Kommentar
14:52 Uhr, 19.02.2020

Das Internet der Gesundheit

Ich musste in den vergangenen Monaten wegen einer Operation und eines schweren Verkehrsunfalls in der Familie mehr Zeit im Krankenhaus und in der Auseinandersetzung mit unserem Gesundheitssystem verbringen als mir wahrlich lieb war.

Doch wie immer hat alles Schlechte auch sein Gutes. Ich habe wunderbare Menschen kennengelernt, die ihren medizinischen Beruf einst aus Liebe zum Menschen gewählt haben. Doch diese so wichtigen Leute stecken in den Zwängen eines völlig überforderten Gesundheitssystems, indem jedes Formular wichtiger zu sein scheint als der Mensch, um den es eigentlich gehen sollte.

Milliardengewinne für die großen Pharmakonzerne, aber kein Geld für eine zweite Nachtschwester. Chaotische Abläufe innerhalb einer Klinik und weitgehende Kommunikationsstille bei der Übergabe von einer Klinik in die nächste. Hätte ich es nicht selbst (erneut) erlebt, würde ich die vielen Berichte dieser Art für Zeugnisse aus den 50er Jahren halten, aber nicht für den Stand des Gesundheitswesens im Zeitalter von Internet und Datenverarbeitung.

Die chaotischen Zustände führen zu Frustrationen beim medizinischen Personal vom Pfleger bis zur Chefärztin während die Patientengesundheit direkt darunter leidet. Immer wieder hört man hinter vorgehaltener Hand „Wer hier liegt und keine Angehörigen hat, die sich um alles kümmern, Druck machen und darauf achten, dass alles Notwendige auch gemacht wird, ist verratzt“.

Dass es keine seltene Ausnahme ist, dass bei der Verlegung von nicht-ansprechbaren Patienten die persönlichen Dinge wie Kleidung, Brille und Gebiss zunächst vergessen, dann verloren gehen, ist eines der vielen Zeichen von organisatorischem Chaos.

Ein Armutszeugnis. Bei allen mir eigenen Bedenken in Bezug auf Datenmissbrauch muss ich erkennen, dass die Optimierungsmöglichkeiten zu Gunsten aller Betroffenen des Gesundheitssystems gigantisch sind. Elektronischer Datenabgleich zwischen allen Kliniken und Ärzten würde manche Doppeluntersuchung und falsche Medikamentengaben erübrigen.

Schreiben Sie doch bitte die Medikamente, die Ihr Vater nimmt, hier auf die Rückseite vom Speiseplan“ sind Sätze, die man im Buschkrankenhaus der Elfenbeinküste erwarten würde, aber erschreckend gefährlich in einer deutschen Klinik anmuten.

Ich kann inzwischen mein Amazon-Paket live auf dem Bildschirm verfolgen und sehen, in welcher Straße der Lieferdienst sich gerade mit welcher Geschwindigkeit meinem Postkasten nähert. Aber eine Unfallklinik kann mir nicht sagen, ob der Patient noch bei ihnen im Hause ist, schon in einer anderen Klinik angekommen ist, oder wo sich der Schwerverletzte überhaupt gerade befindet.

Bei all dem sei nochmals explizit darauf hingewiesen, dass nicht die Ärzte, Pfleger oder Verwaltungsangestellten das Problem sind. Die versuchen alles um nach Kräften in diesem systemischen Chaos zu bestehen. Aber es wird klar, welch dringender und immenser Handlungsbedarf hier besteht. Ein Milliardenmarkt, der im Sinne aller Beteiligter dringend in Angriff genommen werden muss.

Zum Glück geschieht dies auch. In Deutschland leider erfahrungsgemäß langsamer als in anderen Teilen der Welt, wo binnen zehn Tagen ein Krankenhaus gebaut wird, wenn es die Not erfordert, aber immerhin reift die Erkenntnis.

Dr. Wenzel hat sich mit seinem Team des Themas in der neuen Ausgabe von CK-Trends angenommen und es verwundert nicht, dass die großen Spieler dieses Trendthemas mal wieder aus Amerika kommen.

Hoffen wir, dass sich dieses Thema schneller durchsetzt als wir in die Verlegenheit kommen ausgiebige medizinische Betreuung in Anspruch nehmen zu müssen.

Denn wie sagt das Pfälzer Kabarett-Duo „Spitz und Stumpf“?...

Nie kronk…..isch nedd gsund!

Ihr

Dirk Müller

CK-Trends-Mit-Vollgas-und-Schiene-in-die-mobile-Zukunft-Kommentar-Dirk-Müller-GodmodeTrader.de-1

7 Kommentare

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  • JürgneDax
    JürgneDax

    mein Augenarzt hat noch einen Termin im Sommer 2023 frei.

    00:33 Uhr, 20.02.2020
  • wolp
    wolp

    Absolute Zustimmung.. Merci

    22:24 Uhr, 19.02.2020
  • Tinchen
    Tinchen

    Meine Frau schafft in der Pflege, da gehören Speiseplangeschichten noch zu den harmlosen Beispielen dieses kranken Landes ! Das können Sie mir glauben...

    20:56 Uhr, 19.02.2020
  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    Ich kann das, was in diesem Beitrag steht nur bestätigen. Ich habe so in den letzten zwei Jahren auch meine Erfahrungen sammeln dürfen. Wenn man sich nicht auf die Hinterfüsse stellt, gerät man schnell unter die Räder. Am besten man nimmt seinen Rechtsanwalt gleich mit, wenn Krankenhausaufenthalte notwendig sind. Bist du nicht privat versichert, hast du ohnehin schon verloren. Ich bin absolut der Meinung, dass wir ein schlechtes Preis-/Leistungsverhätnis im Gesundheitswesen haben. Wir haben eines der teuersten Systeme der Welt. Da könnte sich mal ein Gesundheitsminsiter hervortun, dass der Dienst am Menschen besser wird. Aber ich befürchte, unter einem demokratischem Staatswesen ist das gar nicht mehr möglich diese Krakke "Gesundheitssystem" zu reformieren und das kostenneutral. Wenn bei uns ein Politiker das Wort "Reform" in den Mund nimmt, heisst das in erster Linie, dass es schon mal teurer wird. Ob´s dann auch besser wird, ist dann gar nicht mal so sicher.

    20:24 Uhr, 19.02.2020
  • Tatütata
    Tatütata

    Compliance ist der neue Sachzwang. Da geht nix mehr. Komatöse können ja auch nicht die DSGVO zur Kenntnis nehmen..

    19:08 Uhr, 19.02.2020
  • Swiss Investor
    Swiss Investor

    Da bin ich vollkommen einverstanden, die Digitalisierung MUSS im Gesundheitswesen flächendeckend eingeführt werde mit einer Chipkarte. Darauf gehören ALLE Patientendateien, MRI CT Röntgen Blutwerte, Arztbesuche, Medikamente, etc. Damit könnten Doppelspurigkeiten vermieden werden.

    15:25 Uhr, 19.02.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Dirk Müller
Dirk Müller
Börsen-Experte und Sachbuchautor

Dirk Müller ist Finanzexperte, mehrfacher Spiegel-Bestseller Autor, Politikberater, Vortragsredner, Gründer des Finanzinformationsdienstleisters Finanzethos GmbH mit dem Markenkern „Cashkurs.com“– und gilt als „Dolmetscher zwischen den Finanzmärkten und den Menschen außerhalb der Börse“. Sein Weg an der Börse begann 1992, wo er als amtlich vereidigter Kursmakler tätig war. Heute zählt er zu den bekanntesten Börsenexperten Deutschlands, woher auch sein von den Medien vergebener Spitzname „Mr. DAX“ rührt. Er ist Senator der Wirtschaft Deutschland und berät in unterschiedlichen Gremien in nationalen und internationalen politischen Angelegenheiten.

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