Kommentar
12:56 Uhr, 01.06.2018

Deutsche Bank: Jetzt billig einsteigen?

Die Aktien der Deutschen Bank befinden sich seit Monaten im freien Fall. Sollte man jetzt billig einsteigen und auf eine Erholung spekulieren?

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Man möchte aktuell kein Mitarbeiter der Deutschen Bank sein - ganz besonders keiner mit Kundenkontakt. Dass sich die Aktien der Bank im freien Fall befinden, ist inzwischen auch Thema in den Mainstream-Medien. So mancher Kundenbetreuer der Bank hat aktuell wohl mit unangenehmen Fragen zu kämpfen, wie sicher denn die Einlagen der Sparer bei der Bank noch sind. Andererseits hat die Deutsche Bank wie viele Banken seit der Finanzkrise ohnehin einen schlechten Ruf, der für das Geschäft alles andere als förderlich ist.

Auch in den letzten Tagen reißen die schlechten Nachrichten nicht ab: Die US-Einlagensicherung FDIC hat das Geldhaus auf eine Liste von "Problembanken" gesetzt und die Ratingagentur S&P hat die Bonitätsnote des Geldinstituts von "A-" auf "BBB+" gesenkt. Zudem ließen die politischen Turbulenzen in Italien die Ängste vor einer neuen Euro-Krise hochkochen.

Vorstandschef Christian Sewing versuchte am Freitag, in einem Schreiben an die Mitarbeiter die Sorgen zu zerstreuen. "Auf Konzernebene steht unsere Finanzstärke außer Frage", schrieb Sewing. "Unsere Kredit- und Marktrisiken sind so gering wie selten. Spekulationen darüber, dass uns durch die politische Unsicherheit in Italien erhebliche Belastungen drohen könnten, sind vollkommen unbegründet." Das ganze Schreiben können Sie hier nachlesen.

Die Ernennung von Christian Sewing zum neuen Vorstandschef Anfang April hätte eigentlich so eine Art Befreiungsschlag für das angeschlagene Institut werden können - auch, weil Sewing nicht aus dem Investmentbanking kommt und sich vom ganz normalen Kundenbetreuer bis in den Vorstand nach oben gearbeitet hat. Nicht nur externe Beobachter, sondern auch viele Mitarbeiter und Anleger der Bank waren mit den Fortschritten unter Sewings Vorgänger John Cryan unzufrieden. Zu langsam, zu wenig einschneidend, zu uninspiriert erschien vielen Beobachtern der Versuch von Cryan, der Krise zu entkommen.

Doch die Chance auf einen Neuanfang wurde auch unter Christian Sewing bisher vertan. Von einer klaren Strategie, wie die seit Jahren andauernde Krise überwunden werden soll, ist leider auch nach dem Wechsel an der Vorstandsspitze wenig zu erkennen. Die Deutsche Bank zieht sich aus einigen Regionen zurück, verschärft den Sparkurs - und vermeidet trotzdem eine klare strategische Neuausrichtung. Dabei ist die Frage des Geschäftsmodells im Zweifel viel wichtiger als die Frage, wer denn nun an der Spitze des Vorstands steht. Es fehlt weiter die klare Vision, womit die Bank eigentlich in Zukunft Geld verdienen will.

Seit Jahren ist die Deutsche Bank eine exzellente Geldvernichtungsmaschine für ihre Aktionäre. Um das zu erkennen, reicht schon ein Blick auf den langfristigen Kursverlauf. Wer in den vergangenen Jahren auf sinkende Kurse bei den Anteilsscheinen von Deutschlands größter Bank spekulierte, lag eigentlich immer richtig.

Die Aktien der Deutschen Bank im Langfristchart
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Das einzige Argument, das aus fundamentaler Hinsicht aktuell für einen Einstieg bei der Deutschen Bank sprechen könnte, ist die inzwischen extrem günstige Bewertung. Der Buchwert je Aktie des Bankhauses belief sich am Ende des ersten Quartals auf 29,53 Euro. Ignoriert man sämtliche immateriellen Vermögenswerte, waren es immerhin noch 25,70 Euro. Aus dem Buchwert ergibt sich aktuell ein äußerst günstiges Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) von 0,32 bzw. 0,37. Die Aktien der Bank sind also aktuell für ein Drittel ihres fundamentalen (Buch-)Wertes zu haben.

Allerdings ist der Buchwert besonders bei Banken und ganz besonders bei der Deutschen Bank mit großen Unsicherheiten behaftet. Denn ein Großteil der "Vermögenswerte" der Bank besteht aus Wertpapier- und Derivatepositionen, deren Wert sich unter Umständen schnell ändern kann. Ähnliches gilt auch für einen Teil der Verbindlichkeiten der Bank. Der Abschlag zum Buchwert ist ein Ausdruck des Risikos, dass sich die Werthaltigkeit der Assets und Verbindlichkeiten der Bank schnell ändern kann.

Auf Basis ihres Ertragswertes sind die Aktien der Deutschen Bank insgesamt ebenfalls günstig. Auf Basis des für 2018 erwarteten Gewinns je Aktie sind die Aktien der Deutschen Bank mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 17 zwar recht teuer. Dies relativiert sich aber, wenn man für die kommenden Jahre (wie die Analysten) einen deutlichen Gewinnanstieg erwartet. Auf Basis der Schätzungen ergibt sich für 2019 ein KGV von 9, für 2020 von 7 und für 2021 von 6. Die Frage ist allerdings, welchen Wert man diesen Analystenschätzungen beimisst. In den vergangenen Jahren war die Deutsche Bank nicht profitabel. Die Analysten unterstellen, dass sich das ändern wird. Allerdings lagen die Analystenschätzungen in den vergangenen Jahren oft meilenweit neben den tatsächlichen Ergebnissen und waren in der Tendenz viel zu optimistisch.

Aus charttechnischer Sicht haben die Aktien der Deutschen Bank einen dramatischen Kursverlust von mehr als 40 Prozent seit Jahresanfang hinter sich und befinden sich in einem intakten Abwärtstrend. Ganz grundsätzlich sollten Anleger nie in ein fallendes Messer greifen. Andererseits neigt der Markt aber kurzfristig oft zu Übertreibungen, die wieder korrigiert werden. Deshalb dürften die Chancen auf einen kurzfristigen Rebound bei den Aktien der Deutschen Bank nicht schlecht stehen. Eine nachhaltige Bodenbildung ist aber noch lange nicht erkennbar.

Fazit: Weder fundamental noch charttechnisch ist aktuell eine Trendwende bei der Deutschen Bank erkennbar. Anleger mit mittel- bis langfristigem Horizont sollten deshalb lieber die Finger von den Anteilsscheinen des größten deutschen Bankhauses lassen - trotz der extrem günstigen Bewertung. Kurzfristig allerdings könnten sich durchaus Chancen auf der Long-Seite ergeben. Denn im kurzfristigen Zeitfenster neigt der Markt zu Übertreibungen, die dann oft wieder korrigiert werden.

Eine ausführliche Chartanalyse zur Deutschen Bank finden Sie hier: DEUTSCHE BANK – Eine Woche zum Vergessen


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  • EsJay
    EsJay

    Guter, sachlicher Artikel. Ganz anders als die vielen anderen, die man z.Zt. in anderen Medien zu diesem Thema lesen kann (besonders selbstgefällig und inkompetent wirken da "Die Welt" und "managermagazin").

    Generell finde ich es schon befremdlich, wie sich das Thema, dass die Deutsche Bank auf der FDIC-Liste steht, verselbständigt. Genauer gesagt, die Sicherheit, dass es sich bei dem Neuzugang auf der FDIC-Liste um die Deutsche Bank handeln muss.

    Tatsächlich weiß man das nämlich nicht, da diese Liste keine Namen enthält und die FDIC das auch nicht irgendwie publik macht. Veröffentlicht wird nur die Anzahl der Banken und die Summe der Bilanzsummen. Ja, und da es nun eine mehr ist und die Summe um 42,5 Milliarden zugenommen hat (in einem Quartal) sucht man einfach nach einer Bank mit einer Bilanz in dieser Größenordnung. Und siehe da: Deutsche Bank USA mit 42,1 Milliarden.

    Klingt logisch - zugegeben. Aber nun halte ich es nicht für glaubwürdig, dass die Bilanzsummen der 95 anderen Banken auf dieser Liste konstant sind. Also, wenn sich die Summe der 95 Bilanzsummen auch nur um 1% geändert hat, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass es sich um die Deutsche Bank handelt. Denn dann liegt die Bilanzsumme der neu hinzugekommenen Bank nämlich nicht mehr bei 42,5 Milliarden, sondern vielleicht bei 30 oder 60 Milliarden.

    Und dann ist da noch die Bewertung „in troubled conditions“ der FED. Nach allem was ich dazu gelesen habe, gab's diese Bewertung wegen ungenügender Kontrollstrukturen innerhalb der Bank (und nicht wegen Problemen mit der Kapitalisierung/Liquidität). S&P hat übrigens explizit die Kapitalausstattung und Liquiditätsreserven trotz der Herabstufung positiv hervorgehoben. Das Problem mit den Kontrollstrukturen dürfte doch wohl ohne exzessiven Aufwand zu beheben sein - und wird sicherlich auch nicht viel Zeit erfordern.

    Zu guter Letzt: "Eine nachhaltige Bodenbildung ist aber noch lange nicht erkennbar." Die muss es auch nicht geben. Im Okt. 2016 ging es nach dem Allzeittief wieder sehr schnell nach oben - ohne Bodenbildung. (Kann natürlich diesmal auch ganz anders sein...)

    11:07 Uhr, 02.06.2018
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Nach aller Erfahrung kann man gerade mit dem Buchwert gewaltig auf die Nase fallen: Vermeintliche Schnäppchen mit einem unfassbar niedrigen "Buchwert" entpuppen sich nämlich gerne als Pleitekandidaten. So weit ist es bei der DB zwar noch nicht, aber die Richtung stimmt schon mal...

    01:08 Uhr, 02.06.2018
  • Market Impact
    Market Impact

    Gut das ich kein Day Trader bin, habe mir ein paar DB Aktien ins Depot gelegt.

    20:58 Uhr, 01.06.2018
  • marc123
    marc123

    Wie hoch ist den der (Buch-) Wert von der Commerzbank?

    14:00 Uhr, 01.06.2018
    1 Antwort anzeigen
  • wolp
    wolp

    Schlimm sind auch die deutschen Autofirmen ganz kriminell! Oder die Minen, übelst Gold,, menschenverachtend!

    13:51 Uhr, 01.06.2018
  • Zukunft21
    Zukunft21

    der DB fällt gerade ihre Traumwelt auf die Füße sind immer in der ersten Reihe wenn es um Betrügereien geht und glauben wohl immer noch sie wären eine super Investmentbank kann man nur lachen.

    Hauptsache die Boni stimmt !!!!

    Das Privatkundengeschäft wurde über Jahre vernachlässigt nun rächt es sich und ich würde keinen Cent meines sauer verdienten Geldes in solch eine Bank wie die Deutsche Bank stecken da gibt es viel bessere Alternativen als diese Aktie !!

    Sind Verbrecher und bleiben Verbrecher 😲

    13:16 Uhr, 01.06.2018

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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