Dank BRRD erfolgreich gegen den Systemkollaps
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Zürich (GodmodeTrader.de) - Die EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Finanzinstituten (Bank Recovery and Resolution Directive - BRRD) hat zum Ziel, den Ausdruck „Too big to fail“ ein für alle Mal aus den Finanzgeschichtsbüchern zu verbannen. Zwar war die staatliche Unterstützung der Banken während der globalen Finanzkrise nötig, um eine systemweite Ansteckungswelle im Finanzsektor, einen vollständigen Kollaps an den Kapitalmärkten und eine wirtschaftliche Depression zu verhindern. Dass Steuergelder auf Kosten ganzheitlicherer öffentlicher Projekte für die Rettung des Privatsektors eingesetzt werden, ist allerdings nicht tragbar, findet Gregoire Mivelaz, Co-Manager des GAM Star Credit Opportunities Fonds.
Der BRRD-Mechanismus soll dem nun entgegen wirken: „Der Mechanismus definiert die ‚Abwicklung‘ als angezeigt, wenn die Aufsichtsbehörden festlegen, dass eine Bank wahrscheinlich ausfallen wird oder bereits ausfällt“, schreibt der Experte in einem aktuellen Marktkommentar. „Sobald klar ist, dass das Institut nicht mehr auf herkömmliche Weise, etwa mittels Kapitalerhöhung oder anderer Formen der Kapitalaufnahme, auf eine wirtschaftlich tragfähige Grundlage gestellt oder die finanzielle Stabilität wiederhergestellt werden kann, greift eine Abwicklungsbehörde ein, um sicherzustellen, dass die Ordnung aufrechterhalten bleibt.“
Bereits Anfang Juni diesen Jahres seien die Marktteilnehmer Zeuge eines Beispiels hierfür geworden: Die europäischen Behörden hätten mithilfe des neuen BRRD-Mechanismus eingegriffen, um den Verkauf der gescheiterten spanischen Banco Popular an den Konkurrenten Santander zum symbolischen Preis von einem Euro zu arrangieren. „Wir begrüßen das schnelle und effiziente Einschreiten der Behörden. Offenbar macht das neue System das Finanzsystem stabiler und dämmt die Ansteckungsgefahr sowie das systemische Risiko ein“, so Mivelaz.
Banco Popular leide seit geraumer Zeit unter einer schlechten Aktivaqualität und unzureichenden Rückstellungen für notleidende Kredite. Diese hätten sich brutto auf fast ein Viertel der Bilanzsumme der Bank belaufen. Dem spanischen Kreditinstitut sei es darüber hinaus nachweislich längere Zeit nicht gelungen, organisches regulatorisches Kapital zu generieren. Angesichts der Höhe des potenziellen Kapitaldefizits seien Anleger und sogar Depotinhaber langsam nervös geworden und hätten einen Bankenansturm augelöst. „Der springende Punkt ist, dass Liquiditätsprobleme und nicht ein Solvabilitätsproblem dazu führten, dass Banco Popular zu einem ‚ausfallenden oder wahrscheinlich ausfallenden Institut‘ erklärt und der BRRD-Mechanismus ausgelöst wurde“, erklärt Mivelaz.
Das SRB (Single Resolution Board) habe die erste Maßnahme zur Abwicklung zügig durchsetzen und so die Zunahme negativer Stimmung vermeiden können. Gemäß den Bestimmungen seien Aktionäre und Inhaber nachrangiger Anleihen an der Rettung beteiligt worden (‚Bail-in‘), während die Inhaber von Einlagen und vorrangigen unbesicherten Anleihen ausgeklammert worden seien. „Die Bank hat keine nicht-bevorzugte Senior-Tranche begeben, da diese bei der Abwicklung auch zum Teil am Bail-in beteiligt worden wäre“, bemerkt Mivelaz. Das SRB habe über Nacht eine Restrukturierung von Banco Popular auf die Beine gestellt, die heute unter dem Schutzmantel von Santander in einer deutlich gefestigteren Position sei.
„Wir für unseren Teil waren etwas überrascht, dass Tier-2-Papiere in Banco Popular-Aktien umgewandelt wurden, die Santander für einen Euro übernahm. Denn dies bedeutete, dass die Tier-2-Wertpapiere de facto wertlos wurden. Der Spread-Unterschied zwischen den zum zusätzlichen Kernkapital gehörenden Contingent Convertibles (Cocos) und den Tier-2-Wertpapieren von derzeit rund 300 Basispunkten zeigt, dass die Anleger nach Berücksichtigung des Couponrisikos nach wie vor einen höheren Restwert für Tier-2-Wertpapiere bei einer Abwicklung eskomptieren, als wir vor Kurzem erlebt haben. Bei Banco Popular war zu sehen, wie ein Liquiditätsproblem zum Auslösen des BRRD-Mechanismus führte. Mit anderen Worten: Die Anleger müssen die Unterscheidung zwischen der Fortführung des Geschäftsbetriebs (‚Going concern‘) und dem Insolvenzfall (‚Gone concern‘) neu beurteilen und dabei einen angemessenen Spread-Unterschied zwischen Kernkapital-Cocos und Tier-2-Wertpapieren bestimmen. Dies sind Gründe, die für eine optimistische Haltung gegenüber Kernkapital - und einen vorsichtigeren Ansatz in Bezug auf Tier-2-Wertpapiere sprechen“, so Mivelaz.
„Wir sind davon überzeugt, dass die Umsetzung der BRRD im Falle von Banco Popular im weitestmöglichen Sinne positiv ist, obwohl der Impuls für die Restrukturierung durch ein Problem der Bank ausgelöst wurde“, so der Experte. Wäre man vor zehn Jahren Zeuge eines ähnlichen Szenarios geworden, hätte man mit größeren Turbulenzen rechnen müssen, ist Mivelaz überzeugt: „Vermutlich hätten wir eine Ansteckungswelle im ganzen spanischen Bankensektor erlebt, die potenziell in eine Systemkrise gemündet wäre. Der Einsatz und das Engagement der Regulierer sowie der Druck, den sie mit Blick auf den Kapitalaufbau und den Schuldenabbau auf den Finanzsektor ausgeübt haben, scheint sich auszuzahlen. Das Scheitern von Banco Popular kann daher durchaus als ein durch und durch unternehmensspezifisches Ereignis angesehen werden. Dies verheißt Gutes für Anleger, die versuchen, fundamentale Verzerrungen von Wertpapierkursen auszunutzen.“
Der BRRD-Mechanismus verhindere, dass unternehmensspezifische Ereignisse auf den breiteren Finanzsektor übergreifen. Diese Maßnahmen zur Vermeidung einer Ansteckung dürften maßgeblich dazu beitragen, einen Systemkollaps wie jenen zu verhindern, der die Märkte während der globalen Finanzkrise von 2008 erschüttert habe. „Dies unterstreicht auch unsere Beobachtung, dass sich mit den Anleihen von Finanzinstituten sehr attraktive Renditen erzielen lassen. Das Scheitern von Banco Popular verdeutlicht indes, wie wichtig eine bottom-up-orientierte Emittentenauswahl mit Augenmaß und die Wahl des angemessensten Risiko-Rendite-Verhältnisses auf Wertpapierebene sind“, schließt Mivelaz.
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