Kommentar
19:18 Uhr, 17.01.2018

Das Ende von QE naht - aber das ist keine Katastrophe!

Die Ära des QE geht zu Ende. An Untergangspropheten, die damit auch das Ende des Aufschwungs vorhersagen, mangelt es nicht, doch wie viel Angst muss man vor dem Ende von QE wirklich haben?

An Geld mangelt es derzeit wirklich nicht. Noch im vergangenen Jahr pumpten Notenbanken rund um den Globus über 1,5 Billion Dollar in den Markt. Das klingt nach einer unglaublichen Summe, doch nüchtern betrachtet ist das eine ganz normale Größenordnung gewesen. 2016 wurden fast 2 Billionen frisches Geld gedruckt. 2008 war es noch ein bisschen mehr. Die Stabilisierung des Finanzsystems brauchte 2,3 Billionen (Grafik 1).

Seit 2010 fließt ein Großteil des frischen Geldes in Staatsanleihen. Ein kleinerer Teil fließt in Unternehmensanleihen oder wird Banken direkt zur Verfügung gestellt. Die EZB hat z.B. mehrere Mehrjahrestender für Banken durchgeführt, bei denen sie sich hunderte Milliarden leihen konnten. Es wurden allerdings bei weitem nicht die vollen Beträge in Anspruch genommen.

In diesem Jahr hält sich die Expansion und Reduktion der Bilanzen in etwa die Waage. In Japan und der Eurozone wird weiter gedruckt. Die US-Notenbank reduziert hingegen ihre Bilanzsumme. 2019 und 2020 dürfte, wenn überhaupt, nur noch in Japan Geld gedruckt werden. Das stimmt viele Beobachter äußerst düster. Wer soll denn all die Schulden aufkaufen und die Staaten finanzieren?

Viele haben Angst davor, dass sich Staaten plötzlich nicht mehr finanzieren können, wenn QE beendet wird. Die Staatsschulden vieler Länder sind eigentlich nicht tragbar. Fallen Notenbanken als Abnehmer aus, droht eine Neuauflage der Schuldenkrise – so zumindest die Logik.

Dabei wird gerne vergessen, was bis 2014 noch Normalität war. Bis 2014 stiegen die Staatsschulden auch nach Abzug von QE kräftig an (Grafik 2). Lediglich in den Jahren 2015 bis 2017 überstieg QE die Schuldenausgabe. Fällt QE weg, muss der freie Markt knapp 1 Billion an neuen Schulden pro Jahr aufnehmen, also so viel wie etwa im Jahr 2010 oder 2012 und lediglich die Hälfte dessen, was der Markt 2006 abnahm.

QE hilft natürlich dabei, die Zinsen niedrig zu halten. Doch selbst ohne QE und steigenden Leitzinsen in den USA kann man nicht gerade von einem explosiven Zinsanstieg sprechen. Das Ende von QE bedeutet nicht, dass gleich die nächste Krise losbricht. Staaten können ohne QE durchaus über die Runden kommen. Es ist so unglaublich viel Geld und Kapital vorhanden, dass man sich über die Finanzierung überhaupt keine Gedanken machen muss.

Die Gefahr ist nicht das Fehlen von QE, sondern vielmehr, dass der Markt zu langsam reagiert. Die Zinsen sollen ja wieder steigen, wenn auch langsam. In den USA kommen die Langfristzinsen jedoch kaum vom Fleck. Die Gefahr ist nun, dass es irgendwann zu einem plötzlichen Zinsanstieg kommt, wenn der Markt aufwacht. Ein abrupter Zinsanstieg wäre problematisch. Derzeit sieht es danach jedoch nicht aus.

Clemens Schmale

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9 Kommentare

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  • Solid2016
    Solid2016

    Guten Abend Herr Schmale,

    zur folgenden Grafik im Zusammenhang mit der Geldmenge M1 würde ich sehr gerne Ihre Meinung wissen:

    https://www.bundesbank.de/Navi...

    Wenn man den Verlauf auf dem oberen Diagramm zwischen 1995 - 2000 bis zum Platzen der Dot.com Blase betrachtet könnte man zu dem Schluss kommen, dass man die Entwicklung als Crashindikator verwenden könnte.

    Ein ähnliches Bild zeigt sich auch vor dem Crash 2008 und vor der etwas weniger heftig ausfallenden Korrektur in 2011.

    Allerdings ist mir nicht ganz klar welche Größe auf der Y-Achse abgebildet wird. Trotzdem scheint mir der Zusammfnhang sehr deutlich.

    Wenn Sie etwas dazu schreiben könnten wäre ich Ihnen sehr dankbar. Wenn jemand anderes etwas konstruktives dazu sagen kann freue ich mich natürlich auch.

    Freundliche Grüße

    19:14 Uhr, 18.01. 2018
  • new-agens
    new-agens

    Eine wichtige Frage, die Sie da stellen, Herr Schmale. Mutmaßlich die wichtigste aktuell. Damit aber alles glatt läuft, muss es glatt laufen. Das ist die Krux. Was Sie schildern, ist das Optimalszenario.

    Wobei ich einschränkend hinzufügen muss: Was heißt hier Optimalszenario? Schon die Staat-Notenbank-Connection - faktisch leihen sich die Staaten ja teils seit Dekaden selbst Geld, würd ich auch mal gern so handhaben - ist ein kaum glaublicher Akt der Improvisation. Dass Staaten künftig marktfinanziert dauerhaft über ihre Verhältnisse leben können? Und das bei einem Schuldenstand, der mit der Situation vor 2008 keinesfalls vergleichbar weil viel höher ist? Ich zweifle.

    Gestolpert bin ich über zwei Sätze:

    1. "Staaten können ohne QE durchaus über die Runden kommen." Ja klar, aber zeitlich definitiv begrenzt. Zunächst vielleicht noch über Ausgabe Staatsanleihen, dann aber vor allem, indem sie die Bürgerschaft enteignen, über die Währung, über Steuern, Einmalabgaben was auch immer. Wenn das nicht funktioniert, gibt es durchaus bekannte, drastischere Mittel, mit Schulden umzugehen. Staatsbudgets werden ganz sicher nicht gekürzt. Die Rückkopplung oder Loslösung Staat zu Bürger (oder andersrum - dann: Aua!) kommt auf jeden Fall - das riecht derart nach Ärger, dass entweder die alternative Währungsszene noch ganz andere Ausmaße annimmt oder die Leute beizeiten zu Hardcore-Gold- und Silver-Bugs werden (Gibt´s die überhaupt noch? Ich glaube kaum, oder? Eigentlich ja ein guter Kontraindikator).

    2. "Es ist so unglaublich viel Geld und Kapital vorhanden, dass man sich über die Finanzierung überhaupt keine Gedanken machen muss." Auch das gilt allenfalls auf Zeit: Ein ´falsches´ politisches Ereignis, ein Aktien-Crash, irgendeine Bankenschieflage, erste deflatorische Anzeichen und dann möchte ich sehen, wer (außer wieder einspringenden Notenbanken) noch italienische Staatsanleihen, 100-jährige argentinische oder solchen Schrott für eine Witzrendite kauft. Dann wird erstmal gebunkert, dann geht Sicherheit und Liquidität vor Rendite. Nicht steigende, sondern explodierende Zinsen (der Markt macht das schon) beträfen selbstverständlich auch deutsche Staatspapiere.

    16:39 Uhr, 18.01. 2018
    1 Antwort anzeigen
  • Hoeli
    Hoeli

    Damals als QE noch in vollem Gange war, stiegen die Märkte aufgrund QE (lt. Medien). Heute ohne QE in den USA steigen die Märkte noch dynamischer. Eines von vielen Beispielen.

    Ergo: vollkommen wurscht was Notenbank-Hinz oder Währung-Kunz oder Land oder Politik....usw. tut. Die Teilnehmer, die den Markt bewegen können, wollen im Moment, dass er steigt. Wenn sie das nicht mehr wollen, dann fällt er.

    Jedem, der schon etwas länger an der Börse ist, dürfte mittlerweile aufgefallen sein, dass in den Marktanalysen und Berichterstattungen Ereignis A mal für steigende und dann wieder für fallende Kurse herhalten muss.

    Der Markttechnik räume ich ja noch eine kleine Daseinsberechtigung ein. Aber wirtschaftliche Daten und Ereignisse - in der heutigen Zeit vollkommen wurscht!

    21:24 Uhr, 17.01. 2018
    1 Antwort anzeigen
  • einfach
    einfach

    die fed wird schneller wieder anfangen ein neues qe x zu starten als viele im moment glauben, bei der gigantischen jährlichen neuverschuldungsorgie hält die qe zurückhaltung nicht allzu lange an.

    bei der ezb werden selbst wenn das offizielle qe ausläuft jährlich noch über 200 mrd€ von auslaufenden anleihen wieder reinvestiert werden, was ungefähr der neuverschuldung des euro raums entspricht.

    bei entsprechend niedrig bleibenden anleiherenditen, wird bei ständiger reinvestition und durch den niedrigeren anleihezinssatz nach kurzer zeit sogar wieder mehr reinvest kapital vorhanden sein als dass neue anleihen begeben werden.

    das gleiche scenario, nur in etwas höherem bereich ist enbenfalls bei der boj vohanden.

    also keine panik die anleihezinsen bleiben niedrig. ;))

    20:32 Uhr, 17.01. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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