Kommentar
09:38 Uhr, 29.11.2012

Der beste Ort der Welt, um heute geboren zu werden

Als ich vor gut 40 Jahren auf dem Höhepunkt des Ceausescu-Regimes in Rumänien geboren wurde, galt Deutschland den meisten dort als das Land der Träume. Auch heute setzen sich wieder Einwanderungsströme aus Südeuropa in unsere Richtung in Bewegung. Dennoch ist Deutschland sicher nicht mehr das Land, das man als besten Platz der Welt bezeichnen würde, um heute geboren zu werden. Wer nämlich über den Tellerrand hinausschaut, erkennt, dass wir es zwar noch mit einer relativen Stärke beispielsweise gegenüber den Euro-Krisenländern zu tun haben. Dennoch sind die Industriestaaten der Eurozone genauso wenig wie die Vereinigten Staaten die Länder, in denen Milch und Honig fließen.

Hohe Staatsverschuldung, alternde Bevölkerungen und ein immer mächtiger werdender Staat sorgen für eine massive Hypothek, die wir unseren Kindern heute mit auf den Weg geben. Wer heute in Deutschland geboren wird, dürfte zwar bei vernünftiger Bildung und ausreichend Fleiß gute Chance auf ein vernünftiges Arbeitsleben haben – er wird sich jedoch voraussichtlich einem gierigen Staat gegenüber sehen, der ihn mit hohen Steuern und Abgaben schröpft sowie seine persönlichen Freiheit Stück für Stück beschneidet. Und ihm droht in den kommenden Dekaden eine Gesellschaft, in dem nicht nur der Staat verarmt, sondern auch Teile der Bevölkerung.

Die britische Wochenzeitung The Economist hat nun in einem interessanten Artikel unter dem Titel „The lottery of life“ eine Rangliste der besten Länder zusammengestellt, in denen man heute geboren werden kann. Dabei wurden elf Kriterien berücksichtigt, die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Faktoren beinhalten. Darunter das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung, die Lebenserwartung, Demografie, Sicherheit – aber auch die in Umfragen geäußerte ganz subjektive Zufriedenheit der Bevölkerung.

Besonders spannend ist, dass eine ähnliche Rangliste von dem Magazin bereits vor 24 Jahren, in 1988, durchgeführt wurde. Die damalige Top 3 hießen: USA, Frankreich, (West-) Deutschland. Keines dieser Länder rangiert heute noch unter den ersten 15 Plätzen. Deutschland und die USA liegen auf einem gemeinsamen Platz 16, die Franzosen sind gar auf Rang 26 zurückgefallen.

In den Top 10 finden sich sieben der neun Länder, die ich in meinem Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“ als interessante Ziele für die Auswanderung vorgestellt habe: Allen voran die Schweiz, Australien und Norwegen. Daneben auch Singapur, Neuseeland und Kanada. Für meinen Geschmack sind die wachsenden Schwellenländer etwas zu wenig in der Rangliste berücksichtigt: Chile beispielsweise findet sich als erstes Land Südamerikas nur auf Rang 23, Uruguay fehlt völlig. Aber die Tendenz ist dennoch völlig klar: Die wirtschaftlichen Großmächte der vergangenen Jahrzehnte haben ihren Höhepunkt überschritten. Sie werden abgelöst von Ländern und Regionen, die demografisch weiter wachsen, sich als kleiner Staat eine interessante wirtschaftliche Nische gesucht haben oder mit vorhandenem Rohstoffreichtum verantwortungsvoll umgehen.

Das mag für jemanden, der in einem Land geboren und aufgewachsen ist und dieses als das „beste“ betrachtet, schwer zu akzeptieren sein, schreibt Simon Black in seinem lesenswerten Dienst „Sovereign Man“. Er riskiert jedoch im Gegenzug, von einem kollabierenden Staat erdrückt zu werden. Dies gilt nicht für Babys, die heute geboren werden. Es gilt auch für die private Geldanlage. Auch hier lohnt der Blick auf die Liste der besten Staaten der Welt.

Über den Autor:

Roland Klausarbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und ist aktiver Investor. Für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC berichtete er von der Frankfurter Börse. In seinem Buch „Wirtschaftliche Selbstverteidigung“ analysiert er die Schuldenkrise und liefert konkrete Ratschläge, wie man sich vor den entstehenden Risiken schützen kann. Sie erreichen Ihn unter www.wirtschaftliche-selbstverteidigung.de

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