitieren und somit wird es wohl kaum einen negativen Einfluss auf Wachstum geben. Es findet lediglich eine Verlagerung statt, die aber die Konsumenten, und das sind wir alle, freut, da sie sich nun mehr von den schönen Gütern die Unternehmen anbieten, leisten können. Diese Unternehmen werden dann Investitionen tätigen, um die Nachfrage zu decken. Dort wird dann der Umsatz steigen, auch dies hat einen positiven Einfluss auf das Wachstum.

    Es wäre auch mal interessant, den Anteil der 728 Mrd. USD zu erfahren, der in Fracking gesteckt wurde. Das Fracking ist ja bei den niedrigen Rohölpreisen nicht mehr wirtschaftlich und das wird die Umwelt freuen.

    Was die "Erneuerbaren" anbelangt, so wäre es auch gut, wenn dieser Unsinn bald ein Ende fände, denn er nützt weder dem Klima noch der Umwelt und erst recht werden Ressourcen nicht geschont, sonder es werden mehr wertvolle Ressourcen verbraucht, denn alles was teurer ist, verbraucht auch mehr wertvolle Ressourcen. Das sollte eigentlich jedem Ökonom geläufig sein.

    Die EE nutzen nur den Solarkönigen und Windbarone:

    http://www.eike-klima-energie.eu/news-cache/abschied-von-der-versorgungssicherheit-deutschlands-stromversorgung-ist-nicht-mehr-zu-retten/

    Übrigens: "Seit Mitte der 80er Jahre werden die Winter wieder kälter, obwohl der C02-gehalt steigt, der zunehmende C02-Ausstoß konnte das Kälter werden nicht verhindern. Seine immer wieder behauptete Treibhaus-Wirkung kann also nicht besonders groß sein, falls es ihn überhaupt gibt."

    http://www.eike-klima-energie.eu/news-cache/winter-werden-nicht-nur-in-oesterreich-kaelter-sondern-auch-in-deutschland/

    Lesenswert dazu auch:

    "Die thermodynamischen Treiber von Temperaturänderungen sind die Sonnenaktivität, die Wolkenbildung, der Wasserdampf und Staub in der Atmosphäre durch die Landnutzung, Emissionen aus Vulkanen, großflächige Veränderungen der Erdoberfläche durch Bebauung, der Waldrodung oder der Landwirtschaft, Meeresströmungen und vieles anderes."

    http://kpkrause.de/2014/11/04/die-vorbeter-die-nac...

    Fazit: Investitionen in die EE sind also Verschwendung von Ressourcen, die anderswo Investiert sehr viel mehr Nutzen für die Menschen brächten.

    13:59 Uhr, 12.12.2014
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Einspruch35
    Einspruch35

    Es wird in nächster Zeit enorme Kaufkraft freigesetzt, ​die im vergangenen Jahrzehnt durch die Ölproduzenten dem Markt entzogen und auf die eigenen Mühlen umgeleitet wurde. Wer sagt denn, dass diese frei gesetzte Kaufkraft in den Händen der Konsumenten nicht höhere Wertschöpfung erzeugt, als im Kreislauf der Ölindustrie? Gesundheit, Bildung + Forschung, Tourismus, Wohnungsbau. Ich halte Projektionen von einem zusätzlichen Konjunkturimpuls als Folge der tiefen Ölpreise für plausibel.

    12:46 Uhr, 12.12.2014
  • apoxx
    apoxx

    ​500 Mrd. weniger Investitionen in diesem Bereich bedeuten 500 Mrd. weniger Zerstörung der Umwelt, das sollte auch bedacht werden!

    11:56 Uhr, 12.12.2014
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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