Fundamentale Nachricht
10:56 Uhr, 05.09.2018

„Der Ausverkauf der Lira bleibt ein türkisches Phänomen“

Nach Einschätzung von Michiel Verstrepen, Volkswirt bei Degroof Petercam AM, ist ein Übergreifen der Lira-Währungsturbulenzen auf andere Schwellenmärkte unwahrscheinlich.

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Brüssel (GodmodeTrader.de) - Die Probleme der Türkei haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit. Seit einiger Zeit ist klar, dass das Land zu den fragilsten Schwellenländern gehört. Das starke Wachstum wurde zuletzt durch Leistungsbilanzdefizite finanziert. Gleichzeitig ist die Türkei stark von ausländischen Energieimporten abhängig. Die gestiegenen Energiepreise der vergangenen Monate haben die Handelsbilanz zusätzlich belastet, wie Michiel Verstrepen, Volkswirt bei Degroof Petercam AM, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Die wirtschaftliche Expansion sei durch eine expansive Fiskalpolitik unterstützt worden. Doch die Veränderungen im äußeren Umfeld hätten die Verwundbarkeit des türkischen Aufschwungs zunehmend deutlich gemacht. Die Türkei sei innerhalb der Schwellenländer aufgrund ihrer hohen Verschuldung im Ausland besonders anfällig für steigende Energiepreise und verschärfte globale Finanzbedingungen, heißt es weiter.

„Immer wieder steht die Frage im Raum, ob dies der Beginn einer neuen Krise der Emerging Markets sein könnte. Heute sitzen die Schwellenländer jedoch nicht mehr alle im selben Boot. Viele der aufstrebenden Staaten haben ihre makroökonomischen Rahmenbedingungen verbessert, unter anderem durch den Einsatz umfangreicher Reservepuffer, finanzieller Sicherheitsnetze und flexibler Wechselkurse. Da flexible Wechselkurse grundsätzlich volatil und anfällig sein können, müssen sie von einer unabhängigen und glaubwürdigen Zentralbank begleitet werden. Die Türkei hat diese Standards zuletzt jedoch immer weniger erfüllt“, so Verstrepen.

Seit Jahresbeginn habe die Zentralbank in Ankara ihre Zinssätze trotz fallender Lira und steigender Inflation nicht rechtzeitig und wesentlich erhöht. Bereits zuvor habe Staatspräsident Erdogan der Glaubwürdigkeit der türkischen Geldpolitik geschadet, indem er Zinserhöhungen in öffentlichen Erklärungen als „Mutter und Vater allen Übels“ bezeichnet habe. Der Verdacht der Einmischung in die Zentralbankpolitik sei noch verstärkt worden, als Erodgans Schwiegersohn Berat Albayrak an die Spitze des türkischen Finanzministeriums berufen worden sei. Als die Lira weiter abgestürzt und die Inflation angestiegen sei, habe die Zentralbank von angemessenen Reaktionen abgesehen. Der Handelsstreit mit den USA habe schließlich die Finanzkrise in der Türkei verschärft, heißt es weiter.

„Wir meinen, dass es sich beim Ausverkauf der Lira um ein rein türkisches Phänomen handelt. Die meisten Politiker in anderen Schwellenländern sind derweil nicht bestrebt, die Gesetze der Wirtschaft auf Kosten ihrer Bürger in Frage zu stellen. Hoffen wir, dass die türkische Politik die Situation bald ändert, bevor sich der wirtschaftliche Schaden noch weiter ausdehnt“, so Verstrepen.

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3 Kommentare

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  • shark
    shark

    Ein Phänomen ist de Ausverkauf der türkischen Lira eigentlich nicht- da gibt es gute Gründe dafür !!!!!!!!

    Argentinien ist n.m.M. weitaus interesanter als die Türkei für ein Investment ,vor allem in Grund un Boden

    13:09 Uhr, 06.09.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Austrochris
    Austrochris

    Die Einschätzung von Michiel Verstrepen, Volkswirt bei Degroof Petercam AM, denn ich nicht besonders gut kenne ( 😎 ) ist sehr sehr waage !

    Schlussendlich ist das ganze weltweite Finanzsystem miteinander vernetzt und jede Turbulenz in einer Währung eine Gefahr , insbesondere die Lira . Weit über 200 Milliarden haben die Türken nämlich Schulden in Euro und Dollar . Und 1 und 1 = 2 , somit ist diese Einschätzung ein Schwachsinn erster Güte !!!

    " Der Ausverkauf des argentinischen Peso ist ein argentinisches Phänomen " usw und sofort

    14:09 Uhr, 05.09.2018

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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