Deutschland hat entschieden
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Erwähnte Instrumente
San Mateo (GodmodeTrader.de) - Wie weithin erwartet worden war, haben die deutschen Wähler Angela Merkel für eine weitere Amtszeit zur Kanzlerin gewählt. Eine starke kurzfristige Reaktion der Finanzmärkte auf dieses Wahlergebnis ist zwar unwahrscheinlich, aus längerfristiger Sicht gibt es jedoch Anzeichen, dass die politische und wirtschaftliche Landschaft in der Europäischen Union vor einem Umbruch stehen könnte, wie Matthias Hoppe, Senior Vice President und Portfolio Manager bei Franklin Templeton Multi-Asset Solutions, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Anleger hätten sich im Vorfeld der deutschen Bundestagswahlen ausgesprochen desinteressiert gezeigt. Und das aus gutem Grund. Nur wenige Kommentatoren erwarteten etwas anderes als eine Rückkehr Angela Merkels an die Macht, allerdings ohne dabei eine absolute Mehrheit im Bundestag zu erringen, heißt es weiter.
„Kurzfristig rechnen wir nicht damit, dass die Bestätigung dieses Ergebnisses erhebliche Auswirkungen auf das aktuelle konjunkturelle Umfeld in Europa haben wird. Für viele Anleger könnte der Wahlsieg Merkels als weiterer Grund erscheinen, europäische Vermögenswerte zu halten, um vom bereits starken Wachstum Europas zu profitieren. Aus längerfristiger Sicht könnte das Wahlergebnis das Tempo europäischer Reformen bestimmen – bis dato ein Faktor, der den Spreads von Staatsanleihen Unterstützung geboten hat“, so Hoppe.
Nachdem Emmanuel Macron im Frühjahr bei den französischen Wahlen den Sieg davongetragen habe, habe sich der Optimismus bezüglich des Engagements von sowohl Frankreich als auch Deutschland für Reformen der Eurozone verstärkt. Dieser Optimismus habe sich teilweise in einer starken Verengung der Spreads von Staatsanleihen widergespiegelt, insbesondere beim Spread zwischen französischen Anleihen und den als Referenz dienenden deutschen Bundesanleihen. Gleichzeitig spiegelten die Kurse ein sehr viel geringeres Risiko eines Auseinanderbrechens des Euroraums wider, heißt es.
Es werde weitläufig angenommen, dass Merkel nun gemeinsam mit Macron versuchen könnte, eine Fiskalpolitik umzusetzen, die darauf ausgelegt sei, nicht nur die Wirtschaft der Europäischen Union (EU) anzukurbeln, sondern auch die Integration Europas zu verstärken. Und bestehe ein gewisses Maß an Hoffnung, dass eine Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich die erforderlichen strukturellen Reformen der EU sowie des Euroraums vorantreiben könnte, heißt es weiter.
„Unserer Einschätzung nach könnte dies erhebliche Auswirkungen auf die Kapitalströme hin zu den Aktien und Anleihen der Region haben. Allerdings gehen wir davon aus, dass sich eine Umsetzung dieser Reformen als schwierig erweisen dürfte. Zudem hat Merkel bislang einen eher reaktiven und weniger proaktiven Regierungsstil verfolgt. Sie ist nicht dafür bekannt, sich für Veränderungen stark zu machen und diese voranzutreiben. Je nachdem, mit wem sie eine Koalition bilden muss, könnte es sich zudem als schwieriger erweisen, Reformen umzusetzen“, so Hoppe.
Bezüglich ihrer Vision für Europa habe sich Merkel bislang eher bedeckt gehalten. Das Programm ihrer Partei, der Christlich Demokratischen Union (CDU), enthülle nicht sonderlich viele Details. Die CDU habe erklärt, hinsichtlich einer allmählichen Weiterentwicklung des Euroraums allgemein offen für eine Zusammenarbeit mit der neuen französischen Regierung zu sein. Zudem habe sie sich Spielraum für ein gewisses Maß an regionaler Solidarität gesichert. Allerdings beharre sie auch darauf, dass zunächst einmal die Vorschriften eingehalten werden müssten. Die Agenda der CDU sei allerdings dahingehend sehr deutlich, dass für sie eine Mutualisierung der Schulden der Länder der Eurozone – eine Idee, die von anderen europäischen Regierungen vorgeschlagen und auch schon von Macron diskutiert wurde – nicht in Frage komme, heißt es weiter.
„Es gibt mehrere Bereiche, in denen wir gewisse Fortschritte erwarten könnten. Allerdings steckt der Teufel – wie immer – im Detail. Sowohl Deutschland als auch Frankreich scheinen sehr daran interessiert zu sein, einen Finanzminister als Vertreter des Euroraums zu ernennen. Der entsprechende Prozess und die letztendliche Ausgestaltung einer solchen Position müssen jedoch noch definiert werden. Beide Länder haben einen dedizierten Haushalt für den Euroraum vorgelegt, hinsichtlich des Umfangs und der Finanzierung gehen die Meinungen jedoch auseinander. Andererseits scheint Einigkeit zu herrschen, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) in einen Europäischen Währungsfonds umgewandelt werden sollte, um Unabhängigkeit gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erlangen“, so Hoppe.
Angesichts dieser Meinungsverschiedenheiten erscheine eine rasche Einigung unwahrscheinlich, und Reformen könnten zunächst einmal auf einen späteren Zeitpunkt vertagt werden. Es erscheine wahrscheinlicher, dass die Geschäfte zunächst einmal unverändert fortgeführt würden. Reformen dürften sich als schwieriger erweisen als von vielen Anlegern derzeit erwartet werde. Die Marktteilnehmer würden sich also zügig wieder auf dringlichere Probleme konzentrieren, beispielsweise auf die nächsten von der Europäischen Zentralbank (EZB) unternommenen Schritte, heißt es weiter.
„Wir rechnen nicht damit, dass die Wahlergebnisse kurzfristig erheblichen Einfluss auf den konjunkturellen Ausblick für Deutschland haben werden. Es wird allgemein erwartet, dass die solide Binnennachfrage, die Konsumausgaben und die Investitionen das robuste Wachstum des Bruttoinlandsprodukts auch weiterhin unterstützen werden. Die neue Regierung könnte sich zwar für eine leichte Steuersenkung für die Mittelschicht aussprechen oder sogar – wie während des Wahlkampfes versprochen – einer Anhebung der Infrastrukturausgaben zustimmen, wir bezweifeln jedoch, dass dies bedeutende Auswirkungen auf die Aktienmärkte haben würde“, so Hoppe.
Die meisten Beobachter hofften, dass sich die Regierung unter Merkel in der nächsten Legislaturperiode (die aller Wahrscheinlichkeit nach ihre letzte sein dürfte) auf langfristige Themen konzentrieren werde, um nicht nur eine starke und stabile deutsche Wirtschaft, sondern auch die Zukunft der EU zu sichern. Trotz der starken Wirtschaftsleistung müssten mehrere Herausforderungen in Angriff genommen werden, beispielswiese die Ausgaben für Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung. Auch die Probleme der Automobilbranche müssten angegangen werden, da der Sektor einen wichtigen Wachstumsmotor und Arbeitgeber für Deutschland darstelle, heißt es weiter.
„Die mittel- bis kurzfristige Reaktion der Finanzmärkte auf dieses Wahlergebnis dürfte unserer Einschätzung nach also gedämpft ausfallen, längerfristig könnte sich jedoch ein anderes Bild abzeichnen“, so Hoppe.
Passende Produkte
WKN | Long/Short | KO | Hebel | Laufzeit | Bid | Ask |
---|
Regierungsbildung unter Merkel??? mit CSU+FDP gegen Grüne ???
Wahrscheinlich im Frühjahr OHNE Merkel!!!!
Letzter Absatz, die meisten Beobachter hoffen "... Zukunft der EU sichern", d.h. auf Einfach-Deutsch (zum verstehen), die BRD zahlt. Nur darum geht es für die Nettozahlungsempfänger in der EU. Und unser Herr Macron hofft doch auch nur auf Hilfe aus Brüssel, will er ersthaft in Frankreich Änderungen erzielen? Sicher nicht, die Widerstände würden ihn auf St. Helena befördern. Aber er tut wenigstens so, als ob es Reformen gibt (vielleicht doch ein kleines Reförmchen?). Nein, die EU-Fangemeinde ist nur versammelt um Wohltaten aus Brüssel abzuholen. Solange sich ein Depp findet, der die Party bezahlt, warum nicht weiter machen.