Kommentar
10:34 Uhr, 15.10.2024

Das Ende der Verlustverrechnungsbeschränkung sollte eine Lehre sein

5 Jahre vergeudete Kapazitäten, vermeidbarer Aufwand, sinnloser Ärger: Die Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften wird aufgehoben.

Seit 2020 schrieb und kämpfte stock3 gegen eine der unsinnigsten steuerlichen Regelungen, die es überhaupt jemals gab.

Jedem Beobachter mit einigermaßen gesundem Menschenverstand, Sinn für Logik und Gerechtigkeit war klar, dass dieses Gesetz vor Gericht scheitern musste. Zu hanebüchen die Folgen, Steuern zahlen sogar auf Verluste? Das konnte keinen Bestand haben.

Die Einsicht war in der Politik in Teilen schon immer vorhanden, aber in Koalitionen regiert der Kompromiss. Eine steuerliche Änderung wie diese wird wie viele andere auch verpackt in ein großes Gesetzespaket mit allerlei Inhalten, über das Bundestag und Bundesrat nur im Paket abstimmen können. Und so schluckten eben diejenigen Abgeordneten, die überhaupt davon wussten, gezwungenermaßen den Inhalt. Viele andere haben wahrscheinlich Ende 2019 gar nicht das gesamte Paket gekannt, das zur Abstimmung stand.

Das "Hirn" hinter den Regelungen, die nun wieder abgeschafft werden: Lothar Binding, damals Obmann der SPD im Finanzausschuss. Er ist inzwischen nicht mehr Abgeordneter. Das ist also sein Vermächtnis. Gratuliere! Vielleicht war es persönlicher Geltungswahn, die genauen Hintergründe kenne ich nicht.

Die Folgen aber kennen wir alle nur zu gut. Wie viele Steuerberater wurden teuer konsultiert, wie viele Stunden und Tage haben Betroffene im weitesten Sinne (Bürger, Unternehmen, Juristen, Gerichte) damit verschwendet, sich damit zu beschäftigen ? Broker haben extra Modelle kreiert, um die unfairen Regeln zu umschiffen, ich erinnere z.B. an die Dynamic Portfolio Swaps von CMC Markets.

Die jetzt erfolgte Entscheidung zur Abschaffung hat der Bundesfinanzhof forciert. Nach dem gnadenlosen Verriss der Regelungen durch die Richter im Juni (ich hatte an dieser Stelle berichtet) war wohl auch der SPD-Fraktion klar, dass man besser weiteren peinlichen Watschn der Judikative entgehen und selber aktiv werden sollte. Die FDP hat dann dem Vernehmen nach schließlich alles in die Wege geleitet, ein Danke dafür!

Es wäre so schön, wenn das den Entscheidern eine Lehre sein könnte: Falls schon vorher völlig absehbar ist, dass Gerichte ein Gesetz wieder kassieren, dann lasst es doch einfach sein. Und das war hier ganz klar der Fall, zu deutlich waren die Webfehler und der brutale Verstoß gegen die Verfassung.

Und hier noch eine Aufforderung: Es gibt noch zwei Regelungen, die ebenfalls abgeschafft werden sollten.

  • Die Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Totalverlusten (20 TSD EUR p.a.).

  • Die Regelung, dass Verluste aus Aktiengeschäften nur mit Gewinnen aus Aktiengeschäften verrechnet werden dürfen. Der Bundesfinanzhof hat hier große Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit, das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden ( wenn es denn mal Zeit hat).

Ich denke, unsere Gerichte haben mehr als genug zu tun. Man sollte sie nicht mit Themen belasten, die die Politik auch selber geradebiegen kann. Ein erster Schritt wird ja jetzt getan.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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