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22:20 Uhr, 29.01.2020

Corona: Chinas Wirtschaft im Lackmustest

Der politischen Führung in Peking wird nicht anderes übrig bleiben, als seine Fiskal- und Geldpolitik noch weiter zu lockern, um die Wirtschaft zu stützen. Denn dass diese im ersten Quartal einen Schaden davon tragen wird, ist sicher. Die Frage ist nur, wie schnell die Erholung gelingt. Hier ist Peking gefordert.

Peking (Godmode-Trader.de) - Es ist nur eine Meldung am Rande, aber eine mit Signalwirkung, die es in sich hat: Der japanische Autobauer Toyota stoppt in China seine Produktion wegen der Ausbreitung des Coronavirus. Auch andere Firmen denken darüber nach, ihre Produktion in der Volksrepublik vorübergehend zu schließen und über Alternativen in der Beschaffung nachzudenken, wie etwa Apple. Der Konzern hat auch einen Apple Store in China geschlossen und Reisen von Mitarbeitern in das Land reduziert. Auch einige chinesische Einzelhandels-Partner hätten Geschäfte geschlossen oder die Öffnungszeiten verkürzt und in die Läden kämen weniger Käufer, sagte Apple-Chef Tim Cook in einer Telefonkonferenz am Dienstag.

Jenseits der menschlichen Tragödien - in der Volksrepublik hat sich innerhalb eines Tages die Zahl der Infizierten um 1.459 auf rund 6.000 Fälle erhöht, zudem starben weitere 26 Menschen in der Volksrepublik an dem Virus - könnte der Schaden für die chinesische Volkswirtschaft, die immer noch an den Folgen des Handelskriegs mit den USA knabbert, immens werden. Je nachdem, wie schnell die noch immer ungehemmte Ausbreitung der Epidemie eingedämmt werden kann.

Ist die Epidemie innerhalb von drei Monaten unter Kontrolle, könne das 0,8 Prozent der Wirtschaftsleistung kosten, zitierte die „Welt“ Mo Ji, Chefvolkswirtin für China bei der Investmentgesellschaft Alliance Bernstein. Dauere es neun Monate, würden das BIP sogar um 1,9 Prozent einbrechen. Derzeit rechnet Mo mit Kosten von einem Prozentpunkt.

Das würde rund 140 Milliarden Dollar Kosten entsprechen. Das ist rund das Achtfache des wirtschaftlichen Schadens, der von SARS angerichtet wurde. 2003 brach das Wachstum der chinesischen Wirtschaft wegen der Epidemie um zwei Prozent ein. Die Kosten für die Wirtschaft wurden damals auf etwa 17 Milliarden Dollar taxiert. Die Auswirkungen der aktuellen Lungenkrankheit könnte die Folgen der SARS-Pandemie im Jahr 2003 übertreffen, warnte Ökonom Lu Ting von der japanischen Investmentbank Nomura am Mittwoch. Im ersten Quartal sei ein "spürbarer Rückgang" des Wachstumstempos der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt von zuletzt sechs Prozent im vierten Quartal 2019 möglich.

Weitere Experten zeigten sich ebenfalls besorgt. Chefstratege John Vail vom Vermögenswerwalter Nikko Asset Management verwies auf die Bedeutung Chinas für die internationalen Lieferketten. Wegen der starken Nachfrage der Chinesen nach Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland dürften auch andere Länder zumindest vorübergehend im Mitleidenschaft geraten.

Auch dieses Mal dürfen der Konsum, die Logistikbranche und der Tourismus am meisten leiden. Letzterer steht heute immerhin für fünf Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung, der Konsum für 60 Prozent. Allerdings hat sich in diesem Sektor einiges verschoben. Der Online-Handel ist heute wesentlich wichtiger, deshalb könnte sich hier der wirtschaftliche Schaden noch in Grenzen halten.

Der politischen Führung in Peking wird nicht anderes übrig bleiben, als seine Fiskal- und Geldpolitik noch weiter zu lockern, um die Wirtschaft zu stützen. Denn dass die Wirtschaft nach diesem Horror im ersten Quartal einen Schaden davon tragen wird, ist sicher. Die Frage ist nur, wie schnell die Erholung gelingt. Hier ist Peking gefordert.

1 Kommentar

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  • Tomthecat
    Tomthecat

    ach ja, und die wirtschaftlichen Schäden bei normaler Influenzagrippe die jedes Jahr Tausende Todesopfer und Hunderttausende Erkrankte mit sich bringt sind faktisch 0 oder wie ist das? Alles lächerlich!! Es musste mal wieder ein Thema her das die Kurse drückt, bewegt oder was auch immer, das ist alles. Und jetzt springt die Welt auf diesen Schwachsinn an. Witzig auch, das gerade einen Tag nachdem das Patent auf den Impfstoff für das Coronavirus in den USA auslief das Virus plötzlich solche Bekanntheit erlangte. Wer da eins und eins zusammenzählt weiß was sich spielt...

    08:17 Uhr, 30.01. 2020

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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