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06:44 Uhr, 22.08.2016

Das Ende des Wirtschaftswachstums?

Das Wirtschaftswachstum siecht dahin. Schuld ist ein Überangebot an allem: Liquidität, Arbeit, Produktionskapazität, Rohstoffen, Schulden. Ist das die Grenze des Wachstums?

Es gibt von allem zu viel!

Es ist schon paradox. Bisher dachte man immer, dass die Grenze des Wachstums durch eine Knappheit an Ressourcen erreicht wird. Genau das Gegenteil ist derzeit der Fall. Es gibt zu viel, zu viel von allem. Anstatt eines Wirtschaftsbooms gibt es nun aber Stagnation. Das passt so gar nicht zusammen.

Viele Jahrzehnte wurde immer wieder vor einem Ende des Wirtschaftswachstums gewarnt. Nun ist es soweit, allerdings aus ganz anderen Gründen als man dachte. Die überwiegende Mehrheit ging davon aus, dass Ressourcenknappheit zu einem Ende des Wachstums führen würde. Die Logik gebietet eine solche Schlussfolgerung geradezu.

Wachstum braucht Treibstoff, im wahrsten Sinne des Wortes. Allen war und ist jedoch klar, dass Rohstoffe wie Öl nicht ewig halten werden. Das Öl wird irgendwann ausgehen. Es ist jedoch nicht nur Öl, welches für Wachstum wichtig ist, sondern so ziemlich jeder Rohstoff, den man in der Erde finden kann, sei es Gas, Kupfer, Zink oder Blei.

Zusammenhang zwischen Wachstum und Rohstoffen

Es gibt dabei einen klaren Zusammenhang zwischen Rohstoffverbrauch und Wirtschaftswachstum. Um ein Prozent Wirtschaftswachstum zu erzeugen, steigt der Rohstoffverbrauch z.B. um ein halbes Prozent. Dieser Zusammenhang gilt für alle Länder, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Je höher das Pro-Kopf-Einkommen eines Landes ist, desto mehr Rohstoffe werden für Wachstum benötigt. Man muss kein Mathematiker sein, um festzustellen, dass diese Rechnung auf Dauer nicht aufgehen kann.

Seit den ersten Überlegungen in diese Richtung hat sich viel getan. In der westlichen Welt zeigt sich, dass Wachstum auch ohne eine hohe Steigerung des Rohstoffverbrauchs möglich ist. In vielen westlichen Ländern sinkt etwa der Ölverbrauch. Die Wirtschaft kann dennoch wachsen. Das verhindert natürlich nicht, dass die Rohstoffe irgendwann ausgehen. Es verschiebt das Problem zeitlich lediglich um mehrere Jahre.

Derzeit ist Rohstoffknappheit überhaupt kein Thema. Vielmehr leidet die Welt an einer Überversorgung. Das Überangebot besteht nicht nur auf dem Energiemarkt, sondern auch bei Industriemetallen und Agrarrohstoffen. Gerade erst wurde der erwartete Ernteertrag für Weizen und Mais in den USA nach oben revidiert.

Überangebot an allen wichtigen Märkten

Das Überangebot gibt es nicht nur bei Rohstoffen, sondern auch auf dem Finanzmarkt. Auf der einen Seite wachsen die Schulden, auf der anderen Seite gibt es horrende Summen an Ersparnissen, die angelegt werden wollen (sog. Savings Glut). Dazu kommt noch eine relativ hohe Arbeitslosigkeit in vielen europäischen, aber auch einigen Schwellenländern. Es besteht ein Überangebot an Arbeitskraft. Kurz gesagt, die Welt ertrinkt im Überangebot von allem.

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Wenn ein Überangebot besteht, dann müssen Preise zwangsläufig sinken. Anders lässt sich das Überangebot nicht abschöpfen. Notenbanken stemmen sich dagegen und versuchen Preissteigerungen, also Inflation, zu erzwingen. Das ist kontraproduktiv, denn wenn die Preise steigen, kaufen Konsumenten erst recht nicht mehr, wenn die Einkommen stagnieren.

Kapazitäten sind zu hoch

Preissteigerungen helfen auf der Investitionsseite. Unternehmen investieren nicht, wenn sie fallende Preise erwarten. Unter einem Regime fallender Preise ist es sehr schwierig, eine adäquate Rendite auf Investitionen zu erwirtschaften. Würde es den Notenbanken gelingen Inflation zu erzeugen, dann könnte zwar mehr investiert werden, doch das löst das Problem nicht. Investitionen bedeuten letztlich mehr Produktionskapazität. Genau diese Kapazitäten sind aber bereits zu hoch. Ein Ausbau der Kapazitäten ist kontraproduktiv.

Einen Ausweg aus der aktuellen Sackgasse gibt es nur, wenn die Einkommen steigen und die Nachfrageseite das Überangebot abschöpfen kann. Das braucht viel Zeit. Seit 2011 wird daran gearbeitet und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Vermutlich wird es weitere 5 bis 10 Jahre dauern, bis sich die Lage wieder normalisiert.

Die Normalisierung wird kommen

Immerhin: eine Normalisierung wird es geben. Alles andere wäre historisch einmalig. Grafik 1 zeigt das US-Wirtschaftswachstum seit 1800. Das Wachstum ist naturgemäß volatil. Es wechselten sich jedoch immer wieder Phasen von hohem und von geringem Wachstum ab. Das ist keine Erfindung der letzten Jahre.

Es ist verwegen zu glauben, dass sich die Geschichte nicht wiederholen wird. Natürlich klingt es sehr viel beeindruckender, wenn man das Ende des Wachstums ausruft und in der aktuellen Lage generell das Ende von allem sieht (Wachstum, Geldsystem, politisches System usw.). Soweit wird es jedoch nicht kommen, zumindest nicht in den nächsten Jahren.
Die letzte Phase langsamen Wachstums, besonders niedriger Zinsen und niedriger Rohstoffpreise zusammen (Grafik 2) gab es nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Es dauerte damals mehr als ein Jahrzehnt bis sich die Lage wieder normalisiert hatte. Auch damals hätte man aus gutem Grund behaupten können, dass alles ein Ende findet, schließlich hatte man eine solche Ausgangslage lange nicht gesehen.

Rückblickend kann man sagen, dass es auch ohne Zusammenbruch zu einer Normalisierung kam. Persönlich kann ich mir einen ähnlichen Verlauf auch in der aktuellen Phase vorstellen.

Clemens Schmale

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  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    Gute 50%-60% des Bruttosozialprodukts werden nicht mehr duch die Bevölkerung verwaltet sondern durch den Staat für einzelne Grossprojekte. Spardiktate, zu hohe Steuern und Abgaben, weit unten ansetzende Einkommmenssteuerprogression, gestiegene Mwst.-Sätze, keine Zinseinkünfte auf Spareinlagen zwingen zu Einsparungen beim Konsum. Diejenigen die einen Konsumkredit benötigen, bekommen ihn nicht, wer es sich leisten könnte, ist zu höherem Sparen und Konsumverzicht verpflichtet (Rentenlücke/ Rentenarmut).

    Grossteile der Nettoeinkommen die früher noch für Konsum verwendet werden konnten, sind heutzutage für die gestiegenen laufenden Kosten notwendig: Strom/Benzin/Wasser/ Telefon/ Reparaturen, Lebensmittel, Mieten, Transport usw.). Die Umverteilung erlaubt gerade ein nacktes Überleben aber null extras.

    3 zentrale Themen finden m.E. in Europa keinerlei Betrachtung: a.) die Preisniveaus für Lebenshaltungskosten: alles kostet üerall 1 Euro, nicht nur in Deutschland. Die Zeiten in denen in Griechenland oder Portugal ein Kaffee oder ein Brot 7 cent kostete, sind lange vorbei. Der griechische Bauer verkauft seine Kartoffeln nicht mehr günstig im Inland, er exportiert sie. Die Gehaltsniveaus haben bei der schnellen Preisexplosion über 10-15 Jahre lange nicht mitgehalten.

    b.) die Besteuerung und der "Gegenwert" in Sozialleistungen, Infrastruktur, Gesundheitswesen und sozialer Sicherheit den man für die gezahlten Beiträge/Steuern/Abgaben im jeweiligen Land bekommt. Hier gib es ein gewaltiges (und ungerechtes) Gefälle zwischen Zentrum und Peripherie. Preisniveaus und Steuerniveaus haben sich angeglichen, nicht das was man dafür bekommt.

    c.) es wird keine Korrelation zwischen den in allen EU-Ländern langfristig und mehrfach erhöhten Mwst.-sätzen seit ca Anfang 2.001 und den im gleichen Rhythmus sinkenden/ fehlenden Wirtschaftswachstum gesehen. Dieser Effekt ist kumulativ zu den o.g.

    Im internationalen Vergleich bekommt man in den USA für 1 USD ca. 20%-30% mehr Benzin, mehr Strom, mehr Luxusgüter als in Europa - oder die Packungen sind grösser. Die 20%ige Abwertung des Euros hilft dabei diesen Umstand zu verschleiern.

    Der Einzelne würde gerne mehr konsumieren, er kann bloss nicht. Mehr arbeiten um mehr zu verdienen "lohnt" sich bei Otto Normalverbraucher auch nicht weil die Einkommenssteuer-progression und Abgaben den überwiegenden Teil des Mehreinkommens verzehren.

    00:29 Uhr, 23.08. 2016
  • Chronos
    Chronos

    "Es gibt von allem zu viel!"

    Unsinn. Meine Oma meinte schon, es gibt vor allem zu viele Menschen.

    Und wirtschaftlich gibt es vor allem zu viele Schulden.

    Kann ja mal jemand versuchen auf seine schuldenfreie Immo´s neuen Kredit aufzunehmen,

    er wird sich aufgrund der Konditionen schütteln.

    Bleibt nur die Bank aus dem Grundbuch austragen und Wandlung im Kataster vom Besitzer zum Eigentümer.

    17:23 Uhr, 22.08. 2016
  • Garten
    Garten

    Die Verschuldung ist ja nicht so dass Problem, weil sie relativ zum BIP über die letzen Jahrzehnte gar nicht so angestiegen ist.

    Ich sehe das Problem darin, dass die Reichen auf ihrem Geld sitzen und es nicht für Konsum ausgeben können (hier hohe Sparquote) aber es auch aus kurzsichtiger Gier über Steuern nicht in Umlauf bringen wollen. Die Steuersätze sanken in den letzten Jahrzehnten und es gab/gibt die Vergesellschaftung von Verlusten (Bankenkrise) und neuerdings sogar Aktienkäufe über die Zentralbanken die wem hauptsächlich nuzten? Den Reichen die ihr Einkommen wegen des unglaublichen Umfangs der sich angehäuft hat gar nicht ausgeben können es sei denn durch beschämende Dekadenz.

    12:47 Uhr, 22.08. 2016
  • Garten
    Garten

    "Einen Ausweg aus der aktuellen Sackgasse gibt es nur, wenn die Einkommen steigen unddie Nachfrageseite das Überangebot abschöpfen kann"

    - ganz genau :)

    Helikoptergeld, Fiskalpolitik oder Umverteilung zu denen die das Geld auch verkonsumieren oder wenn man eine ganz starke Wirkung haben will alles drei zusammen ;)

    12:20 Uhr, 22.08. 2016
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Dax ist wieder Draghi at work. Fraglich ist wie lange das noch gut geht.Es gibt keinerlei Begruendunv, noch Aussichten, die diese Anstiege rechtfertigen. Somit: Alles Fassade.

    10:04 Uhr, 22.08. 2016
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Man könnte ja auch einmal die Geschichtsbücher bemühen. Grafik 1 ist in diesem Zusammenhang nämlich in der Tat aufschlussreich:

    So niedrig wie zuletzt war der gleitende Zehn-Jahres-Durchschnitt der Wachstumskurve während der vergangenen 216 Jahren genau zweimal: Vor dem Ersten Weltkrieg um 1912 und unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg während der Depression der 1930er Jahre.

    Das ist natürlich kein Zufall und sollte sich die Geschichte tatsächlich wiederholen, wie im Artikel festgestellt wird, dann sind das nicht unbedingt die rosigsten Aussichten.

    Denn auch an anderer Stelle deutet vieles darauf hin, dass das System dringend einen ganz großen Krieg "braucht". Schließlich erzeugt so etwas einen gigantischen "Nachfrageschub": Vorher, währenddessen und ganz besonders hinterher...

    09:41 Uhr, 22.08. 2016
    2 Antworten anzeigen
  • Unbedingt
    Unbedingt

    In Deutschland ist es so, dass der Öffentliche Dienst mit Hilfe der Streikmacht seiner Gewerkschaft den Großteil des erwirtschaften Wachstums für sich abschöpft. Das ist auch deshalb so klar zu sehen, weil die Neuverschuldung gegen Null geht, sonst würde das durch die zunehmende Verschuldung etwas verschleiert. Es ware mal interessant zu erfahren, ob das in den USA und anderen Teilen der Welt ähnlich ist. Früher hat man gesagt: Wer an der Quelle sitzt...

    09:39 Uhr, 22.08. 2016
  • Brigand
    Brigand

    "Von Wohnraum gibt es zu wenig. Und Handwerker haben teils Wartezeiten von zwei Monaten." - Ja, richtig, nur wie lange noch?

    Problem ist das sich die meisten Leute Handwerker Leistugen gar nicht mehr leisten können. In meinem Freundes- und Familienkreis sind alle bis zu den Kinnlatten für ihre Imobilien verschuldet. Teilweise absoluter Wahnsinn...

    09:33 Uhr, 22.08. 2016
  • shark
    shark

    Fällt mir gerade ein,die Dax-Konzerne,haben insgesamt bisher 54 Flüchtlinge eingestellt,behaupten allerdings nach wie vor ,die Integration etc sei kein Problem !,

    So ist das bei uns inzwischen und Wohnraum ist knapp,weil wir eine unkontrollierte Zuwanderung erleben,vornehmlich in unsere Sozialsysteme !

    09:03 Uhr, 22.08. 2016
  • P_44
    P_44

    Von Wohnraum gibt es zu wenig. Und Handwerker haben teils Wartezeiten von zwei Monaten.

    08:51 Uhr, 22.08. 2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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