Kommentar
07:07 Uhr, 07.07.2017

Die Folgen exponentiellen Wachstums

Auf den ersten Blick absolut unglaubwürdig, aber mathematisch völlig zweifelsfrei: wenn Sie ein Blatt Papier 103 mal falten (könnten), dann wäre dieses so dick wie das Universum...

Rechnen Sie selbst. 103 Mal falten = 103 mal Verdopplung der Dicke.

Also (2 hoch 103) * Dicke des Papiers. Tippen Sie das gerne mal ein )

Wie bitte?

Das ist doch nicht zu glauben, oder? Tja, das exponentielle Wachstum hat seine Tücken.

Das bringt mich zu einem meiner Lieblingsthemen, nämlich dem Inflationsziel der EZB, das bei knapp 2 % liegt ("nahe, aber unter") und m.E etwas euphemistisch auch als Geldwertstabilität bezeichnet wird (exakt ist in den EU-Verträgen von Preisstabilität die Rede). Diese Stabilität sieht so aus, dass sich alle 35 Jahre das Preisniveau verdoppelt, sofern die 2 % Inflation pro Jahr (was nach wenig klingt!) erreicht werden. Aktuell klappt das ja zum Leidwesen der Zentralbanker nicht.

Ein Warenkorb, der heute 100 EUR kostet, kostet demnach in

- 35 Jahren 200 EUR
- 70 Jahren 400 EUR
- 105 Jahren 800 ER
- 140 Jahren 1600 EUR
- 175 Jahren 3200 EUR

Ich möchte erneut betonen, dass dies der Teuerung entspricht, die die Zentralbanken als PREISSTABILITÄT bezeichnen.

Zugegeben: vermutlich niemand, der heute lebt, wird die Verzehnfachung des Preisnveaus, das in ca. 116 Jahren erreicht wird, mitbekommen. Aber die Rechnung zeigt eindrucksvoll die Macht des exponentiellen Wachstums. Und wie leicht man verbal reingelegt werden kann, indem extrem kurzfristig argumentiert wird.

Exponentiell wachsen - das sollte man im eigenen Depot auch schaffen oder?

Angenommen Sie haben heute 20 TSD EUR, schaffen 20 % p.a. Rendite nach Steuern, und entnehmen keine Mittel, reinvestieren also komplett die Gewinne.

Dann sind Sie in gut 21 Jahren Millionär!

Viel Erfolg dabei :)

Dazu hier noch eine Daumenregel: 70 durch die Wachstumsrate exponentieller Entwicklungen pro Zeiteinheit = Dauer in Zeiteinheiten x, die es benötigt, bis sich die wachsende Menge verdoppelt. Am Beispiel der 2 % p.a.: 70 / 2 = 35 Jahre!

2 Kommentare

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  • Brainbow
    Brainbow

    Fakt ist dass zwei Prozent Preisanstieg aufs Jahr gesehen niemandem wirklich weh tun. Es ist ein schleichender Prozess der die Glaubwürdigkeit der Währung als Wertaufbewahrungsmittel nicht ins Wanken bringt. 35 oder 70 Jahre sind eine sehr lange Zeit wenn man ein Menschenleben als Maßstab nimmt. Insofern kann ich hier keinen Euphemismus erkennen.

    17:43 Uhr, 07.07.2017
  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Im Mathematik-Unterricht in der Schule wurde das seinerzeit anhand dieser "Legende" erläutert: https://de.wikipedia.org/wiki/Sissa_ibn_Dahir ;)

    10:53 Uhr, 07.07.2017

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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