Fundamentale Nachricht
13:32 Uhr, 15.01.2016

DAX mit Verlusten: „It’s the oil, stupid“

Die Stimmung am deutschen Aktienmarkt hat sich am Freitag wieder deutlich verdüstert. Einmal sorgte die anhaltende Talfahrt der Ölpreise für Kopfschmerzen bei den Anlegern, denn die schwachen Preise werden u. a. als Indiz für eine globale Konjunkturabschwächung gewertet.

Erwähnte Instrumente

DAX

Die Stimmung am deutschen Aktienmarkt bleibt angespannt und es ist auch so schnell keine Besserung absehbar. Der Deutsche Leitindex gibt am Mittag weitere 1,21 Prozent ab und setzt auf 9.666 Punkte zurück. Heute verschreckte die Anleger erneut der nicht enden wollende Ölpreisverfall, der allerhand dramatische Folgen mit sich bringen kann. Autofahrer mögen sich über günstige Benzinpreise ja noch freuen, an der Börse sorgt man sich aber über eine Pleitewelle im Energiesektor. Ein Kollaps im Öl könnte zu Milliardenverlusten bei Banken führen, die gezwungen wären, uneinbringliche Kredite abzuschreiben, befürchtet Jochen Stanzl von CMC Markets. Allein US-Banken sollen hochverzinsliche, spekulative Kredite in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar an den Ölsektor vergeben haben, um das Nullzinsumfeld zu umgehen. „Diese Renditejagd könnte sich bitter rächen“. Beim DAX deutet sich aktuell auf Wochensicht ein Minus von rund 2 Prozent an. Am Nachmittag stehen aber eine Flut von US-Konjunkturdaten an, die positive Impulse entfachen könnten.

Charttechnik


Der DAX testete in den vergangenen beiden Stunden die Unterstützung bei 9.679 Punkten sehr großzügig. Hier könnte vor allem ohne neues Tief unterhalb von 9.614 Punkten eine neue Kaufwelle bis auf zunächst 9.810/885 Punkten gestartet werden. Viel Spielraum haben die Käufer dafür aber nicht mehr, denn neue Tiefs würden den laufenden Abwärtstrend bestätigen. Das große Ziel innerhalb dessen liegt weiterhin bei 9.396/325 Punkten.

Thema des Tages

Die Ölpreise sind am Freitag weiter in die Knie gegangen. Der Preis für das schwarze Gold ist zwischenzeitlich unter 30 US-Dollar gefallen. Der WTI-Preis für ein Fass zur Auslieferung im Februar fiel bis auf 29,39 Dollar. Das war der tiefste Stand seit 2003. Brent zur Auslieferung im März kostete im Tiefstand 29,43 Dollar. Das war der tiefste Stand seit über elf Jahren. Und auch bei diesen Marke wird am Markt noch spekuliert, ob hier endlich der Boden gefunden wird oder die Talfahrt weiter geht.

Grund für den heutigen Preisrutsch waren Spekulationen über eine Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran schon am kommenden Montag. Sollte der Iran seine Ankündigung wahr machen und sein Ölangebot schnell ausweiten, könnte dies zu einem weiteren Rückgang bei der Sorte Brent beitragen. In diesem Falle würde sich die Preisdifferenz zugunsten von WTI ausweiten. „Die Aufhebung der Sanktionen kommt für den Ölmarkt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt und hat somit das Potenzial, die Preise weiter nach unten zu drücken", so Eugen Weinberg, Analyst bei der Commerzbank. Allerdings stehe die Aussage eines führenden Vertreters der staatlichen iranischen Ölgesellschaft NIOC im Raum, die Angebotsausweitung marktschonend durchführen zu wollen, beruhigt der Experte. Dennoch dürfte die Überversorgung des Marktes bestehen bleiben. Laut einer EIA-Prognose könnte zwar die US-Ölproduktion im Januar um etwas mehr als 100.000 Barrel/Tag sinken. Die zusätzlichen Mengen, die der Iran dann exportiert, dürften den Rückgang der US-Produktion aber mehr als wettmachen.

Der tiefe Ölpreis lässt auch die Inflationserwartungen der Notenbanker sinken. Dadurch werden etwa weitere Leitzinsanhebungen der US-Notenbank Fed in diesem Jahr schwer durchzusetzen sein.

Aktien im Blick

Dialog Semiconductor hat den Bieterstreit um den US-Rivalen Atmel zu den Akten gelegt, woraufhin die Papiere in der Spitze prozentual zweistellig in die Höhe schossen. Die Sorge der Anleger war, dass Dialog zu viel Geld für den Konkurrenten hätte ausgeben müssen. Dialog selbst könnte nun zu einem Übernahmeziel werden, hieß es laut Händlern im Markt.

Intel hat mit seiner Prognose für das laufende Quartal enttäuscht, was heute auch die Aktien des Branchenkollegen Infineon belastet. Die Papiere verlieren aktuell 2,18 %.

Konjunktur

Das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland ist im dritten Quartal 2015 vor allem wegen der schwachen Entwicklung an den Aktienmärkten erstmals seit vier Jahren geschrumpft. Das Vermögen sank im Vergleich zum Vorquartal um 17 Milliarden Euro oder 0,3 Prozent auf 5.210 Milliarden Euro.

Im laufenden Jahr droht Russland laut Finanzminister Anton Siluanow eine Fortsetzung der Rezession mit einer weiteren Schrumpfung der Wirtschaftsleistung von 2,5 bis 2,7 Prozent.

EU-Kommissionspräsident Juncker hat vor den Folgen der Wiedereinführung nationaler Grenzkontrollen gewarnt. Ohne Reisefreiheit mache der Euro keinen Sinn, sagte Juncker laut Reuters.

Griechenlands Finanzminister will die Reformen beschleunigen und den Internationalen Währungsfonds wieder mit ins Boot holen. „Die Beteiligung des IWF ist verabredet“, sagte er dem Handelsblatt. Athen habe verstanden, dass die Teilnahme des IWF für viele Europäer unabdingbar sei.

Der Handelsbilanzsaldo in der Eurozone sinkt im November um 0,5 Mrd. auf 23,6 Mrd. Euro. Erwartet wurde ein Überschuss von 23,0 Mrd. Euro.

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am 16. Februar erneut über den Kauf von Staatsanleihen zur Euro-Rettung durch die Europäische Zentralbank (EZB).

Währungen

Der US-Dollar gibt gegenüber den anderen Hauptwährungen (mit Ausnahme des britischen Pfunds) nach, zeigt sich aber gegenüber den Rohstoffwährungen angesichts des weiter fallenden Ölpreises gut unterstützt. EUR/USD notierte bislang bei 1,0918 im Hoch. USD/JPY erreichte bislang zutiefst 117,19, während USD/CHF bei 1,0015 im Tief gehandelt wurde.

Das britische Pfund setzt hingegen seine Talfahrt fort und GBP/USD hat nach schwachen Konjunkturdaten bei 1,4335 ein frisches Fünfeinhalbjahrestief erreicht. AUD/USD fällt trotz starker Daten vom australischen Immobilienmarkt nach anfänglichen Gewinnen infolge der erneut deutlichen Ölpreisverluste zurück und markierte bei bislang 0,6868 ein frisches Sechseinhalbjahrestief.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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